Alex Benedict 03: Die Suche
nächsten paar Stunden konnte sie uns außerdem weitere Details liefern: »Vorläufige Analysen deuten auf einen langen, elliptischen Orbit hin. Derzeit entfernt sich das Objekt von der Sonne und ist noch sieben Komma zwei AE vom Aphel entfernt.«
»Hört sich nach einem Kometen an«, sagte Alex.
»Dazu passen die Albedowerte nicht.« Wir schnallten uns an und bereiteten uns auf den Sprung vor. »Sieht aus, als würde ein ganzer Umlauf um die Sonne achtzig Jahre dauern.«
Alex trank seinen Kaffee aus und stellte die Tasse in einen Halter.
»Scheint aus Metall zu sein. Wahrscheinlichkeit achtundneunzig Prozent.«
Der Sprung brachte uns auf eine Entfernung von zwei Tagen heran, und nach ungefähr vier Stunden ermöglichten uns die Bordteleskope den ersten richtigen Blick auf das Objekt. Es war tatsächlich ein Schiff. Kaum hatten wir uns davon überzeugen können, strahlte Alex. Er hatte das natürlich die ganze Zeit schon gewusst.
Es war ein altes Wrack, dessen Auspuffrohre in Richtung eines der Gasriesen zeigten, der nur ein paar Millionen Kilometer entfernt war.
Sechs Stunden später waren wir bereits in der Lage, Einzelheiten zu erkennen, den stromlinienförmigen Aufbau, die Schubdüsen, die Sensorenhalterungen. Auf halber Länge war der sich aufschwingende Adler zu sehen, den wir bereits auf der Tasse gesehen hatte.
Die Seeker!
»Das ist doch schon was«, sagte Alex. »Aber was zum Teufel macht das Ding hier draußen?«
Nach neun Stunden konnten wir den Namen in der mittlerweise vertrauten englischen Schrift auf dem Rumpf ausmachen.
Als wir noch näher kamen, wurde uns die ungeheuere Größe des Schiffs bewusst. Es war so groß wie eine kleine Stadt. Acht gigantische Schubtriebwerksröhren im Heck, jede groß genug, die Belle-Marie im Ganzen zu verschlucken. Sichtluken auf sechs Ebenen. Ein Rumpf, den zu Fuß zu umrunden bestimmt zwanzig Minuten gedauert hätte. Eine ganze Armee von Gondeln und Antennensockeln.
Und …
»Oh-oh.«
Alex drehte sich zu mir um. »Was ist los, Chase?«
Zwei der acht Triebwerksröhren sahen verbogen aus. Sie ragten in einem seltsamen Winkel heraus, der um ein paar Grad von dem der anderen und von einer gedachten Linie durch die Schiffsmitte abwich.
Jahre zuvor hatte ich Bilder der Crossmeer gesehen, nachdem ihre Sprungtriebwerke explodiert waren. Alle waren gestorben, weil die Explosion Löcher in das Schiff gerissen hatte und der Sauerstoffvorrat ausgetreten war, ehe die Luken sich hatten schließen können. Diese Triebwerksrohre hatten genauso ausgesehen.
»Sie hatten einen Unfall«, sagte ich.
Alex widmete sich wieder den Monitoren. »Ja, sieht ganz so aus.« Er atmete hörbar aus und stellte mir eine merkwürdige Frage: »Denkst du, jemand hat das überlebt?« Es hörte sich an, als wäre das alles erst gestern passiert und es gäbe immer noch eine Chance, jemanden zu retten. Der Aufenthalt im All kann einem ein Gefühl der Zeitlosigkeit vermitteln. Die Dinge ändern sich nicht sehr, wenn man Wind und Regen erst hinter sich gelassen hat.
»Das ist ein großes Schiff«, sagte ich. »Ich weiß es nicht. Hängt davon ab, ob und wo Löcher hineingerissen wurden.«
»Keine schöne Art, abzutreten«, sagte er. »Hier draußen.«
Ich war nicht der Ansicht, dass es überhaupt irgendeine schöne Art, abzutreten, gab, aber ich sagte nichts.
Es war schwer zu verstehen, wie die Seeker an den Ort gekommen war, an dem sie nun war. In diesem System gab es keine bewohnbaren Welten. Was hatte sie also hier zu suchen? »Es ist lange her«, meinte Alex. »Vielleicht ist sie von irgendwo anders hergetrieben.«
»Von wo?«
»Von da, wo Margolia ist.«
»Der nächste Stern ist beinahe drei Lichtjahre entfernt. So weit kann das Schiff unmöglich getrieben sein.«
»Wir reden von neuntausend Jahren, Chase.«
»Es ist zu weit. Mit funktionierenden Maschinen würde man, wenn man nicht springt, fünfundzwanzigtausend Jahre brauchen, um diese Strecke zu fliegen. Mindestens.«
Er schüttelte den Kopf. »Na ja, vielleicht waren sie ja auch im Hyperraum. Die Maschinen sind in die Luft geflogen, und der Pilot hat den Sprung abgebrochen.« Er sah aus wie immer, wenn er sich mit einer Herausforderung konfrontiert sah. »So muss es passiert sein.«
»Ich nehme an, diese Vorstellung ist so gut oder schlecht wie jede andere auch. Aber wahrscheinlich ist das nicht.«
Bis wir dort waren, gab es weiter nichts zu tun, also verkündete Alex, er wolle sich in seine Kabine zurückziehen.
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