Alex Rider 02: Gemini-Project: Alex Riders zweiter Fall
würde sie nach Amerika zurückgeschickt und Alex in ein Heim gesteckt werden.
Das war natürlich glatte Erpressung.
»Es geht ihr gut«, knurrte Alex wütend.
Jetzt ergriff Mr s Jones die Initiative. »Nun komm schon, Alex«, sagte sie. »Warum tust du so, als seist du immer noch ein normaler Schuljunge?«
Sie versuchte, freundlich zu klingen, eher wie eine Mutter. Auch Schlangen haben Mütter, dachte Alex.
»Du hast dich schon einmal bewährt«, fuhr sie fort. »Wir geben dir die Chance, es noch einmal zu tun.«
»Es wird wahrscheinlich nichts dabei herauskommen«, fuhr Blunt fort. »Es ist nur etwas, was überprüft werden muss. Das, was wir gewöhnlich eine Routineuntersuchung nennen.«
»Warum kann Crawley das nicht machen?«
»Wir brauchen einen Jungen.«
Alex sagte kein Wort mehr. Er ließ den Blick zwischen Mr s Jones und Blunt hin und her wandern. Er wusste, dass keiner von beiden auch nur eine Sekunde zögern würde, ihn von der Brookland-Schule zu nehmen und in die trostloseste Schule, die sie finden konnten, zu stecken. Und hatte er sich nicht gerade am Tag zuvor gewünscht, ein neues Abenteuer zu erleben? Eine weitere Chance, die Welt zu retten?
»Okay«, sagte er. »Worum geht es diesmal?«
Blunt nickte Mr s Jones zu, die ein Bonbon auswickelte und zu sprechen anfing.
»Weißt du zufällig etwas über einen Mann namens Michael J . Roscoe?«, fragte sie.
Alex überlegte einen Moment. »Roscoe war der Geschäftsmann, der in New York einen Unfall hatte.« Er hatte die Nachricht im Fernsehen gesehen. »Ist er nicht einen Aufzugsschacht hinuntergefallen, oder so was?«
» Roscoe Electronics ist eines der größten Unternehmen in Amerika«, erklärte Mr s Jones. »Ja sogar eines der größten der Welt. Computer, Videos, DVD-Recorde r … einfach alles, vom Handy bis zu Waschmaschinen. Roscoe war sehr reich, sehr einflussreich –«
»Und sehr kurzsichtig«, unterbrach Alex sie.
»Es war sicherlich ein ebenso seltsamer wie leichtsinniger Unfall«, stimmte Mr s Jones ihm zu. »Der Aufzug war defekt. Roscoe hat nicht darauf geachtet, wo er hintrat. Er fiel in den Aufzugsschacht und starb. Das ist die offizielle Version. Wir sind uns da aber nicht so sicher.«
»Wieso nicht?«
»Zunächst gibt es da eine ganze Reihe von Einzelheiten, die nicht zusammenpassen.
An dem Tag, an dem Roscoe starb, kam Sam Green, ein Wartungsingenieur, in den Roscoe Tower in der Fifth Avenue. Wir wissen, dass es Green war – oder jemand, der ihm sehr ähnlich sah –, weil wir ihn gesehen haben. Sie haben Überwachungskameras und er wurde beim Hineingehen gefilmt. Die Firma, für die er arbeitete, bleibt aber dabei, dass es kein defektes Kabel gab, und Green auch nicht in deren Auftrag handelte.«
»Warum reden Sie nicht mit ihm?«
»Das würden wir gerne. Aber Green ist spurlos verschwunden. Wir glauben, dass er vielleicht getötet wurde und jemand seine Stelle eingenommen und irgendwie den Unfall inszeniert hat, bei dem Roscoe ums Leben kam.«
Alex zuckte die Schultern. »Tut mir leid wegen M r Roscoe. Aber was hat das mit mir zu tun?«
»Darauf komme ich noch.« Mr s Jones schwieg einen Moment lang. »Das Seltsamste ist, dass Roscoe einen Tag bevor er starb hier im Büro anrief. Ein persönlicher Anruf. Er wollte M r Blunt sprechen.«
»Ich habe Roscoe an der Cambridge University kennengelernt«, fuhr Blunt fort. »Es ist lange her. Wir wurden Freunde.«
Das überraschte Alex. Blunt gehörte für ihn nicht zu der Sorte Mann, die Freunde hat. »Was hat er gesagt?«, fragte er.
»Leider war ich nicht hier, als er anrief«, antwortete Blunt, »wollte aber am nächsten Tag mit ihm sprechen. Aber da war es schon zu spät.«
»Haben Sie irgendeine Ahnung, was er wollte?«
»Ich habe mit seiner persönlichen Assistentin gesprochen«, sagte Mr s Jones. »Sie konnte mir zwar nicht viel sagen, aber soviel sie wusste, machte sich Roscoe große Sorgen um seinen Sohn. Er hat einen vierzehnjährigen Sohn, Paul Roscoe.«
Einen vierzehnjährigen Sohn. Alex kapierte allmählich, worauf die Sache hinauslief.
»Paul war sein einziger Sohn«, erklärte Blunt. »Die beiden hatten ein ziemlich schwieriges Verhältnis. Roscoe ließ sich vor einigen Jahren scheiden, und obwohl der Junge sich dafür entschied, bei seinem Vater zu bleiben, kamen sie nicht besonders gut miteinander aus. Es handelte sich um die üblichen Pubertätsprobleme, aber bei Millionärssöhnen scheinen diese Probleme manchmal noch gravierender zu sein.
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