Alex Rider 1: Stormbreaker: Alex Riders erster Fall
redete, immer lebhafter geworden, schien sich mitreißen zu lassen von seinem eigenen Enthusiasmus. Er war plötzlich ein ganz anderer Mensch, musste Alex sich eingestehen. War ihm Herod Sayle zunächst höchst unangenehm gewesen – kein Wunder, dass ihm auch Blunt und die gesamte MI6-Abteilung des Geheimdienstes nicht über den Weg trauten –, musste Alex jetzt seinen ersten Eindruck wieder korrigieren. Immerhin stand er hier vor einem der reichsten Männer Englands, einem Mann, der aus reiner Herzensgüte beschlossen hatte, den britischen Schulen ein großes Geschenk zu machen.Nur weil Sayle klein und schleimig war, hieß das noch lange nicht, dass er ein Feind sein musste. Vielleicht täuschte sich Blunt in ihm.
»Ah! Da kommt mein Butler!«, rief Sayle aus. »Wird auch verdammt noch mal höchste Zeit!«
Ein Mann war eingetreten. Er trug einen schwarzen Frack und war sehr groß und sehr mager – das genaue Gegenteil seines kleinen, dicken Herrn. Seine Gesichtshaut war so hell wie Alabaster, und sein Haar war weißblond, sodass Alex im ersten Augenblick glaubte, er hätte einen Albino vor sich. Breit grinsend blickte der Mann auf Alex, doch als er näher kam, hielt Alex den Atem an: Der Butler grinste keineswegs, sondern zwei grauenvolle Narben zogen sich von den beiden Mundwinkeln über die Wangen fast bis zu den Ohren. Es schien, als habe jemand versucht, sein Gesicht mitten durchzuschneiden. Die Narben waren grauenvoll lila, darüber befanden sich noch eine Reihe kleinerer Narben, die offenbar von dem Versuch herstammten, die Wunden zusammenzunähen.
»Ich möchte dir Mr Grin vorstellen«, sagte Sayle. »So nennt er sich seit dem Unfall.«
»Was für ein Unfall?«, fragte Alex mit etwas schwacher Stimme. Er war eigentlich nicht besonders an den Einzelheiten interessiert, doch fiel es ihm schwer, den Blick von dem entstellten Gesicht abzuwenden.
»Mr Grin hat früher in einem Zirkus gearbeitet – er führte einen ganz ungewöhnlichen Messerwurf vor. Der Höhepunkt war, dass er ein durch die Luft wirbelndes Messer mit den Zähnen auffing. Das klappte immer, aber einesTages saß plötzlich seine Mutter unter den Zuschauern. Sie winkte ihm zu und Mr Grin verpasste den richtigen Zeitpunkt ... Er ist schon seit über zehn Jahren mein Butler. Schon möglich, dass seine Erscheinung ein wenig befremdlich wirkt, aber er ist treu und sehr effizient. Er kann sich übrigens nicht mit dir unterhalten – seine Zunge ging damals ebenfalls verloren.«
»Uuuaaagh!«, sagte Mr Grin.
»Sehr erfreut«, murmelte Alex.
»Alex wird im blauen Gästezimmer untergebracht«, ordnete Mr Sayle an. »Bringen Sie ihn bitte dorthin.« Er wandte sich an Alex. »Du hast Glück – das blaue Zimmer ist eines der schönsten in diesem Haus, es ist erst vor Kurzem frei geworden. Ein Mann vom staatlichen Sicherheitsdienst übernachtete dort. Aber dann reiste er ganz plötzlich ab.«
»Wirklich? Warum denn?«, fragte Alex und bemühte sich, so gleichgültig wie möglich zu klingen.
»Ich habe keine Ahnung. Er blieb eine ganze Weile, und dann war er plötzlich verschwunden.« Sayle lächelte. »Ich hoffe, dass du es ihm nicht nachmachst, Alex.«
»Ooooh-miiieee!« Mr Grin wies höflich zur Tür. Alex vermutete, dass er »Folge mir« hatte sagen wollen.
Herod Sayle blieb vor dem riesigen Aquarium stehen; die Qualle hing über ihm, als wolle sie ihn mit ihren langen Tentakeln umarmen.
Alex folgte Mr Grin aus dem Raum.
Mr Grin führte ihn einen Flur entlang, dann eine Treppe in den ersten Stock hinauf, wieder durch einen Flur, in demgroße Kristalllüster hingen und dessen Boden mit einem dicken Teppich belegt war. Mehrere dunkle, schwere Eichentüren gingen von hier ab. Alex vermutete, dass Gäste und Besucher im Haupthaus untergebracht wurden und dass auch Mr Sayle hier wohnte. Aber die Computer wurden zweifellos in den modernen Gebäuden hergestellt, die er unterwegs gesehen hatte. Wahrscheinlich würde man ihm morgen die Computerproduktion zeigen.
Sein Zimmer befand sich am Ende des Flurs – ein riesiger Raum mit einem gewaltigen Himmelbett. Von den Fenstern aus blickte man auf die Auffahrt mit der großen Fontäne. Inzwischen war es dunkel geworden; die Fontäne schoss etwa zehn Meter in die Höhe und fiel dann über eine Statue in das Brunnenbecken zurück. Die Statue hatte eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Mr Sayle und wurde von einem Dutzend verborgener Spotlights angestrahlt. Neben den Fenstern stand ein Tisch, auf dem man
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