Alex Rider 6: Ark Angel
Stuhl.
»Hat Paul dir alles gezeigt?«, fragte Drevin.
»Ja. Ein wirklich fantastisches Anwesen.«
»Ich habe es gekauft, als ich das erste Mal in deinem Heimatland war. Ursprünglich war Neverglade ein Herrenhaus, gebaut im sechzehnten Jahrhundert. Angeblich hat Queen Elizabeth I. hier einmal zu Besuch geweilt und im großen Saaleine Aufführung von Shakespeares Was ihr wollt gesehen. Aber die Architektur hat mir nicht gefallen. Das Haus war zu dunkel und hatte nur elf Zimmer. Das war mir zu klein.«
»Und was dann?«
Drevin seufzte. »Dann ist ein furchtbares Unglück passiert. Das Haus ist abgebrannt. Das Schloss, wie es hier steht, ist aus der Asche wiederauferstanden – oder um genau zu sein, ich habe es hierhergebracht. Habt ihr zwei euch schon überlegt, was ihr morgen unternehmen wollt?«
»Ich hab gedacht, wir könnten einen Spaziergang machen«, sagte Paul.
Drevin drehte sich zu seinem Sohn um, und Alex sah in seinen grauen Augen etwas wie Verachtung aufblitzen. »Du wirst dir doch wohl etwas Aufregenderes ausdenken können!«, sagte er. »Wie wär’s, wenn ihr einen Ausritt machen würdet? Ihr könnt auch die Fahrräder nehmen. Obwohl, ihr sollt euch ja erst mal erholen. Paul von seiner Blinddarmoperation. Und du, Alex« – er sah ihn an – »von deinem Fahrradunfall.«
»Stimmt, der war wirklich übel.« Zweifelte Drevin an seiner Geschichte? »Ich bin über den Lenker geflogen und in einen Zaun gekracht.«
»Da musst du ja sehr schnell gefahren sein.«
»Allerdings, jedenfalls bis ich in dem Zaun gelandet bin.«
»Dann sind Fahrräder vielleicht keine so gute Idee.« Drevin dachte nach. Er fummelte an seinem Ring herum, aber seine Miene blieb unbewegt. Dieser Mann war es gewohnt, seine Geheimnisse für sich zu behalten. »Ich sag euch was«, meinte er schließlich. »Ich habe morgen Früh eine Telefonkonferenz. Es ist nur noch gut eine Woche bis zum Start, und da muss ichmit meinen Leuten und der NASA und natürlich mit der britischen Regierung ständig in Kontakt bleiben. Aber am Nachmittag könnten wir ein kleines Wettrennen veranstalten.«
»Mit Pferden?«
»Mit Gokarts. Du hast vielleicht unsere Rennbahn gesehen. Die habe ich für Paul gebaut, aber er benutzt sie nur selten.«
»Ich will ja!«, rief Paul. »Aber es macht nun mal keinen Spaß, immer gegen sich allein zu fahren.«
Drevin überhörte seinen Einwand. »Ich habe mehrere Wagen«, fuhr er fort. »Das wird dir bestimmt gefallen, Alex. Du gegen mich. Was meinst du?«
»Klar, machen wir.« Alex war nicht ganz wohl dabei, aber die Art und Weise, wie er gefragt wurde, erlaubte keine andere Antwort.
»Und damit es noch interessanter wird, könnten wir eine kleine Wette abschließen. Wenn du mich schlägst, bekommst du von mir tausend Pfund.«
»Ich weiß nicht, ob ich tausend Pfund haben möchte«, sagte Alex zögernd.
»Nun, wenn das so ist, spende ich es einer wohltätigen Organisation deiner Wahl. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Du hast absolut keine Chance, gegen mich zu gewinnen. Paul kann den Starter machen. Um zwei Uhr. Abgemacht?«
»Na schön.«
Drevin nahm Messer und Gabel und begann zu essen. Alex bemerkte, dass Paul noch nichts auf seinem Teller angerührt hatte. Die tiefe Kluft zwischen Vater und Sohn war nicht zu übersehen. Die zeigte sich an jedem Wort, das hier gesprochen wurde, in jedem Augenblick, den sie zusammen waren. Wiedereinmal fragte er sich, was er hier eigentlich sollte. Und wieder kamen ihm Zweifel, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, Drevins Einladung zu folgen.
Z wei Stunden später ging Alex allein zu seinem Zimmer zurück. Nikolei Drevin war im Garten, um eine Zigarre zu rauchen.
Paul hatte gesagt, er sei schrecklich müde, und sich bereits schlafen gelegt.
Er schlenderte im Erdgeschoss umher und stieß auf den Kraftraum und das olympiagroße Schwimmbecken. Alex bekam Lust, vor dem Schlafengehen noch ein paar Bahnen zu ziehen. Er war überhaupt nicht mehr müde. Er wollte in das Wasser eintauchen und die Erinnerungen an seinen ersten Tag in Neverglade abspülen. Und er sehnte sich danach, mit Jack Starbright zu telefonieren. Sie musste inzwischen in Amerika gelandet sein. Es tat ihm immer noch leid, dass sie nicht mitgekommen war, und irgendwie hatte er das Gefühl, dass er sie im Stich gelassen hatte. Vielleicht hätte er lieber mit ihr fahren sollen.
Er kam an der Tür zu Drevins Arbeitszimmer vorbei. Paul hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, aber sie waren nicht
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