Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
zustößt. Aber wenn du dich zu weit vom Fort entfernst oder ich sonst irgendwie mitbekomme, dass du fliehen willst, werde ich deine Freundin ohne jeden Skrupel erschießen. Hast du mich verstanden?«
»Vollkommen«, sagte Alex mit Verachtung in der Stimme.
»Gut.« Razim stand auf. »Ich muss noch einige Vorbereitungen treffen, aber frühstückt bitte nach Herzenslust zu Ende. Mittagessen gibt es ebenfalls hier. Um vier werden die Wachen dich wieder in deine Zelle bringen. Du sollst dich vor den Experimenten heute Abend so gut wie möglich ausruhen. Ich hoffe, ihr genießt die euch noch verbleibende Zeit.«
Jack wartete, bis er im Haus verschwunden war.
»Ach, Alex …«, begann sie. Es klang wie ein Schluchzen.
»Lass uns woanders weiterreden«, sagte Alex. »Vielleicht werden wir abgehört.« Sein Blick wanderte zum Eingangstor, das weit offen stand. Es war schwer zu glauben, dass Razim sie so einfach nach draußen gehen ließ. Andererseits befanden sie sich mitten in der Sahara – in einem Gefängnis, aus dem man nicht fliehen konnte, auch wenn es keine Mauern hatte. »Er meinte, wir könnten schwimmen gehen, also lass uns das tun. Draußen auf dem See hört uns niemand.«
Sie gingen dann doch nicht schwimmen. Zwei Wachen waren ihnen gefolgt und beobachteten sie aus zwanzig Schritten Abstand. Stattdessen spazierten sie am Ufer des Sees entlang, der auf geheimnisvolle Weise mitten in der Wüste entstanden war. Das Wasser enthielt so viel Salz, dass eine Salzkruste den Sand am Ufer bedeckte. Das Fort war etwa vierhundert Meter entfernt und erinnerte Alex an die Spielburgen, die er mit sechs, sieben Jahren gebaut hatte.
Sie dachten beide an Razims Worte und wussten nicht, was sie sagen sollten. Razim mochte vorgeben, Wissenschaftler zu sein, und behaupten, keine Gefühle zu haben, aber tief im Innern bereitete ihm ihr Leiden ein perverses Vergnügen.
Jack brach schließlich das Schweigen. »So ein Mistkerl und Wichtigtuer! Ich lasse nicht zu, dass er dir etwas antut, Alex. Das schwöre ich dir …« Sie hatte plötzlich Tränen in den Augen. »Ich hatte doch keine Ahnung«, fuhr sie fort. »Ich wusste, dass du schlimme Dinge erlebt hast, aber doch nicht so etwas Schreckliches. Warum haben wir uns nie ernsthaft dagegen gewehrt? Und dein Onkel wollte, dass du Spion wirst? Die sind doch alle gleich schlimm: Mr Blunt, Mrs Jones … und auch Mr Smithers. Sie hätten das nicht zulassen dürfen.«
Alex legte ihr den Arm um die Schultern. »Keine Sorge, Jack, ich finde schon einen Ausweg.« Er zwang sich zu einem Lächeln. »Den finde ich doch immer.«
Jack nickte und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Wenn wir ein Auto stehlen könnten …«
»Dazu fehlen uns die Schlüssel.«
»Hat dir der MI6 nicht beigebracht, wie man ein Auto knackt? Typisch! Aber was ich dir sagen wollte, Alex …« Sie vergewisserte sich mit einem Blick über die Schulter, dass die Wachen sie nicht hören konnten. »Bevor du kamst, saß ich eine Weile allein in meiner Zelle und dabei ist mir etwas aufgefallen. Die Wände sind aus Ziegeln gemauert, aber als Mörtel wurde eine Mischung aus Salz und Sand verwendet. Und ein Gitterstab an meinem Fenster wackelt ein wenig.«
»Kannst du ihn herausziehen?«
»Vielleicht. Sieh mal!« Sie hob ihr Hemd vorsichtig an und Alex sah, dass im Bund ihrer Jeans ein Messer steckte. »Das habe ich beim Frühstück mitgehen lassen, nachdem dieser Widerling gegangen war. Damit kann ich den Ziegel aufbohren. Er ist sehr weich. Und wenn ich den Stab herausbekomme, kann ich mich durchdrücken.«
In Alex regte sich erstmals wieder Hoffnung. »Und dann?«
»Befreie ich dich irgendwie aus deiner Zelle und wir fliehen. Auf dem Hinweg sind wir über Siwa geflogen. Ich habe die Stadt gesehen. Mit dem Auto sind wir in fünfzehn Minuten dort. Wenn wir das schaffen und dann Alarm schlagen … Dazu reicht ja ein Telefonanruf. Dann kann Abdul-Aziz Al-Rattengesicht – oder wie er sich nennt – nichts mehr tun. Er wird keine Zeit mehr haben, uns zu verfolgen, weil er ja schleunigst von hier verschwinden muss.«
»Und wie kommen wir an die Autoschlüssel?«, fragte Alex.
»Daran habe ich auch gedacht. Die Schlüssel lassen sie immer stecken.« Jack lächelte. »Du siehst, diese Leute sind nicht so schlau, wie sie denken.«
Alex überlegte. Was Jack sagte, klang einleuchtend. Trotzdem hatte er ein ungutes Gefühl. Gleich drei schwere Fehler: der wackelnde Gitterstab, die Autoschlüssel und das Messer, das
Weitere Kostenlose Bücher