Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)

seine Pistole heraus, eine schwarze Tokarew TT-33 aus Russland, dieselbe Waffe, die Alex in seinem Büro gefunden hatte, und legte sie in Reichweite auf den Tisch. Zuvor hatte er sich vergewissert, dass die Tür des Übertragungswagens auch wirklich abgeschlossen war. Wenn trotzdem jemand hereinkommen wollte, würde er ihn, ohne zu zögern, erschießen. Er öffnete mit einem Klicken eine Coladose und drehte an einem Regler des Mischpults.
»… die Außenministerin ist soeben eingetroffen und wir sehen, wie sie das Gebäude betritt. Neben ihr geht Jeff Townsend, seit zwei Jahren ihr außenpolitischer Berater …«
Die Stimme gehörte zu einem Nachrichtensprecher von CNN. Gunter verfolgte die Außenministerin auf einem Monitor. Sie ging unter dem Applaus von Beamten und Funktionären einen breiten Korridor entlang. Das Bild wechselte zu den Zuhörern, die in der Aula warteten. Auf drei Ebenen saßen dort zweitausend Menschen in Abendgarderobe. Die Sitzreihen umgaben die Bühne halbkreisförmig, auf der Bühne selbst standen lediglich ein Stehpult und zwei amerikanische Fahnen.
Alex konnte den Monitor von seinem Platz aus sehen, aber er schien sich nicht dafür zu interessieren. Gunter war nicht sicher, ob er überhaupt wusste, wo er sich befand. Aber egal. Er blickte auf die Uhr. Die Rede sollte in zwanzig Minuten beginnen. Fünf Minuten später würde Alex tot sein.
Er streckte die Hand aus und drehte den Ton ab.
»Du willst wahrscheinlich wissen, um was es hier geht«, sagte er, um das Schweigen zu brechen.
Mit dem Knebel im Mund konnte Alex nicht antworten. Er schien auch gar nichts sagen zu wollen.
Gunter überlegte kurz, dann zog er ein Messer aus der Tasche und ließ es in seiner Hand aufspringen. »Ich binde dich jetzt los«, sagte er. »Du gehst sowieso bald. Aber wenn du aufstehst, bevor ich es erlaube, schieße ich dir in den Bauch. Verstanden?«
Alex nickte kaum merklich.
»Gut.«
Er musste Alex sowieso losbinden. So war es geplant. Da konnte es nicht schaden, wenn er es jetzt gleich tat. Er rutschte von seinem Platz, beugte sich über Alex und schnitt die Fesseln um seine Arme durch. Hastig trat er zurück für den Fall, dass Alex handgreiflich wurde, aber der Junge schien gar nicht zu merken, dass er frei war. Gunter schnitt auch die restlichen Schnüre durch, entfernte den Knebel und setzte sich wieder. Zwischen ihnen war nicht viel Platz. Die Pistole lag in Reichweite und er ließ Alex keinen Moment aus den Augen. Die Monitore zeigten das Publikum, die Aula von außen und die leere Bühne.
»So ist es besser«, sagte Gunter. »Uns bleibt noch ein wenig Zeit und ich würde dir gern erklären, was hier vor sich geht. Es ist so, dass Scorpia sich einen genialen Plan ausgedacht hat und dass wir beide, du und ich, dabei eine entscheidende Rolle spielen. Du wirst leider erschossen. Aber weißt du, was ich bekomme? Eine Million Pfund – allein dafür, dass ich den Finger einen Zentimeter weit bewege. Ich habe noch nie ein Kind getötet und ehrlich gesagt auch kein gutes Gefühl dabei. Aber sieh mal, es ist nicht meine Schuld. Du kennst mich nicht, deshalb lass mich das erklären. Als ich aus Afghanistan zurückkehrte … weißt du, wie viele Kugeln in meinem Körper steckten? Zwei haben sie herausgeholt, aber zwei sind noch in mir drin – sie konnten nicht entfernt werden – und sie töten mich. Ich spüre sie. Ich habe mich für meine Männer geopfert und ich habe es gern getan. Aber nach meiner Heimkehr war ich nicht der große Held, wie ich erwartet hatte. Im Gegenteil. Ich kam in ein Krankenhaus in Birmingham, auf eine gemischte Station. Kannst du dir das vorstellen? Ich hatte ständig Schmerzen. Du hast ja keine Ahnung, wie schlimm das war. Wenn ich nach der Schwester klingelte, kam niemand. Als ich dann endlich wieder humpeln und das Krankenhaus verlassen konnte, habe ich einen Orden bekommen. Aber keine anständige Pension. Die Armee wollte von mir nichts mehr wissen. Sie hatte nicht mal eine Stelle für mich. Weißt du was? Der Krieg in Afghanistan schert die Leute einen Dreck. Und dann sprach Scorpia mich an und bot mir eine Chance. Sollte ich ablehnen? Eine Million Pfund, Alex. Zu blöd, dass ich dafür ein Kind töten muss. Aber ich muss schließlich auch an mich denken.«
Alex schwieg.
Gunter beugte sich vor und gab ihm eine Ohrfeige. Alex’ Kopf flog nach hinten.
»Rede mit mir, verdammt noch mal! Ich will wissen, was du denkst.«
»Ich denke gar nichts«, sagte Alex.
Gunter nickte, als