Alex Cross 07 - Stunde der Rache
Ende der Welt, weißt du. Damon weiß, dass du ihn liebst. Manchmal reden der junge Bursche und ich darüber. Er hat es verkraftet. Jetzt musst du es noch verkraften.«
»Vielleicht liegt es daran, dass ich in den vergangenen Jahren zu viele wirklich schlimme Mordfälle zu bearbeiten hatte. Sie
verändern mich.«
Sampson nickte zustimmend. Diese Antwort gefiel ihm. »Klingt, als fühlst du dich ausgebrannt.«
»Nein, ich habe das Gefühl, in einem grauenvollen Albtraum zu sein, der nicht aufhört. Ich stecke in einem Wirbel von Zufällen. Superhirn ruft meinen Namen und bedroht mich. Ich weiß nicht, wie ich dem allem Einhalt gebieten soll.« Sampson blickte mir tief in die Augen. »Du hast soeben von Zufällen gesprochen, mein Lieber. Ich weiß aber, dass du nicht an Zufälle glaubst.«
»Deshalb macht mir die Sache ja auch so schreckliche Angst. Wenn du die Wahrheit wissen willst – ich glaube, dass wirklich jemand hinter mir her ist, und das seit sehr langer Zeit. Wer immer das ist, er ist eine viel größere Gefahr als die Vampire. Jemand ruft mich ständig an, John. Er ruft fast jeden Tag an. Wir können die Anrufe aber nicht zurückverfolgen.«
Sampson strich sich über die Stirn. »Jetzt machst du mir Angst. Wer könnte dich verfolgen? Wer würde es wagen, es mit dem Drachentöter aufzunehmen? Das muss doch ein Idiot sein.« »Glaube mir«, sagte ich, »der ist kein Idiot.«
41
S ampson und ich blieben länger in der Bar, als es ratsam war, und tranken viel Bier. Schließlich machte der Laden um zwei Uhr morgens zu. Wir waren klug und noch nüchtern genug, unsere Autos auf dem Parkplatz stehen zu lassen, statt nach Hause zu fahren. Unter einem vom Mond erhellten Himmel ging ich mit John nach Hause. Es erinnerte mich daran, wie wir beide im Southeast aufgewachsen waren. Damals mussten wir immer zu Fuß gehen, wenn wir irgendwohin wollten. Nur wenn wir Verschwender spielten, nahmen wir den Bus. Er verabschiedete sich von mir vor meinem Haus und ging weiter in Richtung Navy Yard, wo er wohnte.
Am nächsten Morgen musste ich ganz früh mein Auto holen, ehe ich zur Arbeit ging. Nana war mit Klein-Alex schon auf. Ich trank die Hälfte von ihrem Kaffee und setzte den Kleinen in seinen Sportwagen. Gemeinsam gingen wir zu meinem Auto.
Der Morgen war klar und strahlend. Die Nachbarschaft schien um sieben Uhr friedlich und ruhig zu sein. Schön. Seit dreißig Jahren wohnte ich an der Fifth Street, seit Nana aus ihrer Wohnung an der New Jersey Avenue zu mir gezogen war. Ich liebe diese Gegend immer noch. Für die Familie Cross bedeutet sie Heimat. Ich weiß nicht, ob ich je fortziehen könnte. »Gestern war Daddy mit Onkel John zusammen.« Ich beugte mich hinab und sprach mit dem Kleinen, während ich seinen blauweiß gestreiften Sportwagen schob. Eine attraktiv aussehende Frau begegnete uns. Sie war auf dem Weg zur Arbeit. Sie lächelte mich an, als sei ich der beste Mann der Welt, weil ich mein Kind so früh am Morgen spazieren fuhr. Ich glaubte ihr zwar keine Sekunde lang, aber die Vorstellung gefiel mir. Klein-Alex ist mit seinen neun Monaten sehr aufgeweckt. Es macht ihm Spaß, Menschen und Autos zu beobachten und die Wolken, die über seinem kleinen Kopf dahinziehen. Er liebt Spazierfahrten im Sportwagen, und ich fahre gern mit ihm umher. Dabei singe ich Kinderlieder.
»Siehst du, wie der Wind die Blätter der Bäume durcheinander wirbelt?«, fragte ich. Er schaute zu mir auf, als würde er jedes Wort verstehen.
Es ist unmöglich zu sagen, wie viel er begreift, aber er scheint auf alles, was ich sage, zu reagieren. Damon und Jannie waren auch so. Allerdings hatte Jannie als Kleinkind ständig geplappert. Sie redet immer noch gern und will das letzte Wort haben, genau wie ihre Großmutter und – jetzt erinnere ich mich – auch ihre Mutter Maria.
»Ich brauche deine Hilfe, Kumpel.« Wieder beugte ich mich hinunter und redete mit Klein-Alex.
Er schaute mich an und schenkte mir ein wunderschönes Lächeln. Klar, Daddy, du kannst auf mich zählen.
»Es ist deine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ich nicht auseinander falle. Du gibst mir etwas sehr Kostbares, auf das ich mich konzentrieren kann. Tust du mir den Gefallen?« Alex lächelte immer noch. Selbstverständlich tue ich das, Daddy. Kein Problem. Ist schon so gut wie erledigt. Ich bin dein Schatz. Stütze dich auf mich.
»Lieber Junge. Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann. Mach einfach weiter so wie bisher. Du bist das Beste, was mir seit
Weitere Kostenlose Bücher