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Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)

Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)

Titel: Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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ihr spielte. Und er verheimlichte ihr etwas. An diesem Vormittag hatte sie es genau gespürt. Er verbarg seine Gedanken hinter einer ausdruckslosen Miene und nichtssagenden Antworten. Aber manchmal meinte sie etwas wahrzunehmen wie den Schatten einer Motte, die um eine Kerze flattert. Sie überlegte, ob sie mit dem Direktor sprechen sollte, verwarf den Gedanken aber wieder. Schließlich war sie die Therapeutin des Jungen und ihm gegenüber zu Diskretion verpflichtet. Sie wandte sich wieder ihren Notizen zu.
Ich empfehle deshalb, Julius ab sofort wieder mit Medikamenten zu behandeln. Obwohl ich das bei Jugendlichen im Allgemeinen nicht befürworte, halte ich es in seinem Fall doch für …
Es klingelte. Dr. Flint hob überrascht den Kopf. Der Gefängnisdirektor kehrte nie vor zwei Uhr zurück und seine Frau aß an diesem Tag auswärts. Sie ging zu dem kleinen Schwarz-Weiß-Monitor im Flur. Vor der Tür stand Julius mit einem großen Blumenstrauß, den er offenbar im Gefängnisgarten gepflückt hatte. Sie war versucht, nicht aufzumachen. Dass Julius hier war, verstieß gegen die Regeln. Sie wusste noch, wie er sich bei einem ihrer ersten Gespräche auf sie gestürzt hatte. Ein anderes Mal war er durchgedreht und hatte den Spiegel zertrümmert. Sie musste ihn wegschicken.
Doch dann zögerte sie. Seine Gewaltausbrüche waren Monate her und vielleicht wollte er sich ja wirklich für sein Benehmen vom Vormittag entschuldigen. Oder er wollte ihr sagen, was ihn bedrückte. Die Blumen rührten sie. Außerdem waren auch in diesem Augenblick Dutzende von Kameras auf ihn gerichtet. Ihr konnte also keine Gefahr drohen. Sie öffnete die Tür.
»Was ist, Julius?«, fragte sie.
»Das kann ich nur schwer erklären, Dr. Flint.«
»Willst du hereinkommen?«
»Nein. Ich möchte, dass Sie mit mir kommen.«
»Wohin willst du denn?«
»Wir verlassen jetzt das Gefängnis. Zusammen.«
Er ließ den Blumenstrauß fallen und Dr. Flint sah den Gegenstand in seiner Hand, der auf sie gerichtet war. Wie gelähmt starrte sie ihn an. Julius Grief hatte eine Pistole und sein Finger lag am Abzug. Mit glasigem Blick starrte er sie an. Es war der reinste Albtraum. Dr. Flint verstand gar nichts mehr. Wie hatte Julius sich eine Pistole beschaffen können? Ihre Situation war ausweglos. Er wirkte vollkommen beherrscht und kaltblütig. Wenn sie nicht tat, was er sagte, würde er sie, ohne zu zögern, erschießen.
Er ging einen Schritt auf sie zu und plötzlich spürte sie die Pistole am Hals, sah sein Gesicht dicht vor sich. Sein Wahnsinn schien förmlich greifbar. Julius Grief war so groß wie sie, aber viel stärker. Und er war bewaffnet. Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, hatte er das Gesicht zu einer Art Lächeln verzerrt. Er wirkte nun nicht mehr wie fünfzehn und das ebenmäßige Gesicht, das der Schönheitschirurg ihm verpasst hatte, glich einer Fratze. Er hätte genauso gut fünfzig oder auch hundertfünfzig sein können. Das Böse kennt kein Alter. Panik stieg in Dr. Flint auf. Hatte sie sich wirklich ein halbes Jahr lang zweimal die Woche allein mit diesem Monster getroffen?
»Ich verlasse jetzt dieses Gefängnis«, sagte Julius leise. Es klang so, als könnte er jederzeit ausrasten. »Ich gehe einfach immer weiter. Und Sie werden mit mir kommen.«
»Die Wachen werden dich nicht hinauslassen.«
Julius drückte ihr die Pistole seitlich gegen den Hals. Der abgeschnittene Lauf zeigte nach oben. »Dann müssen sie Ihr Gehirn vom Zaun kratzen. Kommen Sie, Dr. Flint.«
Sie gingen zusammen los wie ein verliebtes Pärchen, das einen seltsamen Tanz vollführt. Dr. Flint starrte mit schräg gelegtem Kopf und immer noch wie betäubt geradeaus. Julius verspürte eine freudige Erregung. Die Pistole in seiner Hand verlieh ihm Kraft. Er mochte es, wie sich der harte Stahl in den Hals der Frau drückte. Monatelang hatte er ihre dämlichen Fragen und Psychospiele ertragen müssen. Jetzt traf endlich er die Entscheidungen.
Dass etwas nicht stimmte, fiel trotz der vielen Kameras erst auf, als Julius Grief und Dr. Flint das erste Tor, den Eingang zur Warteschleuse, schon fast erreicht hatten. Vielleicht hatten die Wachen das Ganze zunächst für eine Art Übung, einen Teil der Therapie gehalten. Doch dann entdeckte jemand die Pistole und begriff, was in Wirklichkeit vor sich ging. Sofort wurde Alarm ausgelöst. Ein Dutzend Sirenen gingen los und beschallten mit ihrem Geheul die ganze Halbinsel. Wachen rannten mit Waffen in den Händen aus ihren Häusern. Die

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