Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
Fernsehbildschirm vor ihn gerollt. Wozu? Wollte Razim ihm einen Horrorfilm zeigen? Nichts konnte schlimmer sein als das, was ihn bereits umgab. Noch war der Fernseher ausgeschaltet. Die Assistentin und die Wachmänner hatten sich zurückgezogen und ihn allein gelassen.
Angespannt wartete Alex darauf, was als Nächstes passieren würde. Er dachte an Jack. Sogar jetzt hatte er noch mehr Angst um sie als um sich selbst. Er hatte solche Situationen schon erlebt. Schon viele unangenehme Menschen hatten ihm mit unangenehmen Dingen gedroht, aber irgendwie war er immer davongekommen. Für Jack dagegen war alles neu. Während er hier saß, versuchte sie zu fliehen. Hoffentlich war sie vorsichtig. Sie hatte keine Ahnung, mit was für Gegnern sie es zu tun hatte.
Auf dem harten Boden waren Schritte zu hören. Julius Grief kehrte zurück, diesmal in Begleitung von Abdul-Aziz Al-Razim. Das Gesicht des Jungen war vor freudiger Erregung gerötet. Alex drehte sich der Magen um, als er seinen grotesken Doppelgänger auf sich zuhüpfen sah.
Razim erschien in hellgrauem, kragenlosem Jackett und passender Hose. Er trug einen Ohrhörer mit einem Kabel, das hinter seiner Schulter verschwand. Vor Alex’ Stuhl blieb er stehen. Das Licht des Scheinwerfers spiegelte sich in seiner Brille und für einen Moment verschwanden seine Augen hinter zwei aufblitzenden Kreisen.
»Hast du Angst, Alex?«
Alex schwieg. Er wusste nicht, ob seine Stimme ihm gehorchen würde.
»Hättest du gern ein Glas Wasser, bevor wir anfangen?«
Alex schwieg immer noch.
»Auf dem Stuhl, auf dem du sitzt, haben schon viele gesessen«, fuhr Razim fort. »Ich habe in diesem Raum zahlreiche Experimente durchgeführt und eines Tages wird die Welt es mir danken, dass ich so viele Daten gesammelt habe. Mit einem Jugendlichen zu arbeiten, ist für mich neu und wäre unter normalen Umständen sehr inspirierend.«
Er streckte die Hand aus. Neben ihm stand ein abgedeckter Rollwagen. Er lüftete das Tuch. Darunter kamen akkurat geordnete Messer und Skalpelle zum Vorschein. Alex wusste, dass Razim ihn mit dem Anblick beeindrucken wollte wie ein schlechter Zauberer mit einem billigen Zaubertrick. Er mied den Anblick der blitzenden Instrumente. Weil er gefesselt war, konnte er nur dasitzen und warten.
»Wie du siehst, kann ich dir auf viele Arten Schmerzen zufügen, Alex«, erklärte Razim. »Auch mein junger Freund Julius hat einige Ideen. Wenn es nach ihm ginge, würde er dir einige unaussprechliche Dinge zufügen. Er würde womöglich bei den Zehen anfangen und sich nach oben arbeiten. Das würde ihm viel Freude bereiten. Leider kann ich ihm seinen Willen nicht lassen. Aus Gründen, die ich nicht näher erläutern will, sind wir im Moment beide ein wenig eingeschränkt. Du darfst keine äußerlichen Zeichen wie Schnitte oder Schürfwunden davontragen. Es darf auch nichts fehlen. Wir müssen also zu unserem größten Bedauern Abstand von Messern und Spritzen nehmen. Heute Abend werden wir kein Blut vergießen.«
Er bedeckte den Wagen wieder und schob ihn weg.
»Doch glaube nicht, dass du deshalb ungeschoren davonkommst. Ich habe es zu meiner Lebensaufgabe gemacht, Schmerzen in all ihren Facetten zu erforschen. Und die Schmerzen, die ich dir heute zufügen werde, sind vielleicht sogar die schlimmsten überhaupt. Ich werde dazu zwei Instrumente benutzen. Heute Morgen habe ich dir die Hölle versprochen. Jetzt, mein Lieber, wirst du sie erleben.«
Er streckte die Hand nach zwei Gegenständen aus. Den einen erkannte Alex sofort. Es handelte sich um eine Fernbedienung, vermutlich für den Bildschirm vor ihm. Der andere sah ähnlich aus, hatte die Größe eines Handys und einen roten Knopf in der Mitte. Razim gab ihn Julius, der ihn gierig entgegennahm und mit den Fingern befühlte.
Razim klopfte mit einem Finger an den Ohrhörer, als erwarte er Anweisungen.
»Bereit, Alex?«, fragte er. »Ich möchte dir etwas zeigen.«
Dann schaltete er den Fernseher ein.
J ack hörte, wie Alex aus seiner Zelle geholt wurde, und war vor Entsetzen und Fassungslosigkeit einen Moment lang wie gelähmt. Sie hatte immer an das Gute im Menschen geglaubt, war überzeugt gewesen, dass niemand durch und durch schlecht sein konnte. Das Frühstück mit Razim hatte sie eines Besseren belehrt.
Auch sie hatte den Wachmann im Gang gesehen und wusste nicht, ob er noch dasaß. Hoffentlich glaubte Razim, dass sie nicht bewacht zu werden brauchte, während er sich Alex vornahm. Trotzdem musste sie möglichst lautlos
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