Alex Cross - Cold
kompliziert. Und außerdem haben wir alles im Griff.«
Ich hörte zu, sagte aber nichts. Ich hatte mit der ganzen Aktion nichts zu tun. Alles, was Mahoney mir im Auto verraten hatte, war, dass der Al-Ayla-Informant das FBI mit Informationen regelrecht bombardierte. Und heute Abend sollte eine Festnahme erfolgen. Wen sie festnehmen wollten, wusste ich nicht.
Es dauerte noch eine geschlagene Stunde, bevor etwas Nennenswertes passierte. Ned und ich standen in einer Ecke und unterhielten uns leise, da hob einer der KopfhörerAgenten die Hand und schnippte mehrfach mit den Fingern.
»Jetzt geht’s los«, sagte Kravetz. Wir stellten uns hinter sie, um alles beobachten zu können. Sie hatte zwei Kameraperspektiven zu voller Bildschirmgröße aufgezogen. Es sah aus wie der Vorder- und der Hintereingang der Moschee.
Eine Sekunde später wurde eine der Doppeltüren an der Vorderseite von innen geöffnet und eine Frau im Hidschab und mit einem langen Mantel schob sich rückwärts zur Tür heraus.
»Was zum Teufel...«
Es dauerte einen Moment, bis wir den Mann im Rollstuhl sehen konnten. Sobald sie durch die Tür waren, drehte die Frau ihn einmal um die eigene Achse und schob ihn in Richtung Bürgersteig.
»Das sind sie?«, stieß Mahoney hervor.
Sie sahen aus wie Mitte sechzig und wirkten ziemlich schwerfällig. Der Mann hatte einen dicken Hals, der übergangslos mit den Schultern zu verschmelzen schien, und nur noch ein paar wenige Haarbüschel auf dem Kopf. Die Frau humpelte leicht. Um genau zu sein, sie hinkte eigentlich mehr, als dass sie ging.
Kravetz machte sich an der Steuerung zu schaffen, um die beiden im Bild zu behalten.
»Jetzt geht’s los«, sagte sie.
Kaum hatten die beiden den Bürgersteig erreicht, tauchten wie aus heiterem Himmel zwei zivile Fahrzeuge auf! Sie hielten am Straßenrand und ein halbes Dutzend Agenten sprang heraus. Einer von ihnen packte den Rollstuhl. Ein zweiter legte der Frau Handschellen an.
Ich hörte, wie der Mann im Rollstuhl anfing zu schreien, aber die einzelnen Worte waren nicht zu verstehen.
Alles geschah blitzschnell. Kaum hatten sie die Frau in eines der Autos gesetzt, da war auch schon ein rollstuhlgerechtes Fahrzeug zur Stelle. Die Leute vom FBI waren gut vorbereitet, das musste man ihnen zugestehen. Sie verluden den geheimnisvollen Mann und verschwanden vom Ort des Geschehens. Die Straßenecke lag wieder genauso still und friedlich da wie sechzig Sekunden zuvor.
Ich sah Ned an. Er starrte noch immer auf den Monitor, aber seine Augen wirkten leer. Wenn ich hätte raten müssen, ich hätte vermutet, dass er in Gedanken bei jener furchtbaren Szene im Motel war. Waren diese beiden dafür verantwortlich? Hatten sie das alles geplant?
»Wo bringen sie die beiden denn hin?«, wollte ich wissen. »Weißt du das?«
Mahoney zuckte mit den Schultern. »In die Hölle, hoffentlich.«
75
Der Mann im Rollstuhl hieß Faizal Ahmad Angawi. Aber das FBI besaß verlässliche Informationen, die besagten, dass er innerhalb der Organisation einfach nur »Onkel« genannt wurde.
Als sie ihr Ziel erreicht hatten, wurde er aus dem Wagen geschoben und bekam die Augenbinde abgenommen.
»Ihr Wahnsinnigen! Wo in Gottes Namen habt ihr mich hingebracht?«, brüllte er die FBI-Agenten an. »Das ist gegen eure Gesetze.«
Sie befanden sich in einer riesigen, ungeheizten Fabrikhalle. Nichts, was Rückschlüsse auf den genauen Aufenthaltsort zulassen konnte. Eine Laderampe und eine lange Reihe leerer Metallregale an einer Wand, mehr war nicht zu erkennen. Von den Stahlträgern hoch oben an der Decke hingen ein paar Neonleuchten herab. Und außerdem war es ziemlich kalt.
Der CIA-Vemehmungsbeamte Matt Sivitz baute sich vor Angawi auf. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt, während der Mann im Rollstuhl ununterbrochen weiterschimpfte.
»Ich kenne meine Rechte! Das dürfen Sie gar nicht. Ich will sofort meinen Anwalt sprechen!«
»Aber selbstverständlich«, sagte Sivitz. »Sobald wir uns wieder in der realen Welt befinden, Mr. Angawi. Oder soll ich Sie Onkel nennen?«
Der Mann blickte aus zusammengekniffenen Augen zu ihm auf und zog gleichzeitig die Mundwinkel nach unten »Onkel? Was hat das denn zu bedeuten?«
»Beleidigen Sie mich nicht. Sie wissen ganz genau, was das zu bedeuten hat.« Sivitz spazierte zur Laderampe und holte sich einen Klappstuhl. Den baute er vor dem Rollstuhl auf und setzte sich dem anderen genau gegenüber. »Also, ich sehe das folgendermaßen«, fuhr
Weitere Kostenlose Bücher