Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim
Ungewöhnliches zugetragen hat?«
»Nein.«
»Natürlich. Also schön. Werden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, daß wir einen guten Grund hatten, das, was wir gefunden haben, geheimzuhalten? Daß Ihre Beharrlichkeit, gefährliche Fragen zu stellen, zu nichts führen wird und großen Schaden anrichten kann? Daß die Entscheidung, nichts darüber verlauten zu lassen, von den Männern und Frauen der Mission einstimmig getroffen wurde?«
»Ja«, sagte ich vorsichtig. »Das kann ich glauben.«
»Dann werden Sie hoffentlich klug genug sein, Ihren bisherigen Weg aufzugeben, nach Hause zurückzukehren und dort zu bleiben. Wenn ich mich über Gabriel Benedict recht entsinne, hat er Ihnen wahrscheinlich eine beträchtliche Geldsumme hinterlassen. Ja? Kehren Sie nach Rimway zurück und genießen Sie es. Lassen Sie die Tenandrome in Ruhe.« Er hatte sich versteift, während er sprach, und es lag eine gewisse Spannung in der Luft.
»Haben Sie das auch meinem Onkel gesagt?«
»Ja.«
»Sie haben ihm nicht gesagt, daß Sie ein dellacondanisches Kriegsschiff gefunden haben?«
Das traf ins Schwarze. Er schnappte nach Luft und sah sich um, ob vielleicht jemand nahe genug saß, um uns hören zu können. »Alex«, protestierte er, »Sie reden Unsinn. Lassen Sie es dabei bewenden. Bitte.«
»Lassen Sie es mich auf eine andere Art versuchen, Hugh. Warum sind Sie hier? Was suchen Sie ?«
Er starrte in seinen Drink, die Iriden rund und hart und sehr schwarz. »Ich bin mir nicht mehr sicher«, sagte er. »Einen Geist vielleicht.«
Ich dachte an mein Gespräch vor einiger Zeit mit Ivana auf Fischschüssel. Er ist ein Fremder. »Ihr Name ist nicht zufällig Tanner, oder?«
Er hob langsam den Blick und suchte den meinen. Es lag Schmerz in seinen Augen, und noch etwas. Seine großen Hände ballten sich zu Fäusten zusammen, und er stieß sich vom Stuhl hoch. »Um Gottes willen, Alex«, zischte er. »Halten Sie sich da raus!«
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Dichtung ist Lautmalerei.
– Simonides von Keos zugeschrieben
Alles lief auf Leisha Tanner zurück.
»Sie ist der Schlüssel«, stellte Chase fest. »Wo war sie während der fehlenden Jahre? Warum steht sie im Mittelpunkt dessen, was auch immer Scott antreibt? Und sie war wichtig genug, daß Gabe den Speicher nach ihr benannt hat.« Sie streckte sich auf dem Sofa aus; um ihr Bein hatte sie einen Elektroverband geschnallt. Er summte leise und beschleunigte den Heilungsprozeß. »Die fehlenden Jahre«, sagte sie. »Warum ist sie auf einmal jahrelang einfach verschwunden? Was hat sie gemacht?«
»Sie hat«, sagte ich langsam, »nach dem gesucht, was die Tenandrome schließlich gefunden hat.«
Ja, das könnte passen. Vielleicht waren sie nervös geworden, nachdem die Sonnenwaffe versteckt worden oder verlorengegangen war. Beide Sims waren tot, und niemand wußte, wo sie war. Also hatte die Tanner die Jagd angeführt. »Es wäre möglich«, sagte sie. »Aber wohin führt uns das?«
»Die Tanner sucht nach einer Fregatte, und zweihundert Jahre später sucht Gabe nach derselben Fregatte. Und er interessiert sich überaus für die Tanner. Was hat das zu bedeuten?«
»Daß sie sie gefunden und ihre Position irgendwo festgehalten hat?«
»Aber sie kann sie nicht gefunden haben. Oder sie wäre nicht mehr dort draußen, wo die Tenandrome zufällig über sie gestolpert ist. Ich meine, welchen Sinn hätte die Suche gehabt, wenn sie sie findet und einfach dort liegen läßt?«
»Nach alledem, was wir durchgemacht haben«, sagte Chase wütend, »ergeben die Dinge noch immer keinen Sinn.«
Ich erhob mich von meinem Sessel und schritt auf und ab. »Versuchen wir es aus einem anderen Blickpunkt. Es muß irgendwelche Informationen gegeben haben, an die sie sich halten konnte. Ansonsten wäre die Suche unmöglich gewesen. Richtig?«
»Na schön.«
»Was für Informationen können das gewesen sein? Vielleicht stieß sie darauf, als sie in die Verschleierte Dame flogen. In diesem Fall hätte sie gewußt, wie lang die Reise würde. Oder vielleicht ist sie nicht geflogen, sondern hatte ein paar Kursangaben von einem Besatzungsmitglied.«
»Gut«, sagte sie. »Aber wie ist Gabe an diese Information herangekommen? Wir haben alles über sie gelesen, was wir in die Hände bekamen, und nichts gefunden. Und wenn unsere Vermutung zutrifft, daß sie jahrelang dort draußen war und das Schiff oder die Sonnenwaffe nie gefunden hat, werden ihre Informationen sowieso nicht viel taugen. Ich meine, was könnte
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