Alex Cross - Cold
er fort. »Ich glaube, dass Sie irgendwie zwischen den Stühlen sitzen. Sie erstatten Bericht an Ihre Leute in Saudi-Arabien. Sie geben Befehle an die operativen Zellen weiter. Aber Sie können nichts bestimmen. Sie wissen zwar alles, haben aber keine Macht und das ist genau der Punkt, der Sie verwundbar macht. Kommt das in etwa hin?«
»Was soll da hinkommen?«, brüllte Angawi. »Das ist ein Skandal! Ich bin ein gesetzestreuer Bürger. Sehen Sie mich an!« Er griff nach den Rädern seines Rollstuhls und stellte fest, dass sie blockiert waren.
Sivitz hob den Zeigefinger, auch als eindeutige Warnung. »Um ehrlich zu sein, wir haben Sie schon eine ganze Weile unter Beobachtung.«
Er faltete einen Zettel auseinander und warf einen Blick darauf. »Sagt ihnen die Zahlenkombination 20852409 vielleicht etwas? Nein? Vielleicht haben Sie die Kontonummem ja nicht auswendig gelernt. Wie ist es mit der Trinity Bank in Washington? Die Saudi British Bank in Riad?«
Angawi wollte nichts davon wissen. »Sie dürfen mich nicht so einschüchtem«, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Meine Konten sind alle hundertprozentig legal.«
Sivitz nickte. »Die Konten, die auf den Namen Faizal Ahmad Angawi laufen, sind alle legal, das stimmt. Im Gegensatz zu denen, die Sie auf den Namen Muhammed AlAthel angelegt haben. Oder auf Charity of Hope oder Chesapeake Properties.« Er beobachtete den Mann bei diesen Worten genau, versuchte, seine Reaktion einzuschätzen, »Da landet doch das Geld von Al Ayla, nicht wahr? Sie dürfen mich jederzeit korrigieren, nur falls die eine oder andere Einzelheit nicht ganz richtig sein sollte.«
Der Gefangene ließ sich nicht das Geringste anmerken. Er strahlte lediglich reinsten, glühenden Hass aus.
»Ich habe das Recht auf einen Anwalt«, wiederholte er. »Ich bestehe darauf, dass Sie mich unverzüglich in die Moschee zurückbringen! Sofort! Haben Sie mich verstanden? Filmen Sie das alles?«
Sivitz stand ruckartig auf. Sein Stuhl fiel krachend auf den Betonfußboden. »Hören Sie mir zu«, sagte er. »Hören Sie mir ganz genau zu. Falls Sie Ihre Frau jemals Wiedersehen wollen, dann hören Sie sofort mit dieser jämmerlichen Unschuldsnummer auf und fangen an zu reden. Wer ist Ihre Kontaktperson in Saudi-Arabien?«
»Wollen Sie etwa meine Frau bedrohen?« Der Mann zitterte jetzt vor Wut.
»Nein, Faizal. Sie machen das. Ich sage nur, dass Sie beide den Rest Ihres Lebens in getrennten US-amerikanischen Gefängnissen verbringen werden, wenn Sie Ihre Haltung nicht überdenken. Also los, raus mit der Sprache: Wer führt die Aktionen in Ihrem Bezirk durch?«
»Das ist illegal! Rassismus! Empörend...«
»Wo sind Ethan und Zoe Coyle?«
Angawi beugte sich nach hinten und spuckte dem Agenten ins Gesicht.
Sivitz sah rot. Mit geballten Fäusten stürzte er sich auf den Mann, sodass dieser sich schützend hinter beide Arme duckte. Das bedeutete, dass er nicht immun gegen Schmerzen war. Gut zu wissen.
Sivitz musste noch einmal tief durchatmen, dann hatte er sich wieder im Griff. Er würde diesen Krüppel nicht schlagen. Keine blauen Flecken verursachen. Keine körperlichen Spuren hinterlassen. Stattdessen nahm er Angawis Kinn zwischen die Finger.
»Sehen Sie mich an«, sagte er.
Langsam hob der Mann den Blick.
»Wenn Sie Ihre Leute weiterhin so verheizen wollen wie bisher, dann bitte, tun Sie sich keinen Zwang an. Setzen Sie Ihre Frau am besten gleich mit auf die Liste. Mir ist das egal. Aber, bloß damit Sie Bescheid wissen... wir gehen hier erst weg, wenn Sie mir etwas verraten haben, was mich weiterbringt. Und... ich werde Ihnen wehtun.« Sivitz trat einen Schritt zurück und ließ den Gefangenen los. Er sah jetzt sichtlich erschüttert aus. »Namen, Faizal. Adressen. Ziele. Sie wissen genau, was ich hören will.«
Angawi holte tief Luft. Zum ersten Mal ließ sich nicht genau sagen, wie es weitergehen würde. Vielleicht machten sie ja doch langsam Fortschritte.
»Ich. Will. Meinen. Anwalt. Sprechen«, sagte Angawi, so langsam, dass es einer Provokation gleichkam. Dann legte er die Hände in den Schoß und neigte den Kopf, entweder um sich auszuruhen oder um zu beten. Es war schwer zu sagen.
Sivitz betrachtete ihn eine Zeit lang. Dann wandte er sich ab, zog ein Päckchen Kaugummi aus der Tasche und ging zur Tür. »Warum hab ich bloß mit dem Rauchen aufgehört, verdammt noch mal«, knurrte er vor sich hin.
Es würde eine lange Nacht werden.
76
Der Flur, der bei der
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