Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann
entführt, als wir Urlaub auf Bermuda machten. Sie wird immer noch vermisst. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sie gefunden wird. Ich bete jeden Tag, dass sie noch lebt.«
Halpern schnalzte mitleidig mit der Zunge. Er hatte etwas auf dem Kasten, dieser Bursche – fast so viel wie sein Mandant. »Das tut mir aufrichtig leid. Hat das Dezernat Ihnen lange genug dienstfrei gegeben?«
»Man war sehr verständnisvoll und hilfsbereit«, sagte ich und spürte, wie sich meine Kinnladen vor Zorn verkrampften.
Ich hasste Halpern dafür, dass er die Entführung Christines und die Ungewissheit, was mit ihr geschehen sein mochte, dazu benutzte, mich aus dem Konzept zu bringen.
»Waren Sie zu der Zeit des Mordes an Detective Hampton offiziell wieder im aktiven Dienst, Detective Cross?«
»Ja. Eine Woche vor dem Mord nahm ich meine Tätigkeit in vollem Umfang wieder auf.«
»Hatte man Sie gebeten, dem aktiven Dienst noch eine Zeit lang fernzubleiben?«
»Das wurde mir überlassen. Der Chief of Detectives war nicht sicher, ob ich meinen Dienst wieder antreten könne, überließ aber mir die Entscheidung.«
Halpern nickte nachdenklich. »Hatte er die Befürchtung, Sie könnten mit den Gedanken woanders sein? Niemand könnte Ihnen das übel nehmen.«
»Ich war durch den Wind, wie man so sagt. Ich habe gelitten und leide immer noch. Aber ich konnte meine Arbeit tun. Und es war gut für mich. Es war das Richtige.«
Es folgten mehrere Fragen über meinen geistigen Zustand; dann wollte Halpern wissen: »Wie sehr waren Sie durch den Wind, als Sie feststellten, dass Detective Hampton ermordet wurde?«
»Ich habe meine Arbeit getan. Es war ein scheußlicher Mord.« Dein Mandant ist ein Schlächter. Willst du wirklich, dass er straffrei bleibt? Ist dir klar, was du da tust?
»Ihre Fingerabdrücke waren auf Detective Hamptons Gürtel und auf dem Armaturenbrett ihres Autos. Ihr Blut war auf Ihrer Kleidung.«
Ich wartete ein paar Sekunden, ehe ich antwortete. Dann versuchte ich zu erklären: »In Detective Hamptons Halsschlagader war ein großer zackiger Riss. Im Auto war überall Blut – und noch mehr auf dem Boden der Tiefgarage. Ich habe versucht, Detective Hampton zu helfen, bis ich erkannte, dass sie tot war.
Deshalb waren meine Fingerabdrücke im Auto und Detective Hamptons Blut an meiner Kleidung.«
»Haben Sie auf dem Weg nach oben Blutspuren hinterlassen?«
»Nein. Ich habe meine Schuhe sorgfältig überprüft, ehe ich die Garage verließ. Ich habe zweimal nachgesehen. Ich habe nachgeschaut, weil ich unter keinen Umständen Blut ins Gebäude bringen wollte.«
»Aber Sie waren durcheinander. Das haben Sie zugegeben.
Eine Polizistin wurde ermordet. Sie haben vergessen, Handschuhe anzuziehen, als sie zuerst den Tatort untersuchten. An Ihrer Kleidung war Blut. Wie können Sie so sicher sein, dass Ihre Behauptungen zutreffen?«
Ich blickte ihm fest in die Augen und bemühte mich, so ruhig zu bleiben wie möglich. »Ich weiß genau, was in jener Nacht geschehen ist. Ich weiß, wer Patsy Hampton kaltblütig ermordet hat.«
Plötzlich erhob Halpern die Stimme. »Nein, das wissen Sie nicht, Sir. Und das ist der entscheidende Punkt. Sie wissen es nicht. Sie haben Colonel Shafer gefilzt. Demnach hatten Sie Körperkontakt mit ihm?«
»Ja.«
»Und ist es nicht möglich, dass Blut von Ihrer Kleidung auf seine gelangte? Ist das nicht sogar wahrscheinlich?«
Ich gab keine Handbreit nach. Ich konnte nicht. »Nein, das ist nicht möglich. Das Blut war an Geoffrey Shafers Hose, ehe ich eintraf.«
Halpern trat vom Zeugenstand weg. Der Kerl wollte mich schwitzen lassen. Er ging zur Geschworenenbank hinüber, wobei er mehrmals zu mir zurückblickte. Er stellte mehrere Fragen über den Tatort und sagte dann: »Aber Dr. Cassady hat kein Blut gesehen. Die beiden Polizisten haben ebenfalls kein Blut gesehen – nicht, bis Sie mit Colonel Shafer in Kontakt kamen . Colonel Shafer hatte noch drei oder vier Minuten telefoniert, ehe er bei seiner Therapeutin eintraf. Er ging direkt von der Geburtstagsparty seiner Kinder zu ihr. Sie haben keine Beweise, Detective Cross! Abgesehen von denen, die Sie selbst in Dr. Cassadys Wohnung gebracht haben. Sie haben nicht die geringsten Beweise, Detective! Sie haben den Falschen verhaftet. Sie haben einem unschuldigen Mann etwas angehängt!«
Jules Halpern hob angewidert die Hände. »Ich habe absolut keine weiteren Fragen.«
I ch nahm den Hinterausgang des Gerichts. Üblicherweise tat ich
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