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Alex Cross - Cold

Titel: Alex Cross - Cold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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ihre Wirkung. Was genau der Punkt ist, an dem manche Menschen Dinge sagen, die sie bei den ersten Befragungen möglicherweise verschweigen.
    Der Krankenpfleger, ein gewisser Rodney Glass, hatte seine Nerven besser im Griff. Er erzählte mir, dass er, bevor er hier an der Schule angefangen hatte, als Entwicklungshelfer in Uganda gewesen sei. Er hatte in Afrika wohl eine Menge Leid mit ansehen müssen. Ich war auch schon in Afrika gewesen und konnte ihn gut verstehen.
    »Ethan? Na klar, der hat mich gelegentlich besucht. Dann haben wir zusammen Mittag gegessen«, sagte er. »Ich glaube, mit Erwachsenen fühlt er sich einfach wohler, verstehen Sie?«
    »War er denn öfter hier?«, wollte ich wissen und ließ meinen Blick durch die kleine, sehr aufgeräumte Krankenstation schweifen.
    »Manchmal. Er war eigentlich immer nur auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen. Kinder wie ihn nenne ich immer die »ungebundenen Teilchen‹. Gehen Sie mal um die Mittagszeit in eine x-beliebige Schule, und ich garantiere ihnen, dass sich immer ein paar von der Sorte in der Krankenstation, bei der Bücherausgabe oder in der Beratungsstelle herumdrücken. Wissen Sie was, Sie sollten mal mit Pam Fitzhugh in unserer Beratungsstelle sprechen. Falls Sie das nicht schon gemacht haben. Sie kennt die beiden Coyles so gut wie sonst niemand.«
    Ich hatte Glück, dass Ms. Fitzhugh ein paar Minuten Zeit für mich hatte. Seit dem Tag der Entführung waren sie und die anderen psychologischen Betreuer pausenlos damit beschäftigt, mit verängstigten und verunsicherten Schülern Krisengespräche zu führen.
    »Haben Ethan und Zoe vielleicht unter einem besonderen Druck gestanden?«, fragte ich sie. »In den Tagen oder Wochen, bevor es passiert ist?
    »Nicht mehr als sonst«, antwortete sie. »Aber das ist natürlich alles relativ, nicht wahr? Es ist nicht leicht, das Kind des Präsidenten oder sonst irgendeiner Berühmtheit zu sein, und sie haben sich beide sehr stark unter Druck gesetzt. Auf unterschiedliche Weise.«
    »Inwiefern?«
    »Nun, sagen wir so: Zoe verwendet sehr viel Energie darauf, gerade nicht die perfekte Präsidententochter zu sein, die alle Welt in ihr sehen will. Und Ethan ist irgendwie das genaue Gegenteil davon. Wenn er eine Eins minus bekommt, dann sieht er nichts anderes als das Minus.«
    Sie lachte leise, melancholisch, als ob ihr gerade eine bestimmte Erinnerung an die beiden durch den Kopf gehuscht wäre. Vielleicht fragte sie sich auch, wie alle anderen, ob sie Ethan und Zoe je Wiedersehen würde.
    »Die armen Kinder«, sagte sie. »O Gott, diese armen, armen Kinder. Ich wünschte nur, dass ihnen irgendjemand helfen kann.«
    Ja, das wünschte ich mir auch.

   56
    Die Wagenkolonne von Außenminister Martin Cho hatte Verspätung, wie üblich. Schon die Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses, von Abgeordnetenhaus und Senat hatte er fast den ganzen Vormittag über warten lassen, und jetzt kam er eine knappe Stunde zu spät zu seinem Termin mit dem saudi-arabischen Botschafter.
    »Rufen Sie im Büro an und sagen Sie Bescheid, dass wir unterwegs sind«, sagte Cho zu der Assistentin, die ihm in der kurzen Mercedes-Limousine gegenübersaß. Ihr Name war Melissa Brandt. Sie hatte erst kürzlich in Harvard ihr Examen gemacht und war relativ jung für diesen Job, aber ein vielversprechendes Talent. Vielleicht auch ein bisschen naiv.
    »Herr Außenminister, das Büro weiß schon Bescheid. Ich habe sie angeruf...«
    »Bitte rufen Sie noch einmal an, Melissa«, fiel er ihr ins Wort. »Der Botschafter soll unbedingt wissen, dass wir an ihn denken. Für Leute wie ihn ist das sehr wichtig. Diese Typen sind wahnsinnig empfindlich. Der Botschafter ist sein ganzes Leben lang von allen Seiten verwöhnt und verhätschelt worden.«
    »Ja, Sir«, erwiderte die Assistentin.
    Die beiden Länder hatten schon vor etlichen Tagen regelmäßige Krisengespräche aufgenommen, die nicht an die große Glocke gehängt wurden. Und da der Präsident im Augenblick indisponiert war, war das eine Aufgabe für den Außenminister. Bis jetzt war das Ganze eine recht zähe Angelegenheit gewesen. Die Zeiten vor dem 11. September, als das Königreich von Saudi-Arabien und die Vereinigten Staaten noch Arm in Arm durch die politische Landschaft marschiert waren, kam ihm jetzt vor wie eine Episode aus grauer Vorzeit.
    Melissa Brandt wählte die Nummer des Außenministeriums und reckte dabei den Hals, um festzustellen, auf welchem Abschnitt der Constitution Avenue sie

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