Alex Rider 7: Snakehead
CZ-Scorpion-Maschinenpistolen und Kalaschnikows. Einige hatten auch Messer. Sie trugen Kampf anzüge und rote Baretts, sahen aber nicht wie Soldaten aus. Dafür hatten sie zu lange Haare und sie waren unrasiert. Einen Kommandanten schien es nicht zu geben. Als sie auf dem Platz ausschwärmten, drohend ihre Waffen schwangen und Befehle brüllten, war Alex überzeugt davon, mitten in einen bewaffneten Raubüberfall geraten zu sein; oder das Ganze würde zu einer Schießerei zwischen zwei rivalisierenden Verbrecherbanden ausarten.
Ash war stehen geblieben. Er drehte sich zu Alex um und sagte ein einziges Wort: »Kopassus.« Alex verstand nicht. Ash sah sich um, ob irgendjemand sie hören konnte, und erklärte leise auf Englisch: »Indonesische Spezialeinheit.«
Er hatte Recht.
Kopassus ist die Abkürzung von Kommando Pasukan Khusus, das ist eine der rücksichtslosesten Kampftruppen der Welt. Sie setzt sich aus fünf Einheiten zusammen, spezialisiert auf Sabotage, Infiltration, direktes Eingreifen, geheimdienstliche Aufklärung und Terrorismusabwehr. Die Männer, die hier eingefallen waren, gehörten zur Gruppe 4, einer Spionageabwehreinheit mit Stützpunkt im Süden von Jakarta; ihre besondere Aufgabe war der Kampf gegen Schmuggel jeglicher Art. Ob der Zufall sie hierhergeführt hatte, oder ob sie einen Tipp bekommen hatten – wie auch immer, das Ergebnis war dasselbe. Sie wurden verhaftet, und selbst wenn sie wieder freigelassen würden – Ash brauchte nur zu beweisen, dass er für ASIS arbeitete –, war ihre Operation beendet. Ihre Tarnung wäreaufgeflogen. Sie würden nie he raus finden, auf welchem Weg die Snakeheads sie nach Aus tralien bringen wollten. Und, dachte Alex verbittert, er würde niemals an die gestohlene Waffe herankommen, hinter der Mrs Jones her war – Royal Blue. Er hätte doppelt versagt.
Aber er konnte nichts machen. Die Kopassus-Soldaten hatten sich so auf dem Gelände verteilt, dass sie jeden Winkel überblickten – niemand konnte sich rühren, ohne gesehen zu werden. Sie brüllten immer noch auf Indonesisch herum. Was sie sagten, war im Grunde unwichtig. Ihnen ging es nur darum, den Gegner zu verwirren und einzuschüchtern, und das war ihnen offenbar gelungen. Die Zivilisten auf dem Gelände standen hilflos herum. Einige von ihnen hatten die Hände erhoben. Kopassus hatte alles unter Kontrolle.
Sie mussten sich alle in einer Reihe aufstellen. Alex stand zwischen Ash und einem der Männer, die sie vom Flughafen abgeholt hatten. Ein halbes Dutzend Gewehre waren auf sie gerichtet. Zur gleichen Zeit durchsuchten drei andere Soldaten die Büroräume und Lagerhäuser, ob sich dort noch jemand versteckt hatte. Einer der Arbeiter hatte genau das getan. Alex hörte einen Schrei und das Splittern von Glas, als der Unglückliche mit dem Kopf voran durch ein Fenster geschleudert wurde. Er klatschte auf den Beton und blieb mit blutüberströmtem Gesicht liegen. Ein Soldat trat ihn in die Seite, der Mann heulte auf, rappelte sich hoch und humpelte zu den anderen in der Reihe.
Jetzt stieg noch jemand aus einem der Jeeps. Vermutlich der Leiter der Aktion. Er war ungewöhnlich groß für einen Indonesier, hatte einen schlanken langen Hals und schulterlange schwarze Haare.
Alex hörte, wie einer der Männer ihn mit Colonel anredete. Er schritt langsam die Reihe hinab und brüllte die Leute an. Alex vermutete, dass er ihre Ausweise verlangte.
Einer nach dem anderen zeigten die Arbeiter der Spielzeugfabrik irgendwelche Papiere vor, Führerscheine oder Arbeitserlaubnisse – der Mann, den man durchs Fenster geworfen hatte, hielt seine mit zitternden Händen hoch. Den Colonel schienen alle diese Leute nicht zu interessieren. Dann kam er zu Ash. Alex versuchte nicht hinzusehen, als Ash den falschen Pass aus der Tasche zog, den er in Bangkok bekommen hatte. Er fürchtete, dass seine Augen etwas verraten könnten. Er senkte den Blick, als der Colonel den Pass aufklappte und ans Licht hielt. Aus den Augenwinkeln sah er den Colonel zögern. Und dann holte der Mann aus, schlug Ash den Pass ins Gesicht und schrie ihn auf Indonesisch an. Wie aus dem Nichts erschienen zwei Soldaten, rissen Ashs Arme nach hinten und zwangen ihn, sich hinzuknien. Einer drückte ihm eine Maschinenpistole an die Kehle. Der Colonel reichte den Pass an einen seiner Männer weiter. Er sah Ash noch einmal prüfend in die Augen, als hoffte er, dort seine wahre Identität zu finden. Dann ging er weiter.
Und blieb vor Alex stehen.
Alex
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