Alex Rider 6: Ark Angel
Hütte und ging zur nächsten. Die war noch kleiner. Dort gab es bloß vier Duschkabinen mit Holzbänken davor. Der Boden war gefliest. An der Wand ein paar Haken, an denen feuchte Handtücher hingen. Auch hier war niemand.
In der dritten Hütte fand er endlich, was er suchte. Hier zogen die Wachen sich für die Arbeit um. Frisch gebügelte Uniformen in Metallspinden, polierte Stiefel, ordentlich an der Wand aufgereiht. Genau wie Tamara gesagt hatte.
Alex musste unwillkürlich grinsen, als er in die Hosentasche griff und das Fläschchen hervorzog, das Smithers ihm gegeben hatte. Er warf einen Blick auf das Etikett – STINGO –, schraubte den Verschluss ab und träufelte den Inhalt auf die Uniformen der Wachmänner. Die Flüssigkeit war farbneutral und absolut geruchlos. Die Männer würden nicht den leisesten Verdacht schöpfen.
Draußen ertönte ein leiser Pfiff: das mit Tamara verabredete Warnsignal. Er verließ die Hütte durch die Hintertür und glitt in die Dunkelheit. Er hörte einen Buggy kommen. Die Wachablösung. Perfektes Timing.
Als Alex wieder zu Tamara stieß, fuhr gerade der Buggyvor. Drei Männer in weiten Shorts und T-Shirts stiegen aus. Einen von ihnen kannte Alex. Es war Kolo, der Taucher, der ihn dem sicheren Tod überlassen hatte. Das freute ihn. Wenn es einer verdient hatte zu leiden, dann Kolo.
»Meinst du, das wird was?«, flüsterte Tamara, als die drei Männer in der Umkleidehütte verschwanden.
»Keine Sorge«, antwortete Alex. »Smithers hat mich noch nie enttäuscht.«
Fünf Minuten später traten die drei Männer in ihren Overalls vor das Häuschen. Alex und Tamara sahen zu, wie sie zum Kontrollpunkt gingen, um ihre Kollegen dort abzulösen. Sie wechselten mit gesenkten Stimmen ein paar Worte, dann nahmen sie ihre Positionen ein. Die drei anderen gingen zur Hütte, um sich umzuziehen, und fuhren wenige Minuten später mit dem Buggy davon.
»Wir müssen näher heran«, flüsterte Alex. Er wollte unbedingt sehen, wie die Sache weiterging.
Kolo saß in dem Wachhäuschen vor einer Reihe Telefone und Monitore. Das Fenster stand offen, sodass er mit den anderen beiden reden konnte, die jetzt bewaffnet vor dem Zaun Aufstellung genommen hatten. Eine undankbare Aufgabe, dachte Alex, die ganze Nacht bloß so herumzustehen und darauf zu warten, dass nichts passiert. Und die drei ahnten nicht, dass diese Nacht besonders schlimm werden würde.
Alex bemerkte es sofort. Die im Licht der Bogenlampen tanzenden Insektenwolken waren dichter geworden. Vorhin waren es Hunderte gewesen. Jetzt waren es Tausende. Unmöglich zu erkennen, was für ein Ungeziefer das war: Käfer, Fliegen, Kakerlaken oder Moskitos. Es waren einfach nurschwarze Flecken mit hektisch schwirrenden Flügeln, langen Fühlern und baumelnden Beinen. Es waren so viele, dass die Lampen merklich dunkler wurden.
Kolo schlug sich ins Gesicht. Das Geräusch schallte erstaunlich laut durch die schwüle Hitze der Nacht. Einer der anderen Männer fluchte leise und kratzte sich unterm Arm. Kolo schlug sich ein zweites Mal ins Gesicht, dann auf den Nacken. Die beiden anderen gingen gereizt hin und her und sahen bald aus, als führten sie einen seltsamen Tanz auf. Einer rieb sich mit dem Schaft seines Maschinengewehrs die Brust, dann schwang er es über die Schulter und kratzte sich damit den Rücken. Kolo wedelte wie verrückt mit den Händen vor seinem Gesicht herum. Er schien kaum noch Luft zu bekommen, und Alex sah auch warum. Tausende und Abertausende Insekten waren in das Wachhäuschen eingedrungen. Kolo durfte nicht den Mund aufmachen, wollte er keine geflügelte Zwischenmahlzeit zu sich nehmen.
Die von Smithers entwickelte Moskitolotion hatte eine ungeheure Wirkung. Die drei Wachleute zogen sämtliche Insekten der Insel an.
Die beiden im Freien schlugen wie verrückt um sich, kreischten und sprangen herum, als würden sie mit Elektroschocks behandelt. Auch Kolo schrie mittlerweile wie am Spieß. Alex sah einen riesigen rotbraunen Tausendfüßer an seinem Hals hängen. Von der Haut des Mannes war nur noch sehr wenig zu sehen. Er war über und über mit beißenden und stechenden Insekten bedeckt. Sie krabbelten ihm in Augen, Ohren und Nase und er schlug unaufhörlich schreiend mit beiden Fäusten wild auf sich ein.
Einer der Monitore, in dem es von Insekten wimmelnmusste, bekam einen Kurzschluss und explodierte; ein Funkenregen ging hernieder. Das brachte das Fass endgültig zum Überlaufen. Blind und fluchend stemmte Kolo sich
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