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Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim

Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim

Titel: Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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die Leute per Luftbus zu allen bedeutenden historischen Stätten der Gegend verfrachtet.
    Doch der Aufenthalt in der Wartestation konnte lang sein. Ich befand mich schon fast eine Stunde dort, als unsere Gruppe von etwa zwanzig Leuten die letzte Strecke über ein Feld festgetretenen Schnees zu ihrem Transportmittel geführt wurde.
    Sim hatte in einem zweistöckigen Bauernhaus gelebt, das auf zwei Seiten von einer Veranda umgeben war. Unser Bus kreiste darüber, während wir die verschiedenen interessanten Gedenkstätten begutachteten: der kleine Friedhof hinter dem Haus, auf dem Maurina begraben lag; Sims Gleiter, nun auf ewig unter einem Gantnerschild nördlich vom Haus konserviert; die Bickford-Taverne, sichtbar am Fuß des östlichen Hangs, wo nach dem Ausbruch der Kämpfe die ersten strategischen Treffen stattgefunden hatten.
    Wir blieben in der Luft, bis alle Insassen des vorherigen Luftbusses ausgestiegen waren, und senkten uns dann auf die uns zugewiesene Stelle des Landefeldes. Der Führer informierte uns, daß wir zehn Minuten Aufenthalt im Haus hätten, und öffnete die Türen.
    Wir strömten hinaus, und trotz der niedrigen Temperatur blieben die meisten auf dem Weg zum Haus stehen, um den Augenblick in sich aufzunehmen und zu den Schlafzimmerfenstern hinaufzuschauen. Es war noch hell am Tag, so daß das Signal nicht besonders gut auszumachen war, doch der weiche gelbe Glanz war trotzdem hinter den Gardinen auszumachen.
    Wir gingen hinein. Die Veranda war beheizt und mit Schaukelstühlen und normalen, dick gepolsterten Stühlen mit schweren Armlehnen ausgestattet. Ein Schachbrett war aufgebaut, und eine Bronzeplatte erklärte, die Figuren nähmen die Positionen eines aufgezeichneten Spiels zwischen Christopher Sim und einem der Stadtbewohner ein. Ich entnahm den Kommentaren der Besucher, daß Sim, der die schwarzen Figuren hatte, die bessere Position hielt.
    Der Blick von der Veranda war überwältigend. Das lange Tal mit den gewundenen, gefrorenen Bächen; breite weiße Hänge, die nur gelegentlich von Häusern oder Baumgruppen durchbrochen wurden; die kalten Gipfel, verloren in Wolkenstreifen, und das warme, trotzende Cassanwyle, dessen etwa hundert Gebäude sich gegen die Wildnis zusammendrängten.
    Das Innere von Sims Haus wirkt steif und formal, ganz, wie es seiner Epoche entspricht: reich bestickte Teppiche, geschwungene Decken und kastenartige, unbequeme Möbel. Ein Flur trennt das Wohnzimmer und die Bibliothek zur einen Seite vom Besuchs- und dem Speisezimmer auf der anderen. Wie so oft in historischen Gebäuden geht die beabsichtigte Wirkung, das Gefühl für ein anderes Zeitalter, wie es gewesen sein muß, verloren; statt dessen findet sich dort nur die Muffigkeit der festgehaltenen Zeit. Trotz der Fotos und persönlichen Gegenstände und der Bücher, die sorgfältig so arrangiert waren, daß sich der Eindruck einstellen sollte, die Besitzer wären gerade gegangen (vielleicht, um über die Intervention zu sprechen), gibt es dort kein Leben.
    In der Bibliothek war ein Gästebuch ausgelegt.
    Ich blätterte die Seiten auf dem Bildschirm schnell durch und erregte damit die Aufmerksamkeit eines der Wachposten. Er kam zu mir und fragte, ob er mir helfen könne.
    Ich erwiderte freundlich, für mich sei so ein Gästebuch immer der Höhepunkt einer Besichtigung. »Man kann eine Menge daraus lernen, was die Menschen über solche Orte zu sagen haben«, fügte ich hinzu und suchte die Spalte der Bemerkungen nach markigen Kommentaren ab. Es gab Beobachtungen über die Qualität des Essens in den verschiedenen Gaststätten und Andeutungen, die sanitären Einrichtungen in der Touristenstation seien unzureichend. Hinter dem Namen eines Ehepaars erschien »Frisch verheiratet«, und neben dem eines anderen »Bringt die Stummen um!«
    »Ich weiß«, sagte der Wachmann und verlor das Interesse.
    Weiter hinten in den Einträgen fand ich, was ich suchte: Hugh Scotts Namen! Wann war er hiergewesen? Die Daten waren nach dem dellacondanischen Kalender angegeben, und ich ließ sie von meinem Komlink umrechnen. Ich war knapp vier Monate hinter ihm zurück.
    In der Spalte für die Adressen hatte er ›Dellaconda‹ eingetragen.
    Und die Spalte für Kommentare war leer.
    Ich hätte mich gern noch ein wenig in dem Haus umgesehen, doch der Führer hatte seine Runde beendet. Er winkte mich zur Tür, und ich folgte zögernd meinen Mitbesuchern.
     
    Mein nächster Anlaufpunkt war die Wendikys-Akademie, an der Sim unterrichtet

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