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Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim

Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim

Titel: Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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dünne Gischtlinie bildete sich auf ihrem Kamm.
    Ich fragte mich, was für Sinnesorgane die Schwimmer haben mochten. Hätten sie Augen gehabt, wären sie wohl ausgewichen, doch sie hüpften lediglich nervös an den dünnen Ranken auf und ab, die Haltestricken ähnelten, als seien die Geschöpfe mit dem Ozean verbunden.
    Die Welle rauschte auf sie zu.
    Plötzlich erklang ein schriller Schrei, ein hohes Jammern, das für mich gerade noch vernehmbar war. Die Schwimmer trieben gleichzeitig, wie aufgeschreckte Vögel, in den Himmel empor. Sie konnten anscheinend Luft durch den großen Gassack pumpen und taten dies nun mit aller Heftigkeit, um Höhe zu gewinnen, doch die größeren waren sehr langsam.
    Nichtsdestotrotz, dachte ich, würde die ganze Kolonne hoch über dem Wasser sein, wenn die Welle unter ihnen vorbeifloß; warum klangen ihre Schreie dann nach Panik? Die Welle nahm eine scharfe kantige Form an, als habe sie sich plötzlich verfestigt. Und sie glitt harmlos, so dachte ich, unter den aufsteigenden Schwimmern vorbei.
    Doch mehrere der Geschöpfe wurden abrupt zur Oberfläche hinabgezerrt und sich drehend und zuckend vom Kielwasser der Welle mitgezogen. Zwei verwickelten ihre Ranken ineinander. Und die Welle änderte erneut die Richtung. Zum Ufer.
    Zu der Stelle, wo ich stand.
    Chase’ Stimme: »Alex, was, zum Teufel, geht da vor?«
    »Fütterungszeit«, vermutete ich. »Da ist etwas im Wasser.«
    »Was? Ich kann es von hier aus nicht genau sehen. Was ist es?«
    Ihre Fragen kamen dicht aufeinander, stolperten fast übereinander. Die heranstürmende Wassermauer wuchs an. Sie war lang, fast so lang wie der Strand selbst, den abzuwandern ich fünfzehn Minuten gebraucht hätte.
    Ich lief zur Kapsel, die sich unerreichbar weit entfernt zu befinden schien. Der Sand war dick und schwer unter meinen Füßen. Ich wühlte mich hindurch, richtete meinen Blick auf das Beiboot, lauschte auf eine Veränderung im dumpfen Tosen der Brandung. Ich verlor das Gleichgewicht und stürzte nach vorn, blieb jedoch auf den Füßen, lief weiter, quälte mich.
    Chase war verstummt. Sie würde mich durch die Kameras beobachten, und das ließ mich darüber nachdenken (als geschehe jetzt alles in Zeitlupe), daß mein Lauf über den Strand ein Ausmaß von Schrecken verriet, das mir später peinlich sein würde. Falls es ein ›Später‹ gab. Ich spürte, wie sie den Atem anhielt, und so wurde meine Flucht noch wahnwitziger.
    Ich rief mir in Erinnerung zurück, was ich tun mußte, um zu starten. Die Dachluke öffnen. (Mein Gott, hatte ich die verdammte Luke geschlossen ? Ja! Da war sie, weit vor mir, grau und strahlend und verschlossen .) Den Magnetantrieb einschalten. Den inneren Systemen Energie geben. Den Starthebel zurückziehen.
    Ich hätte die Kapsel von Ort und Stelle aktivieren können, indem ich die Anweisung in den Komlink sprach, doch dazu würde ich langsamer laufen müssen, um meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen. Damit würde ich Zeit verlieren, und irgendwie lief mein Körper jetzt ganz von allein. Unmöglich, ihn nun aufzuhalten.
    Die Welle löste sich jetzt in Brecher auf. Aber sie war viel höher und schwerer als die heranrollenden Sturzwellen. Eine gottverdammte Flutwelle. Doch irgendwie schien es ihr an Unbeständigkeit zu mangeln; man hatte nicht den Eindruck, daß sich etwas Gewaltiges in ihr verbarg, sondern daß die Welle selbst irgendwie lebendig war. Das Wasser, aus dem sie bestand, schien von einem tieferen Grün als das des Ozeans zu sein, und im Sonnenlicht entdeckte ich ein dunkles, faseriges Gewebe. Ein Netzwerk. Ein Netz.
    Die ganze Zeit über war das schrille Wehklagen der gefangenen Schwimmer höher, aber auch leiser geworden. Wahrscheinlich wurden sie gerade in das brodelnde Wasser gezogen.
    In der Nähe der Kapsel lagen Gezeitenteiche. Schlammiges braunes Wasser lief in sie hinein, und sie flossen über.
     
    Eine lange, langsame, schlammfarbige Welle brach auf das Ufer und rollte den Strand hinauf. Sie kam in meine Richtung, und ich stampfte hindurch. Das Wasser umspülte meine Stiefel, zerrte an mir und versuchte, mich in den Sand zu ziehen. Ich riß mich los und lief weiter.
    Ich lief blindlings. Etwas zischte an mir vorbei, ein dünner, faseriger Faden. Der Sand erschwerte mir das Laufen zusätzlich. Ich bekam keine Luft mehr und stürzte Hals über Kopf. Wasser geriet auf meine rechte Hand; ich empfand einen stechenden Schmerz, der mir die Tränen in die Augen trieb. Ich wischte die Haut am

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