Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
Hubschrauber hob schlingernd ab. Er schwebte einen Augenblick über derselben Stelle, dann drehte er, stieg auf und nahm Alex mit sich.
Vorhölle
D er Skorpion war etwa zweieinhalb Zentimeter lang und saß auf dem Fenstersims, als wollte er die ersten Strahlen der Morgensonne genießen. Er hatte eine unangenehme Farbe, ein seltsam kränkliches Gelb, das gegen das Licht beinahe durchsichtig wirkte. Den Schwanz hatte er über den Kopf erhoben, ansonsten hatte er sich in den vergangenen zehn Minuten kaum bewegt.
Offenbar handelte es sich um ein junges Exemplar. Der Androctonus australis oder Sahara-Skorpion kann zehn Zentimeter lang werden. Ausgewachsen gehört er zu den gefährlichsten Tieren der Welt und sein Stich ist oft tödlich.
Alex, der auf seinem Bett lag, ließ ihn nicht aus den Augen. Es war schon der zweite Skorpion, den er seit dem Aufwachen sah. Offenbar kletterten die Tiere die Mauer auf der anderen Seite des Gitters hinauf. Vermutlich gab es draußen irgendwo ein Nest. Zum Glück war keiner der beiden in die Zelle gekommen.
Alex hatte nur eine ungefähre Vorstellung davon, wo er sich befand: in einer Art Fort in der Sahara. Die Sonne war bei ihrer Ankunft gerade untergegangen. Der Sand, auf dem sie landeten, musste behandelt worden sein, damit er von den Rotorblättern nicht aufgewirbelt wurde. Beim Aussteigen hatte Alex in etwa zweihundert Metern Entfernung das Fort gesehen. Es hätte einem alten Film oder Tim-und-Struppi-Heft entsprungen sein können. Sonst schien es hier keine menschliche Behausung zu geben. In einem Kilometer Entfernung verfärbte der Sand sich silbergrau, als läge dort ein großer, toter See.
Sengende Hitze und die Abgase des Hubschraubers schlugen ihm entgegen. Selbst wenn er aus dem Fort fliehen könnte, käme er nicht weit. Wo lag Siwa? So hatte die Stadt in dem Prospekt geheißen, den er bei Gunter gefunden hatte. Vielleicht lag sie in der Nähe, zu sehen war sie jedenfalls nicht.
»Steig in den Jeep, Alex.« Julius Grief war ebenfalls aus dem Hubschrauber geklettert. »Du wirst schon erwartet.«
Alex gehorchte stumm. In dem Jeep, der neben dem Landeplatz wartete, saßen ein wie ein Beduine gekleideter Fahrer und ein zweiter Mann mit einem Sturmgewehr. Alex stieg hinten ein, Julius vorn. Der Jeep startete und fuhr die kurze Strecke bis zum Eingang des Forts, einem Torbogen mit zwei massiven Torflügeln. Mit einem dumpfen, endgültigen Schlag schlossen sie sich hinter ihnen.
Der Jeep wurde langsamer und auf einmal umgab sie rege Betriebsamkeit.
Alex blickte sich um. Arabische Wachleute mit Maschinenpistolen, ein Funkturm, Satellitenschüsseln, weitere Jeeps, Wachtürme und Scheinwerfer. Ein Mann holte Wasser von einem Brunnen, ein anderer grub mit einer Schaufel in einem Salzhaufen. Über seinem Kopf führte eine Hängebrücke von einer Seite des Innenhofs zur anderen. Alex zählte ein Dutzend Gebäude verschiedener Größe, darunter eins, das wie eine Kapelle aussah, und eine Art Puppenhaus.
Von Jack war nichts zu sehen.
»Hier lang«, sagte Julius.
Alex folgte seinem Doppelgänger in ein lang gestrecktes, schmales Gebäude an der Umfassungsmauer. Drinnen war es kühl und an der Decke drehte sich ein Ventilator. Der Raum hatte einen Fußboden aus Holz und war bis auf einen Schreibtisch und einen Stuhl leer. An der Stuhllehne hing eine ordentlich zusammengelegte Schuluniform. Zwei Wachen, die stumm und bewegungslos dastanden, erwarteten ihn.
An der Tür kam Bewegung auf und ein weiterer Mann betrat das Zimmer. Noch bevor er gesprochen hatte, merkte Alex, wie die Atmosphäre sich veränderte. Er drehte sich um. Vor ihm stand ein kleiner, sehr schlanker Mann mit kurz geschnittenen silbergrauen Haaren und einer runden Brille. Er wirkte zu mädchenhaft, um gefährlich zu erscheinen, aber Alex spürte, dass er hier das Sagen hatte.
Er musterte Alex von oben bis unten und fragte: »Woher kommt der rote Fleck an seiner Schläfe?«
»Ich habe ihn geschlagen«, antwortete Julius.
»Das ist sehr ärgerlich, Julius. Ich hatte dich ausdrücklich gebeten, das zu unterlassen.«
»Er hat mich geärgert.«
Der Mann wandte sich wieder Alex zu. »Willkommen in Siwa. Ich bin Abdul-Aziz Al-Razim und habe mich schon sehr auf unsere Begegnung gefreut. Ich muss sagen, du siehst Julius bemerkenswert ähnlich. Die moderne plastische Chirurgie hat eine Meisterleistung vollbracht. Ich hoffe, die Reise war nicht zu anstrengend und …«
Alex unterbrach ihn. »Wo ist Jack?«
»Hier. Es geht ihr gut –
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