Alex Rider 7: Snakehead
Anlegeplatz. Sie würden es ohne die gefälschten Papiere versuchen müssen. Er hoffte nur, dass Ash Verständnis dafür aufbringen konnte.
Wat Ho
M ajor Winston Yu wählte ein Sandwich mit Ei und Kresse und nahm es vorsichtig zwischen seine behandschuhten Finger. Er war im Ritz Hotel in London, das noch immer sein Lieblingshotel war, auch wenn für seinen Geschmack zu viele Touristen in die Räumlichkeiten eingelassen wurden. Und der Nachmittagstee war in jedem Fall seine Lieblingsmahlzeit. Er liebte die kleinen, in perfekte Dreiecke geschnittenen Sandwiches und anschließend ein Scone mit Marmelade und Sahne. Das war so typisch britisch. Sogar die Teekanne und die Tassen aus chinesischem Knochenporzellan kamen von Wedgwood, dem 1759 in Staffordshire gegründeten Familienbetrieb.
Er nippte an seinem Tee und tupfte sich die Lippen mit einer Serviette ab. Die Neuigkeiten aus Bangkok waren zugegebenermaßen nicht gut. Aber davon würde er sich nicht seinen Tee verderben lassen. Seine Mutter hatte immer zu ihm gesagt, jede Wolke habe einen Silberstreif, und genau danach hielt er jetzt Ausschau. Gewiss, Anan Sukit wäre nicht leicht zu ersetzen. Andererseits muss jede Organisation – selbst so eine wie die der Snake heads – ab und zu ihr Personal auswechseln. Das hält die Leute auf Zack. Es gab viele junge Talente, die eine Beförderung verdienten. Yu würde zu gegebener Zeit eine Entscheidung treffen.
Weit weniger willkommen war ihm der Mann, der neben ihm Platz genommen hatte. Es kam äußerst selten vor, dass zwei Mitglieder von Scorpia zusammen in der Öffentlichkeit gesehen wurden, aber Zeljan Kurst hatte ihn angerufen und darauf bestanden, dass sie sich trafen. Major Yu hatte das Ritz vorgeschlagen, aber inzwischen sah er ein, dass das ein Fehler gewesen war. Der große Jugoslawe mit dem kahlen Schädel und den breiten Ringerschultern war hier völlig fehl am Platz. Und er trank Mineralwasser! Wer trank denn um fünf Uhr nachmittags Mineralwasser?
»Warum haben Sie uns nicht von dem Jungen unterrichtet?«, fragte Kurst.
»Weil ich das nicht für wichtig gehalten habe«, erwiderte Yu.
»Nicht wichtig?«
»Das ist meine Operation. Ich habe alles unter Kontrolle.« »Da habe ich aber was ganz anderes gehört.«
Es überraschte Yu nicht, dass der Vorstand bereits von der Zerstörung der Zentrale der Chada Handelsgesellschaft und vom Tod Anan Sukits erfahren hatte. Sie beobachteten sich alle gegenseitig, um notfalls etwas gegen die anderen in der Hand zu haben. Traurig, aber wahr: Verbrecher waren auch nicht mehr, was sie mal waren. Jeder misstraute jedem.
»Wir wissen noch nicht genau, was da passiert ist«, sagte Yu. In England mochte Teezeit sein, aber in Bangkok war Mitternacht. »Es steht nicht mal fest, dass wirklich der Junge dahintersteckt.«
»Wir reden hier von Alex Rider«, fauchte Kurst. »Wir haben ihn schon einmal unterschätzt und dieser Fehler hat uns einiges gekostet. Warum haben Sie ihn nicht längst getötet?«
»Die Gründe sind doch offensichtlich.« Yus Hand schwebte über einem weiteren Sandwich, aber dann überlegte er es sich anders. Irgendwie hatte er den Appetit verloren. »Ich wusste, dass Alex Rider in Bangkok ist, seit dem Augenblick, als er aus dem Flugzeug gestiegen war«, fuhr er fort. »Ich wusste, dass sie kommen – ein Junge und ein Mann –, noch bevor sie da waren.«
»Von wem?«
»Das ist mein Geheimnis und das soll auch so bleiben. Ich hätte den kleinen Rider schon am Suvarnabhumi Airport erledigen lassen können. Das wäre ein Kinderspiel gewesen. Aber dann hätte der ASIS gewusst, dass ich über ihre Pläne Bescheid weiß. Sie argwöhnen ja schon, dass ich Insiderinformationen habe. Und das hätte ihren Verdacht bestätigt.«
»Und was haben Sie jetzt vor?«
»Ich werde mit ihm spielen. Der Kampf in der Arena war erst der Anfang und der Schaden hält sich in Grenzen. Die Bude wäre sowieso bald zusammengebrochen. Aber wenn Sie mich fragen, ist das doch recht amüsant. Der berühmte Alex Rider, verkleidet als afghanischer Flüchtling. Hält sich für oberschlau. Dabei halte ich ihn in der Hand und kann ihn jederzeit zerquetschen.«
»Das hat Julia Rothman auch gedacht.«
»Er ist ein Kind, Mr Kurst. Ein sehr kluges Kind, aber trotzdem ein Kind. Ich denke, Sie reagieren da etwas übertrieben.«
In Kursts Augen flackerte Mordlust auf, und Yu nahm sich vor, nichts mehr zu essen. Er traute es Scorpia ohne Weiteres zu, dass man ihm eine radioaktive Pille in
Weitere Kostenlose Bücher