Alex Rider 5: Scorpia: Alex Riders fünfter Fall
verbergen.« Alex fuhr sich unwillkürlich mit der Zunge über die Zahnspange. Die musste sie doch längst bemerkt habe n …
»Ich weiß, aber ich bin nun einmal sehr vorsichtig.«
»Gehen wir«, sagte Nile und zeigte mit einem Daumen auf die Badezimmertür. Ihn schien das alles unglaublich zu amüsieren.
Zwanzig Minuten später gingen Alex und Nile nach unten. Alex trug jetzt eine locker sitzende Jeans und ein Hemd mit rundem Kragen. Nile hatte ihm die Sachen mitgebracht, dazu auch frische Socken, Turnschuhe und Unterwäsche. Mr s Jones hatte Recht gehabt. Nile hätte alles gefunden, auch die winzigste Kleinigkeit.
Und dennoch war ihm die Zahnspange nicht aufgefallen.
»Und?«, fragte Mr s Rothman. Sie hatte es eilig.
»Er ist sauber«, antwortete Nile.
»Gut. Dann können wir ja los.«
Eine alte Standuhr in einer Ecke des schwarz-weiß gefliesten Hausflurs schlug gerade zwei, als Alex daran vorbeiging.
»Ist es schon so spät?«, fragte Mr s Rothman. Sie streichelte Alex’ Wange. »Dann bleiben dir noch zwei Stunden, Alex.«
»Zwei Stunden, bis was passiert?«
»In zwei Stunden wirst du alles wissen.«
Sie machte die Haustür auf.
Draußen wartete ein Auto. Sie stiegen ein und fuhren in südlicher Richtung durch halb London, an Aldwych vorbei und über die Waterloo Bridge, und für einige Sekunden genoss Alex die Aussicht auf einige der berühmtesten Sehenswürdigkeiten von London: das Parlament, Big Ben und das Millennium Wheel am gegenüberliegenden Ufer. Wie würde es dort in zwei Stunden aussehen? Alex versuchte sich die Krankenwagen und Polizeiautos vorzustellen, wie sie mit jaulenden Sirenen durch die Stadt rasten, die ungläubig starrenden Leute auf den Straßen, die kleinen Leichen überall auf den Bürgersteigen. Es wäre wie im Krie g – nur dass kein einziger Schuss abgefeuert würde.
Und dann waren sie auf dem Südufer der Themse und fuhren durch Waterloo nach Osten. Die Häuser wurden älter und staubiger, als seien sie nicht nur wenige Kilometer gefahren, sondern auch noch ein paar Hundert Jahre in die Vergangenheit. Alex saß hinten neben Nile, Mr s Rothman vorne neben dem unbewegt geradeaus blickenden Fahrer. Alle schwiegen. Es war warm im Aut o – die Sonne schie n –, aber Alex spürte eine Spannung, die ihn frösteln ließ. Er war überzeugt, dass sie zu irgendeinem hohen Gebäude fuhren, in dem das Unsichtbare Schwert versteckt sein musste, hatte aber keine Ahnung, was das sein könnte. Ein Bürohochhaus? Oder ein noch unfertiger Neubau? Er starrte aus dem Fenster, drückte die Stirn an die Scheibe und versuchte ruhig zu bleiben.
Sie waren da.
Das Auto hatte an einem freien Stück Straße angehalten, das nach fünfzehn Metern als Sackgasse endete. Mr s Rothman und Nile stiegen aus. Alex folgte ihnen, und als er die Umgebung genauer in Augenschein nahm, schwand sein Mut. Anscheinend hatten sie ihn doch nicht dorthin gebracht, wo die Satellitenschüsseln versteckt waren. Weit und breit kein einziges hohes Gebäude. Die Straße, die fast so breit wie lang war, bestand ausschließlich aus verfallenen Läden, deren Fenster zugenagelt oder eingeschlagen waren. Und überall lag Müll herum: zerfetzte Zeitungen, verbeulte Dosen und leere Chipstüten.
Dann wurde Alex auf das Gebäude am Ende der Straße aufmerksam. Es war eine Kirche, die man eher in Rom oder Venedig als in London erwartet hätte. Offenbar schon vor langer Zeit aufgegeben und in baufälligem Zustand, war ihre einstige Pracht aber doch noch spürbar. Zwei gewaltige Säulen trugen das dreieckige Vordach über dem Hauptportal. Marmorstufen führten zu der riesigen, grün angelaufenen Bronzetür. Dahinter erhob sich das Kirchenschiff, dessen Kuppel in der goldenen Nachmittagssonne glänzte. An der Treppe und oben am Rand des Daches standen Statuen, denen das Wetter im Lauf der Zeit übel mitgespielt hatte. Einigen fehlten die Arme, viele hatten keine Gesichter mehr. Früher einmal waren das Heilige und Engel gewesen. Nach zweihundert Jahren in London waren sie nur noch Krüppel.
»Warum sind wir hier?«, fragte Alex.
Mr s Rothman stand neben ihm und sah zu der Kirche hinauf. »Ich dachte, du würdest den Abschluss der Operation Unsichtbares Schwert gern miterleben.«
»Unsichtbares Schwert? Ich weiß doch gar nicht, was das ist.« Ohne sich zu verraten, suchte Alex nach irgendwelchen Hinweisen auf die Satellitenschüsseln. Auf der Kuppel schien nichts zu sein, und überhaupt, die Kuppel war zwar eindrucksvoll, aber
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