Alexa, die Amazone – Die große Chance
Kochtopf!«
»Pfui Teufel!« Entrüstet sprang Alexa aus ihrer Hockstellung auf. »Du bist ja widerlich!«
Da geschah etwas Seltsames. Eine mächtige, rot gestreifte Katze löste sich aus dem Kreis der anderen und ging mit aufgestelltem Schwanz und laut schnurrend auf Friedhelm zu, rieb sich voller Wohlbehagen an seinen Beinen. Friedhelm bückte sich nach ihr und hob sie hoch, in der anderen Hand noch immer die spitze Heugabel. Der kräftige Katzenkopf stieß mehrere Male genüsslich gegen Friedhelms Gesicht und er erwiderte den Katzengruß.
Alexa verharrte neben dem sauber ausgeleckten Teller, im Kreis ihrer vierbeinigen Schützlinge. Sie legte den Kopf schief und schaute ihn spöttisch an.
»Kochtopf, was?«
Friedhelm grinste zurück.
»Gut, gut, ich geb’s ja zu. Sie hat mich verraten, das kleine Biest!« Zärtlich stupste er den Katzenkopf mit seiner Nasenspitze.
»Du hast Glück gehabt, dass nicht ich die Gabel in der Hand hatte!« Alexa nahm ebenfalls eine der Katzen zum Schmusen auf den Arm.
»Ich habe die Gefahr genau berechnet«, lachte Friedhelm zurück. »Komm, ich zeig dir was!«
Um einige Heuballen herum ging er ihr voraus. Dann kletterte er behände über eine aus kompakten Ballen aufgebaute Mauer und verschwand dahinter. Alexa hatte ihre Katze abgesetzt und stieg ihm hinterher. Oben angelangt sah sie Friedhelm unter sich in einem mit Heu weich gepolsterten Lager stehen. Ringsherum durch Heuballen abgeschirmt gab das ein ideales Versteck. Das Licht der wenigen Neonröhren reichte kaum bis hierher. Trotzdem erkannte Alexa die vielen kleinen Kuhlen. Und drei farbige Plastikgeschirre stachen ihr ins Auge. Eines davon reichte Friedhelm ihr grinsend hoch.
»Da, Gulasch!«
Sie schauten sich an und lachten gleichzeitig los.
»Was passiert noch mal mit fetten Katzen?«, prustete Alexa. Friedhelm stellte das leuchtend gelbe Plastikgeschirr zurück und schwang sich zu Alexa hoch.
»Die sind besonders schön zum Knuddeln«, grinste er und ging mit seiner Heugabel zurück.
Seitdem fühlen sie sich ein bisschen wie Verschworene und haben eine tiefe innere, zudem absolut stille und geheime Zuneigung füreinander entwickelt.
Der silbergraue Rolls-Royce, der majestätisch gesetzt auf den Hof rollt, erregt Aufsehen. Alexa verfolgt das Schauspiel durch das Kantinenfenster. Wieder ist es nur der Chauffeur, der Sabine abholt. Nicht einmal einen Tag vor Weihnachten bringen Sabines Eltern so viel Liebe auf, ihre Tochter selbst abzuholen, denkt Alexa. Da kann einem das ganze Geldmitsamt Rolls-Royce und Schloss doch gestohlen bleiben! Sabine packt in ihrem Zimmer hastig die Koffer. Sie ist die Einzige vom Kurs, die über die Ferientage heimfährt. Die anderen haben beschlossen, den 24. Dezember morgens mit einem ausgedehnten Winterspazierritt zu feiern, nachmittags eine öffentliche Vorstellung ihrer täglichen Arbeit zu geben und sich abends gemütlich zusammenzusetzen. Alexa beobachtet Harald, der aus der Reithalle kommend auf die Luxuskarosse zugeht. Seine großen Schritte belustigen sie. Er wird sich über die Dreistigkeit ärgern, mitten über das Heiligtum Hof direkt vor die Haustür zu fahren. Das ist sein ureigenes Privileg. Und hinter dem Gasthaus gibt es schließlich öffentliche Parkplätze. Der Chauffeur steigt aus. In schmucker, hellgrauer Uniform, mit blankpolierten Knöpfen und Reitstiefeln. Die Dienstmütze keck schräg auf den dünnen Haaren spricht er mit Harald. Breitbeinig steht er da, die Hände betont lässig in den Taschen seiner im altmodischen Reithosenstil geschnittenen Uniformhose. Alexa hört Sabine die Treppe herunterkommen. Im selben Augenblick, in dem der Chauffeur Sabine erblickt, geht eine deutliche Veränderung mit ihm vor. Steif und aufgerichtet steht er nun abwartend neben dem Wagen, aufmerksam gerade der Kopf, die Hände militärisch am Hosenbein. Aber auch Sabine hat sich direkt unglaublich verwandelt. Kurz und knapp teilt sie Befehle aus. Der Chauffeur eilt sofort los, ihr Gepäck zu holen. Inzwischen haben sich einige aus dem Kurs um den Wagen versammelt. Sabine verabschiedet sich bei jedem, wünscht frohe Weihnachten. Alexa geht nun auch hinaus. Kühl schüttelt Sabine ihr die Hand. Der Chauffeur verstaut Sabines Koffer und hält ihr dann mit einer knappen Verbeugung die hintere Tür auf.
»Na, dann feiert mal schön«, klingt es fast herablassend und Sabine sinkt in die weichen Sitze. Der Rolls-Royce zieht eine große Schleife und schnurrt zur Ausfahrt. Sabine hat
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