Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
sie ihn hereingelegt hatten und ihm nicht halfen, würde er sterben. Doch das war ihm egal. Besser ein kurzer Moment in Freiheit als ein ganzes Leben hinter Gittern.
Sie waren durch das äußere Tor gegangen und das Gefängnis lag nun hinter ihnen. Man hatte Julius Grief in einem Kleinbus mit geschwärzten Scheiben hergebracht, deshalb hatte er die Umgebung nie gesehen. Ein schmaler Pfad führte an runden Betongebäuden aus dem Zweiten Weltkrieg vorbei abwärts. Der Boden war staubig und mit Piniennadeln bedeckt. Julius konnte den Duft der Pinien und Eukalyptusbäume riechen. Es war keine Menschenseele zu sehen, aber die zweite Nachricht hatte ihn gewarnt, dass ihm bis zum Eintreffen der Landrover des Royal Gibraltar Regiment nur fünf Minuten blieben. Er musste schnell handeln.
Julius holte mit dem Arm aus und schlug Dr. Flint die Mauser auf den Kopf. Sie schrie und fiel auf die Knie. Blut strömte ihr über Schläfe und Wange. Er drehte sich um und feuerte dreimal auf das Gefängnistor. Die Kugeln prallten von dem Metall ab und verletzten niemanden, aber sie waren auch nur als Warnung gedacht. In den nächsten Sekunden würde sich ganz sicher keiner hinauswagen und er brauchte alle Zeit, die er bekommen konnte.
Er rannte den Hang hinab. Im Gefängnis hatte er sich körperlich fit gehalten, nicht für ein bestimmtes Ziel, sondern weil er so erzogen worden war. Sein Vater Hugo Grief hatte darauf bestanden, dass seine Söhne sechs Stunden täglich trainierten, angefangen mit einem drei Kilometer langen Dauerlauf durch den Schnee. Auch kämpfen hatten sie gelernt und sie wussten, wie man tötete.
Und sie konnten Auto fahren.
Der Wagen wartete an der im Brief beschriebenen Stelle, unmittelbar neben der Straße und versteckt durch einige Dattelpalmen. Es handelte sich um einen kleinen, kastenförmigen Geländewagen, einen völlig verdreckten Suzuki Jimny. Ein Kotflügel war eingedellt und der Rückspiegel hatte einen Sprung. Auf den ersten Blick handelte es sich um ein hier abgestelltes Schrottfahrzeug, doch die Tür war nicht abgesperrt und der Schlüssel steckte im Zündschloss.
Julius stieg hastig ein. Im nächsten Augenblick hörte er auf der Straße ein Auto vorbeifahren. Es kam vom Gefängnis und fuhr bergab. Zum Glück hatte der Fahrer ihn nicht gesehen. Er hörte jemanden rufen. Die Wachen schwärmten jetzt auch zu Fuß aus. Hier würden sie ihn schnell finden. Er warf die Tür zu und drehte den Schlüssel.
Der 1,3-Liter-Motor sprang laut knatternd an. Die Wachen rechneten nicht damit, dass er ein Auto hatte, aber bestimmt hörten sie den Lärm. Dann wussten sie – wenn sie es nicht schon geahnt hatten –, dass seine Flucht von außen geplant worden war. Julius legte den Rückwärtsgang ein und fuhr mit durchdrehenden Reifen und inmitten einer gewaltigen Staubwolke rückwärts auf die Straße. Der Suzuki bewegte sich nur schwerfällig um die Kurve. Trotzdem war fahren besser als gehen.
Ein Schuss knallte. Die Kugel schlug unmittelbar über dem Hinterreifen in die Karosserie ein. Ein Wachmann hatte ihn entdeckt. Julius legte den ersten Gang ein und gab Gas. Der Suzuki machte einen Satz nach vorn. Als der Wachmann das zweite Mal auf ihn schoss, zersplitterte der Ast eines nahen Baumes. Julius duckte sich über das Lenkrad. Auf der Straße vor ihm tauchte ein zweiter Wachmann auf. Wie war er so schnell hierhergekommen? Er hob seine Waffe und Julius drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Eine Sekunde lang füllte der Mann die Windschutzscheibe aus. Dann traf der Wagen ihn mit einem hässlichen, dumpfen Schlag. Er segelte durch die Luft und verlor dabei seine Pistole.
Als er auf dem Boden aufschlug, war Julius schon zehn Meter gefahren. Hinter ihm tauchten zwei Jeeps aus dem Gefängnis auf. Er sah sie im Rückspiegel. Sie waren schneller als sein Jimny und kamen rasch näher. Wenn es nicht bergab gegangen wäre, hätten sie ihn schon eingeholt.
Unmittelbar vor ihm bog die Straße scharf nach rechts ab. Er riss das Lenkrad herum und befand sich plötzlich am äußersten Rand des Steilhangs, der neben ihm hundert Meter senkrecht abfiel. Tief unten sah er gewaltige Felsbrocken und das Meer. Er spürte, wie die Reifen von der Fahrbahn rutschten und Sand und Kies aufwirbelten. Hektisch kurbelte er am Lenkrad, bis er den Wagen wieder unter Kontrolle hatte. Die Entfernung zu seinen Verfolgern war größer geworden, aber er hatte sich beinahe selbst umgebracht.
Die nächste Kurve war leichter. Sie führte nach
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