Alex Cross 07 - Stunde der Rache
Paar etwas früher ermordet.«
»Keiner hat was gesehen? Keine Zeugen in der ganzen Gegend? Das habe ich dem Polizeibericht entnommen.« Kyle seufzte. »Wir haben einen Augenzeugen, der gesehen hat, wie zwei Männer aus dem Park liefen. Der Mann ist Mitte achtzig. Er sagt aus, dass er anfangs glaubte, Blut auf den Hemden der Männer gesehen zu haben, dann aber das Gefühl gehabt hätte, sich geirrt zu haben. Kurz danach stieß er auf die beiden Leichen.«
Ich ließ meinen Blick noch mal über die Szene am Colonial Lake schweifen. Die Sonne schien so hell, dass ich die Augen mit der Hand beschatten musste. Vögel zwitscherten in den Bäumen. Der Park war von allen Seiten einsehbar. »Sie waren in hellem Tageslicht unterwegs, komische Vampire«, murmelte ich.
Kyle musterte mich verblüfft. »Du glaubst doch nicht etwa an Vampire?«
»Ich glaube, dass es Menschen gibt, die sich dem Lebensstil der Vampire verschrieben haben«, erklärte ich. »Ich weiß, dass einige davon überzeugt sind, Vampire zu sein. Einige sind diese Rollenspieler mit scharfen Zähnen. Fängen. Sie können gewalttätig werden. Aber bis jetzt habe ich noch keine Gestaltenwechsler gesehen. Ansonsten hätte unser Augenzeuge zwei Fledermäuse davonflattern sehen, nicht zwei Männer. Das sollte ein Scherz sein, Kyle! Was hat unser Zeuge noch über die Männer ausgesagt?«
»Nicht viel. Er glaubt, sie seien jung, Alex. In den zwanziger oder dreißiger Jahren, was ein weites Feld offen lässt. Sie sind schnell gegangen, waren aber keineswegs erschrocken, als er sie sah. Er ist sechsundachtzig, Alex. Er scheint von all der Aufmerksamkeit, die er bekommt, ein wenig durcheinander zu sein.«
»Wer auch immer diese Mörder sind, eines muss man ihnen lassen. Sie sind verdammt dreist. Oder dumm. Ich frage mich, ob es dieselben Dreckskerle sind, die wir durch Kalifornien und Nevada gejagt haben.«
Kyles Züge entspannten sich leicht. Er hatte mir etwas zu sagen. »Meine Leute in Quantico waren die halbe Nacht auf. Wieder mal. Alex, sie haben ein Dutzend Städte an der Ostküste gefunden, deren ungelöste Mordfälle mit unseren verknüpft sein könnten.«
»Was ist der zeitliche Rahmen dieser Morde?«, fragte ich.
»Das ist der interessante Teil. Anscheinend geht das schon ziemlich lange. Niemand hat die Fälle in Zusammenhang gebracht, ehe wir anfingen zu forschen. Der zeitliche Rahmen beträgt mindestens elf Jahre.«
43
A n diesem Abend aßen Kyle und ich mit einer guten Freundin in Charleston. Kyle hatte im Grille an North Tyron reserviert. Kate McTiernan hatte sich nicht viel verändert, seit wir uns bei der Casanova-Mordserie in Durham und Chapel Hill, North Carolina, kennen gelernt hatten. Als der Mörder Kate in ihrem Haus außerhalb von Chapel Hill als Geisel genommen hatte, war er überzeugt gewesen, die schönste Frau der Südstaaten in seiner Gewalt zu haben.
Doch Kate war nicht nur schön, sondern auch außergewöhnlich gescheit. Jetzt war sie Kinderärztin, überlegte aber, auf Chirurgin umzusatteln.
Als Kate an unserem Tisch eintraf, waren Kyle und ich ins Gespräch vertieft. Wir diskutierten über die nächsten möglichen Schritte der Ermittlungen.
»Hallo, Jungs.« Üppige braune Locken umrahmten Kates Gesicht. Sie trug ihr Haar jetzt länger. Ihre Augen waren dunkelblau und strahlten. Sie war in Superform, aber ich wusste, dass sie einen sehr weichen Kern hatte.
»Macht Schluss, Jungs«, erklärte Kate. »Ihr arbeitet viel zu hart. Heute Abend wollen wir uns amüsieren.«
Als wir sie sahen, standen wir sofort auf und grinsten wie Idioten. Wir hatten eine Menge gemeinsam durchgemacht und überlebt, und jetzt trafen wir uns zu diesem völlig überraschenden Abendessen in Charleston.
»Das ist wirklich ein totaler Zufall. Ich war gerade bei einer Medizinertagung außerhalb der Stadt«, sagte Kate und nahm bei uns Platz.
»Alex glaubt nicht, dass es Zufälle gibt«, meinte Kyle.
»Auch gut. Dann sind wir jetzt eben aufgrund der göttlichen Vorsehung hier – dem Herrn sei Dank!«, sagte Kate und lächelte.
»Du scheinst ja sagenhaft gute Laune zu haben, Kate«, sagte Kyle. Er selbst war aber auch ziemlich aufgekratzt.
»Ja, Kyle, warum auch nicht? Das hier ist eine unerwartete Freude. Ich sehe euch beide wieder. Außerdem bin ich in so großartiger Stimmung, weil ich nächstes Jahr im Frühling heirate. Vor zwei Abenden hat mein Thomas mir einen Antrag gemacht.«
Kyle stotterte einen Glückwunsch. Ich rief den Kellner und
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