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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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ich spüre es. Vierundvierzig, was? Ich kann nicht noch mal zwanzig Jahre warten und planen und bauen und zerstören. Isokrates wußte, worum es geht. Wenn Persien stark ist, besetzt es die hellenischen Städte in Asien und mischt sich in die hellenische Politik ein. Manchmal stiftet es Frieden, wie beim Königsfrieden vor, ah, siebenundvierzig Jahren, indem es Athen, Sparta und Theben zur Einigung zwingt. Meistens stiftet es Krieg von Hellenen gegen Hellenen, um Persien noch stärker zu machen. Wenn Persien sehr stark ist und Hellas sehr schwach, kommt der Überfall. Heute ist Persien stärker, als es zu Zeiten von Dareios und Xerxes war. Der Großkönig hat alle Satrapen gezwungen, vor ihm zu knien; er hat Phönikien und Ägypten und Babylon sicherer im Griff als je zuvor. Er verfügt über die großen Flotten der phönikischen Städte. Die hellenischen Inselbewohner vor seiner Küste lecken ihm die Füße. Und was haben wir? Ein paar Schwachköpfe in Theben. In Athen kein Themistokles, sondern dieser aufgeblasene Windbeutel. In Sparta kein Leonidas; Spartas König zog als Söldner nach Italien.«
    Es war wie Regen aus einer übervollen Wolke; Aristoteles ließ seinen alten Freund reden, und je länger Philipp sprach, desto ruhiger wurde er.
    » Hermias, unser guter Vertrag… Ich bin sicher, daß Demosthenes ihn an die Perser verkauft hat, obwohl ich nicht weiß, woher der Athener alles wußte. Die Zeit… vielleicht ist das Leben ein Schlauch, und das Wasser darin ist die Zeit, die zur Verfügung steht, um alles zu tun, was getan werden muß. Der Schlauch ist leck, mein Freund. Das Wasser läuft aus; wir haben nicht mehr viel Zeit. Isokrates, wie gesagt, hat es immer gewußt und laut davon gesprochen.« Philipp kicherte plötzlich. » Nun ja, nicht gesprochen. Er hat seine feinen Reden geschrieben und andere sprechen lassen. Was hatte er eigentlich? Einen Sprachfehler? Feigheit vor Volksmassen? Ah, es ist gleichgültig. Jedenfalls hat er es immer gesagt– Hellas muß einig und nach innen friedlich sein, um Wohlstand für alle zu erreichen und Persien widerstehen zu können. Besser noch wäre es, die persische Drohung durch einen Kriegszug aller Hellenen zu beenden, für immer, und Rache für die Schändung der Tempel zu nehmen, Rache für die Zerstörung der Akropolis. Immer hat er sich den ausgesucht, der seiner Meinung nach am besten geeignet gewesen wäre, die Führung zu übernehmen in Einigung und Kampf. Sparta und Athen zusammen, dann Jason von Pherai, dann dieser Wahnsinnige aus Syrakus, schließlich der andere Wahnsinnige aus Pella.« Philipp schnaubte. » Nun werde ich ihn endgültig beim Wort nehmen.«
    Aristoteles hob einen Becher, hielt ihn Philipp hin. Der König kam langsam zum Tisch, blickte sich um, als müsse er sich davon überzeugen, daß nirgendwo jemand auf der Lauer lag; er ließ sich schwer in den Scherensessel fallen.
    » Und was willst du nun tun?«
    Philipp trank, wischte sich den Mund mit dem Unterarm und rülpste. » Ich darf nicht anfangen– nicht ganz, jedenfalls. Athen muß den Krieg erklären. Weil Athen immer noch das Herz aller Dinge ist. Wenn ich Athen angreife, stellen sich fast alle Hellenen hinter Demosthenes. Wenn Athen uns den Krieg erklärt, werden viele Hellenen die Notwendigkeit bezweifeln und entweder auf unsere Seite treten oder zumindest nicht Demosthenes helfen. Wir haben es mit Euboia versucht, unsere Freunde dort an die Macht gebracht, kleine Besatzungen in die Städte gelegt. Mehr wäre ein Eroberungskrieg gewesen, den wir gegen hellenische Orte nicht führen dürfen– heute. Demosthenes hat einen Bund zustandegebracht– nicht für Hellas, nicht gegen Persien, sondern hinter sich und gegen Philipp. Sie haben Euboia, na ja, befreit; aber sie sind nicht weitergegangen. Das wäre meine Hoffnung gewesen. Hermias war eine Nebenhoffnung, gewissermaßen, im Vorblick auf Persien. Wie gewisse Fehlschläge in Ägypten.« Er hob den Becher und schaute Aristoteles über den Rand an. » Jetzt werden wir sie eben zwingen müssen.«
    » Du willst also Byzantion angreifen, wie damals schon geplant?«
    » Byzantion, und Perinthos.«
    Aristoteles pfiff leise. » Bosporos und Propontis– die ganze Küste! Mit welcher Begründung?«
    Philipp grinste breit. » Mit der besten aller Begründungen– zur Verteidigung. Beide Städte sind mehr oder minder mit Athen verbündet. Von beiden Städten gehen Störungen aus; immer wenn es mir gelungen ist, Thrakien halbwegs zu beruhigen,

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