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Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Titel: Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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auch.
    Vor einer Ampel verriegelte Bayer die Autotüren. Die Gegend wirkte äußerst gefährlich auf ihn, wie so vieles heutzutage in Washington. Was für ein trauriges, völlig wahnsinniges Land Amerika doch geworden war. Der perfekte Unterschlupf für Shafer.
    Hungersnot betrachtete auf der Weiterfahrt die verkommenen Straßen, in denen unverkennbar die Unterschicht hauste. In London gab es nichts Vergleichbares. Überall Reihen zweigeschossiger Mietshäuser aus rotem Backstein mit ungepflegtem Garten und meist über den Zustand der Reparaturbedürftigkeit hinaus. Das war kein urbaner Verfall, das war urbane Apathie.
    Shafers Nest tauchte vor ihm auf. Bayer hielt. Er kannte die genaue Lage von Shafers Versteck aus den weitschweifigen Fantasie-Erzählungen, die Shafer seinen Mitspielern geliefert hatte. Er kannte die Adresse. Jetzt musste er nur noch einen Punkt klären: Waren die Morde, von denen Geoffrey behauptete, sie begangen zu haben, Fantasie oder waren sie tatsächlich verübt worden? War er wirklich ein kaltblütiger Mörder, der hier in Washington sein Unwesen trieb?
    Bayer ging zur Garagentür. Er brauchte nur Sekunden, um das Schloss zu knacken und ins Haus einzudringen.
    Er hatte sehr viel über die »Albtraumkarosse« gehört, das li-la-blaue Taxi, das Shafer für die Morde benutzte. Jetzt stand es vor ihm. Das Taxi war so real wie er selbst. Jetzt kannte er die Wahrheit. George Bayer schüttelte den Kopf. Shafer hatte alle diese Menschen tatsächlich umgebracht. Es war kein Spiel mehr.
    B ayer stieg die Treppe hinauf in die Wohnung, die Shafer als Versteck diente. Seine Arme und Beine fühlten sich schwer an, ein leichter Druck lag auf seiner Brust. Sein Gesichtsfeld war eingeengt. Er zog die verstaubten Rollos herunter und schaute sich um.
    Während des Spiels hatte Shafer die Garage und das Taxi mehrmals prahlerisch beschrieben. Er hatte sich mit diesem Versteck vor den Mitspielern gebrüstet und geschworen, dass es wirklich existierte und nicht bloß ein Fantasiegebilde in einem Rollenspiel sei. Geoffrey hatte die anderen offen herausgefordert, es selbst in Augenschein zu nehmen. Deshalb war Bayer jetzt in Washington.
    Na schön, Geoffrey, das Versteck gibt es wirklich. Du bist ein eiskalter Killer. Du hast tatsächlich nicht geblufft, stimmt’s?
    Um zehn Uhr abends fuhr Bayer mit Shafers Taxi los. Die Schlüssel lagen offen da, beinahe wie eine Herausforderung.
    Seiner Schätzung nach hatte er eine ganze Nacht, um genau das nachzuempfinden, was Shafer erlebt hatte. Laut Geoffrey war das Vorspiel bereits die halbe Freude am eigentlichen Spiel: die Möglichkeiten zu erkunden und das gesamte Spiel vor sich zu sehen, ehe man den ersten Zug tat.
    Von zehn bis halb elf kurvte Bayer durch die Straßen Washingtons, nahm aber keinen Fahrgast mit. Er ließ das Nicht-im-Dienst-Schild leuchten. Was für ein Spiel, dachte Bayer immer wieder. Macht Geoffrey es genauso? Fühlt er sich so, wenn er durch die Stadt streift?
    Ein alter Penner mit eingedrücktem Hut schob einen Wagen voller Blechdosen und anderen wiederverwertbaren Dingen direkt vor dem Taxi auf die Straße und riss Bayer aus seinen Träumen. Dem Alten schien es egal zu sein, ob man ihn über den Haufen fuhr oder nicht, doch Bayer machte eine Vollbremsung und musste an Shafer denken. Die Linie zwischen Leben und Tod war für Geoffrey offenbar nicht mehr zu sehen, war verblasst, vielleicht verschwunden.
    Vorsichtig fuhr Bayer weiter. Er kam an einer Kirche vorbei.
    Der Gottesdienst war gerade zu Ende, und die Besucher strömten ins Freie.
    Bayer hielt das Taxi an, um eine attraktive afroamerikanische Frau einsteigen zu lassen, die ein blaues Kleid und farblich dazu passende Schuhe mit hohen Absätzen trug.
    Bayer musste herausfinden, wie das für Shafer war, für den Tod. Er konnte dem nicht widerstehen.
    »Vielen Dank«, sagte die Frau, als sie hinten ins Taxi einstieg. Sie wirkte freundlich, anständig und ehrbar. Verstohlen musterte Bayer sie im Innenspiegel. Sie war keine Schönheit, hatte aber ein recht hübsches Gesicht. Lange braune Beine in hauchdünnen Strümpfen. Er versuchte sich vorzustellen, was Shafer jetzt tun würde, konnte es aber nicht.
    Shafer hatte sich damit gebrüstet, dass er Menschen in den ärmeren Stadtteilen Washingtons tötete, da sich dort niemand um sie scherte. Bayer vermutete, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Aus den gemeinsamen Zeiten in Thailand und auf den Philippinen wusste er manches über Shafer. Ja, er kannte

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