Alex Rider 6: Ark Angel
einfach nicht von Manchester United weggehen dürfen. Außerdem verbrachte er mehr Zeit als Werbemodel für Mode und Aftershave als auf dem Fußballplatz. Seine letzten Auftritte in der Nationalmannschaft waren katastrophal gewesen. Das halbe Land war wütend auf ihn, und das wirkte sich jetzt wohl auf sein Spiel aus.
Das nächste Tor war ein reiner Glückstreffer. Vor dem Kasten von Chelsea gab es ein undurchsichtiges Gewühl, in dem der Ball gar nicht mehr zu sehen war. Plötzlich hatte ein Stratford-Spieler seinen Fuß dran. Der Ball prallte vom Oberschenkel eines anderen Spielers ab und sauste knapp an den ausgestreckten Fingern des Torhüters von Chelsea ins Netz. Das war zwar keine fußballerische Glanzleistung, aber immerhin stand es jetzt, fünfzehn Minuten vor Schluss, nur noch 2:1 für Chelsea.
Danach verlor Chelsea irgendwie die Kontrolle über das Spiel. Alex feuerte sie innerlich an, er hoffte inständig, sie würden die knappe Führung bis zum Schlusspfiff halten können. Aber er ließ sich selbstverständlich aus Höflichkeit gegenüber seinem Gastgeber nichts anmerken und widerstand der Versuchung, mit den anderen zusammen lautstark in die Chelsea-Fangesänge einzufallen.
Neunzig Minuten waren vorbei. Es sah aus, als hätte Chelsea das Spiel gewonnen. Aber dann, in der dritten Minute der Nachspielzeit, kam plötzlich wie aus dem Nichts für Stratford East die Chance zum Ausgleich: ein Foul im Strafraum von Chelsea. Ein Stratforder Spieler wälzte sich am Bodenund hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Bein. Das mochte Schauspielerei sein (Alex war sich sicher, dass es eine Schwalbe war), der Schiedsrichter ging jedenfalls darauf rein. Ein Pfiff. Die nächste Gelbe Karte. Ein ungläubiger Aufschrei der Menge. Elfmeter für Stratford East. Der letzte Torschuss des Spiels.
Adam Wright trat an.
Er hatte schon zahllose Strafstöße für England verwandelt. Alex hatte ihn bei der letzten Europameisterschaft gesehen, wo er gegen Portugal in Hochform gewesen war; da hatte er den Ball mit atemberaubender Lässigkeit ins Netz befördert. Und genau das würde er jetzt wohl auch tun.
Plötzlich war es im Stadion ganz still geworden. Nach dem Lärm zuvor war es erstaunlich, dass über zweiundvierzigtausend Menschen so leise sein konnten. Alex sah zu Drevin hinüber, der vier Plätze weiter saß. Sein ganzer Körper war angespannt, aber auf seinem Gesicht lag so etwas wie ein Lächeln. Er wusste, dass Stratford East dieses Spiel unmöglich noch gewinnen konnte. Aber ein Unentschieden wäre auch nicht schlecht. Ein Unentschieden war keine Demütigung.
Adam Wright legte den Ball auf den Elfmeterpunkt.
Die anderen Stratford-Spieler stellten sich hinter ihm auf. Der Torhüter von Chelsea ging in die Hocke und rieb sich die Hände. Der Augenblick schien sich zu einer Ewigkeit auszudehnen. Die Menge hielt den Atem an.
Adam Wright fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. In dieser Saison trug er sie lang, mit blonden Strähnchen. Der Schiedsrichter hob die Pfeife an den Mund. Ein kurzer schriller Pfiff. Wright lief aufreizend lässig an und trat.
Alex sah ungläubig zu.
Etwas war furchtbar schiefgegangen. Der Torwart hatte sich täuschen lassen und tauchte ins linke Eck, aber der Ball hatte das Tor gar nicht getroffen. Ein Klumpen aus Gras und Erde segelte in eine Richtung, der Ball in die andere, mindestens einen Meter über die Latte. Adam Wright erkannte, was passiert war, und selbst von der Tribüne aus glaubte Alex den Schreck in seinen Augen sehen zu können. Dann schien die allgemeine Erstarrung sich langsam zu lösen. Der Torwart reckte beide Fäuste in die Luft. Die Stratforder Spieler standen wie betäubt herum. Die Chelsea-Fans brachen in tosenden Jubel aus; die aus Stratford angereisten Fans waren gelähmt vor Entsetzen.
Und Drevin? Er war totenblass geworden. Seine Hände krampften sich umeinander, sein Blick war ganz leer.
Ein paar Sitze von ihm entfernt brach Cayenne James in nervöses Kichern aus. »Du liebe Zeit!«, quietschte sie.
Drevin drehte sich zu ihr um, und Alex sah, dass er nicht mal versuchte, seine Verachtung zu verhehlen.
Und dann war es aus. Der Schiedsrichter beendete das Spiel. Der Schlusspfiff kam, und die beiden Mannschaften gingen aufeinander zu, schüttelten sich die Hände und tauschten ihre Trikots miteinander. Musik dröhnte aus den Lautsprechern, als auf den Anzeigetafeln der Endstand erschien. 2:1 für Chelsea. Die Ordner nahmen Aufstellung, und die Menge
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