Alex Cross - Cold
nicht auf der faulen Haut und drehen Däumchen.«
»Ist ja gut. Reg dich ab. Ich mein ja nur...«
»Ja, ja, ich hab’s kapiert. Schon beim dritten oder vierten Mal.«
»...dass die Bürgerrechtler und ihre Rechtsanwälte jede Menge Argumente haben werden, noch bevor wir hiermit fertig sind. Mehr nicht.«
Agent Green holte den letzten Schinken-Ei-Käse-Burger aus der fettigen McDonald’s-Tüte vor seinen Füßen. Er wusste, dass es besser war, Kravetz nicht zu widersprechen, besonders weil es noch früh am Tag war. Die Personaldecke war dünn, und die Ablösung würde frühestens in zehn Stunden auftauchen. Vielleicht sogar noch später.
Als Green den Kopf hob und wieder auf den Bildschirm schaute, erregte ein gut gekleidetes Paar seine Aufmerksamkeit. Die beiden kamen ziemlich am Schluss aus der Moschee. Nicht, dass an ihnen irgendetwas besonders Auffälliges gewesen wäre abgesehen davon, dass sie jede Menge Gepäck bei sich hatten.
»Was wollen die denn mit den ganzen Koffern?«, sagte er. Kravetz nahm den Blick vom Periskop und sah nach, was Green meinte. Er deutete auf den Bildschirm. »Die beiden da.«
Die Frau war stehen geblieben, um ihren Hidschab anzulegen. Der Mann war glatt rasiert und trug eine Ravens-Mütze. Er nahm den größeren Koffer, den sie gerade abgestellt hatte, und reichte ihr stattdessen einen Aktenkoffer.
»Vielleicht sind sie ja erst in der Nacht angekommen«, überlegte Kravetz. »Und dann vom Flughafen direkt zum Gottesdienst gegangen.«
»Vielleicht«, sagte Green. »Behalt sie im Auge.«
Er sah zu, wie Kravetz die beiden ins Visier nahm. Sie drückte auf eine Taste an ihrem Joystick und zoomte sich so dicht an die beiden Gesichter heran, dass sie sie fotografieren konnte, noch bevor sie weitergingen.
»Gut gemacht«, sagte Green.
Kravetz folgte dem jungen Paar mit der Kamera.
»Hübscher Arsch«, meinte Green. »Irgendwie sieht sie ganz schön scharf aus, findest du nicht?«
»Ich schicke die Fotos jetzt ein«, erwiderte Kravetz sachlich. Aber er hatte recht. Die Frau war eindeutig ziemlich scharf.
Noch ein paar Tastaturbefehle, dann war das Bild auf dem Weg zu IDENT, einer internationalen Datenbank, in der zahlreiche biometrische Daten von bereits bekannten Terroristen und anderen potenziell verdächtigen Personen gespeichert wurden. Die beiden Gesichter würden elektronisch erfasst und dann mit den Beständen in der Datenbank abgeglichen werden. Und auch das Gesichtserkennungssystem des Secret Service würde das Foto empfangen.
»Siehst du, das ist genau das, was ich meine«, sagte Kravetz. »Weißt du eigentlich, wie viele unschuldige Menschen absolut willkürlich im Augenblick in das System eingespeist werden?«
»Es muss irgendwelche Erkenntnisse im Zusammenhang mit dieser Moschee geben«, sagte Green. »Die lassen uns doch nicht ohne Grund hier an dieser Ecke rumhocken.«
»Ja, genau, uns und hundert andere Antiterroreinheiten an hundert anderen Ecken. Das ist doch eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Wenn es gut läuft.«
Agent Green biss in seinen Burger und versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken. Vor ihnen lag eine lange Schicht, und schon jetzt drehten sie sich im Kreis. Selbst, wenn Kravetz recht hatte und wahrscheinlich hatte sie tatsächlich recht -, wäre es sinnlos gewesen, das jetzt zuzugeben. Dann hätte sie ihre Klappe überhaupt nicht mehr gehalten.
43
Unmittelbar im Anschluss an unsere frühmorgendliche Sitzung in der CIA-Zentrale wurden Ned Mahoney und ich der Antiterrordivision des FBI zugeteilt. Sie ist ebenfalls in Langley stationiert, in einem sicheren Gebäude namens Liberty Crossing, abgekürzt LX1.
Das Kommandozentrum befand sich in einem höhlenartigen, indirekt beleuchteten Raum. Ich kam mir fast vor wie in einem Kino, abgesehen von der Lautstärke, die eher an die New Yorker Börse bei Hochbetrieb erinnerte. Die Anspannung war mit Händen zu greifen.
Tausende Mitarbeiter waren an den verschiedensten Stellen im ganzen Stadtgebiet platziert worden. Jede größere Strafverfolgungsbehörde hatte mehrere Vertreter hier in diesen Raum entsandt. Ich gehörte auch dazu. Die unterschiedlichen Bereiche waren mit improvisierten Schildern gekennzeichnet, die an den Vorderkanten der Schreibtische klebten - GEISELBEFREIUNG, MPD, CIA, MOBILE KOMMUNIKATIONSDIENSTE und so weiter und so fort.
Neben dem Zwischenfall im U-Bahn-Depot mussten wir jetzt noch eine zusätzliche Aufgabe bewältigen. Um fünf Uhr morgens hatte das
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