Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
bat er darum, neben Mutter begraben zu werden. Ich habe die Asche von einem von Franks Hilfskellnern in die Chesapeake Bay kippen lassen. Hinter dem Restaurant, wo die Mülltonnen stehen. Wollen Sie noch ein bisschen mehr Kaffee?«
Als wir tranken, entschuldigte sie sich und kehrte mit einem vergilbten Zeitungsausschnitt in einer Klarsichthülle zurück.
Ehemaliger Schulrektor ermordet .
»Könnten wir uns eine Kopie davon machen?«, fragte Milo.
»Glauben Sie, das hat irgendetwas mit Elises Ermordung zu tun? Ich sehe da keinerlei Zusammenhang.«
»Sie haben sicher recht, Ms. Stuehr, aber bei zwei Morden innerhalb einer Familie sollte man sich die Sache zumindest genauer ansehen.«
»Der Fluch der Freemans«, sagte sie. »Wissen Sie, als Sie gestern Abend angerufen und mir mitgeteilt haben, was Elise passiert ist, habe ich darüber nachgedacht. Ich habe mich gefragt, ob unsere Familie dem Tod geweiht ist und ich die Nächste bin. Als ich heute Morgen aufgewacht bin, kam ich zu dem Schluss, dass es dummer Aberglaube ist. Und dass ich mir lieber einen schönen Tag machen sollte – wissen Sie was, Sie brauchen sich gar nicht die Mühe zu machen und den Bericht kopieren. Behalten Sie ihn. Ich weiß sowieso nicht, warum ich ihn überhaupt aufgehoben habe.«
»Was Sie uns über Ihren Vater erzählt haben«, sagte ich, »könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb sich Elise auf so eine hochriskante Lebensweise eingelassen hat.«
»Inwiefern?«
»Sie hat getrunken bis zum Umfallen.«
Sandra Stuehr bekam große Augen. »Das soll wohl ein Witz sein? Sind Sie sicher?«
»Absolut.«
»Wow«, sagte sie. »Ich dachte immer, sie wäre diejenige, die sich zusammenreißen kann. Seit sie einundzwanzig wurde, hat sie mir nur noch hochtrabende Vorträge darüber gehalten, dass ich meinen Alkoholkonsum in den Griff kriegen müsste. Wir waren beide auf dem Blessed, sie war in der Abschlussklasse, ich im zweiten Studienjahr. Ich hab’s damals ziemlich heftig krachen lassen.«
»Haben Sie sich auf dem College oft getroffen?«
»Eigentlich nicht. Es ist zwar ein kleines College, aber wir haben es trotzdem geschafft, uns aus dem Weg zu gehen. Womit hat sie sich am liebsten die Kante gegeben?«
»Wodka.«
»Interessant«, sagte Sandra Stuehr. »Noch eine Gemeinsamkeit.«
Sie trank einen Schluck Fresca. »Das passt zu ihr. Ein Teil ihrer Predigt lautete: ›Wenn du schon so verbohrt und neben der Spur sein willst, Sandy, dann trink wenigstens Wodka. Davon bekommt man keine Fahne, und niemand merkt, dass du ein Schluckspecht bist‹.«
»Sie sind sich aus dem Weg gegangen, aber trotzdem kam sie dazu, Ihnen Vorträge zu halten«, wandte ich ein.
»Das ist es ja gerade. Meine schönste Zeit waren die beiden Jahre, nachdem sie ihren Abschluss gemacht hatte. Da konnte ich endlich ich selbst sein. Hat sie sonst noch irgendetwas Unverantwortliches gemacht?«
»Im Labor der Rechtsmedizin hat man Opiate in ihrem Körper gefunden«, sagte Milo.
»So was wie Heroin?«
»Oder etwas Ähnliches.«
Sandra Stuehr legte die Hand an ihre Wange, als müsste sie ihren Kopf stützen. »Unglaublich.«
»Menschen verändern sich«, sagte Milo.
»Es gibt Veränderungen, und es gibt die totale Farce«, sagte sie. »Ich habe sie immer als die Kluge gesehen. Haben Sie sonst noch irgendwelche niederschmetternden Erkenntnisse über meine Schwester?«
»Sie hat in der Nähe der Pimlico-Rennbahn gewohnt«, sagte Milo. »Gab es irgendwelche Hinweise darauf, dass Elise auf Pferde gewettet hat?«
»Sie hat gezockt ?«, sagte Sandra Stuehr. »Ich komme mir gerade vor, als würde ich sie jetzt erst richtig kennenlernen. Nein, ich habe sie nie auf irgendetwas wetten sehen, und ich habe mit Sicherheit einige Zeit auf der Pimlico zugebracht. Sie war die Schlaue, Leute. Summa cum laude am Blessed, die Hopkins hat ihr ein Stipendium für einen weiterführenden Studiengang in Englisch angeboten. Ich hingegen habe mit Ach und Krach die Lehramtsprüfung bestanden. Was vor allem daran lag, dass ich durch meine Beziehung mit Frank abgelenkt war. Sie ist auf die Rennbahn gegangen?«
»Nein, aber sie ist nach Reno gefahren und hat Blackjack gespielt.«
»Das muss erblich sein. Er hat auf Pferde gewettet. War aber nichts Ernsthaftes, soweit ich weiß. Er hat zwanzig, dreißig Dollar mitgenommen und seine Verluste als ›Freizeitkosten‹ abgetan. Ansonsten war er ein absoluter Geizkragen. Wie oft war Elise in Reno?«
»Wir wissen nur von einem Mal«, sagte
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