Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
Begleiter willkommen, wenngleich ich wünschte, die Umstände wären weniger ernst. Ich werde Sie erwarten, wenn Sie landen. Das Planungsgremium hat sich bei mir gemeldet und mich zum Gästebetreuer ernannt. Für Sie und Ihre Begleiter wurde bereits ein Treffen mit einem der Gremiumsangehörigen angesetzt. Wir haben Ihnen Zimmer im schönsten Hotel der Hauptstadt reserviert. Wie war die Reise?«
»Ereignislos«, entgegnete Alex.
Es gab eine Verzögerung von ungefähr einer Minute, in der das Signal zum Planeten reiste und die Antwort zurück zu uns. »Besser kann es nicht laufen.« Man verbringt nicht so viel Zeit mit nutzloser Plauderei, wenn in das Gespräch regelmäßige Zwangspausen eingebaut sind. »Alex, ich würde gern erfahren, was Sie zu diesem Besuch bewegt hat! Nicht, dass Selotta und ich uns nicht freuen würden, Sie zu sehen. Sie wird sich später auch noch melden und Sie begrüßen. Aber dies scheint ein gefährlicher Zeitpunkt für solch eine Reise zu sein. Sollte es zu offenen Feindseligkeiten kommen, könnten Sie hier interniert werden!«
Das war ein Punkt, der mir bisher gar nicht in den Sinn gekommen war. In der Vergangenheit hatten sich derartige Feindseligkeiten manchmal über Jahrzehnte hingezogen.
»Wir sind Diplomaten«, sagte Alex. »Niemand sollte uns etwas antun.«
Kassel lachte. »Das hörte ich bereits. Nun ja, das ist wunderbar. Auf jeden Fall werden wir uns Ihrer annehmen, sobald Sie gelandet sind.«
Unsere Eskorte blieb stets in der Nähe. Als wir noch etwa eine Stunde entfernt waren, erhielten wir eine Textbotschaft der Einsatzzentrale: »BITTE ÜBERGEBEN SIE UNS DIE KONTROLLE ÜBER IHR SCHIFF!« Ich kam der Bitte nach, und Giambrey sog hörbar Luft ein. »Ist das nicht ein bisschen gefährlich?«
»Wäre es Ihnen lieber, wenn ich denen erklärte, dass wir ihnen nicht trauen?«
»Nein!«
»Machen Sie sich keine Gedanken! In den meisten größeren Häfen ist das die übliche Vorgehensweise.«
Kurz bevor wir durch die Hangartore in den Andockbereich einliefen, traf eine weitere Nachricht ein, doch diese war für Giambrey und kam aus Salud Afar. Sie war nach einem System verschlüsselt, das in Belle geladen worden war, ehe wir Samuels verlassen hatten. Sie stammte von Kilgore: »GIAMBREY: VIEL GLÜCK. UNSERE LEUTE VERHANDELN IMMER NOCH MIT DEN KONFÖDERIERTEN, ABER BISHER HABEN SIE NICHTS ERREICHT. ALLES HÄNGT NUN VON IHNEN AB.«
Der Begriff Ansammlung wird der Realität des ashiyyurischen Universums nicht gerecht, eines Universums, das aus einer lockeren Gruppierung von Welten, Außenposten, Orbitalstädten und vereinzelten Siedlungen besteht. Es ist ebenso sehr eine soziale wie eine politische Einheit. Doch eine Bedrohung für einen Teil dieses Universums ist eine Bedrohung für jeden anderen Teil dieser Welt, und die Ashiyyur können mit tödlicher Effizienz reagieren. Manche Leute glauben, sie würden sich irgendwann zu einem einzigen Geist entwickeln, der alle umfasse. Ein paar sind sogar der Ansicht, das wäre längst passiert. Aber niemand, der, wie Alex und ich, persönliche Beziehungen zu einzelnen Ashiyyur unterhielt, hätte dergleichen je glauben können.
Die Probleme zwischen ihnen und uns beruhen zu einem großen Teil darauf, dass es so schwer für uns ist, einander kennen zu lernen. Es gibt in beiden Systemen Organisationen, die sich die Freundschaft zwischen Ashiyyur und Menschen auf die Fahnen geschrieben haben, aber ihre Erfolge sind begrenzt. Bestenfalls.
Wir legten an, und ich erhielt zum ersten Mal in meiner beruflichen Laufbahn eine Textbotschaft, in der mir die Erlaubnis erteilt wurde, mein Schiff zu verlassen. Belle wünschte mir Glück, und wir kletterten zur Luke hinaus und gingen die Ausgangsröhre hinunter, und da war auch schon Kassel. Die Robe war verschwunden, ersetzt durch ein Hemd und eine kurze, an den Knien gebundene Hose. Das war eine beliebte Form der Freizeitkleidung, sowohl für Männer als auch für Frauen auf Borkarat. Doch haftete dem Anblick eines über zwei Meter zehn großen Stummen mit Fangzähnen, der aussah, als wäre er unterwegs zu einem Spaziergang im Park, etwas Absurdes an.
Ich bin nie gut darin gewesen, die nonverbalen Signale der Ashiyyur zu verstehen, doch bei dieser Gelegenheit fiel es mir nicht schwer, seine gemischten Gefühle wahrzunehmen. Er trat vor, schüttelte uns die Hände und drückte meine Schulter auf eine Weise, die andeutete, er würde mir zur Seite stehen, wie schwierig die Lage auch werden
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