Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands
berührte.
» Wird heilen, Junge. Ziemlich schnell. Als ob wir sonst keine Sorgen hätten… Wie hast du das gemacht?«
Emes versuchte ein Grinsen. » Meinungsverschiedenheit. Eine schöne Boiotierin. Hinterher war mir der Preis zu hoch, und sie hatte ein Messer.«
Drakon blickte auf und grinste Philippos an, wandte sich dann wieder dem Krieger zu. » Also, die nächsten paar Tage solltest du nicht an nackte Frauen denken. Huh, hätt ich nicht sagen sollen, was? Da geht’s schon los.« Er schüttelte den Kopf; Emes wimmerte leise. » Ist schon in Ordnung für nen Krieger, von wegen stramm und bereit und so; wird aber zuerst mal weh tun. Mach dir keine Sorgen, nichts ist für die Ewigkeit, du nicht und der nicht. Ehe du stirbst, kannst du ihn wieder verwenden.«
Philippos lachte. » Ein herzhaftes Wort zur falschen Zeit. Wie steht’s denn?«
» Schräg«, knurrte Emes. » Der Kleine drückt sich vorm Üben. Keine Weiber, kein Plündern, kein Geld. Scheißkrieg.«
Drakon stand auf; grinsende Helfer umringten Emes, ohne jeden Versuch, ihm zur Hand zu gehen. » Gut, dich zu sehen, Philippos. Wie war’s in Athen?«
Philippos hob die Schultern. » Groß, laut, schmutzig.« Er sah zu, wie Drakon in einem Stapel von Werkzeug nach einer bestimmten Säge wühlte. » He, woher hast du die?« Es war eine schöne und scharfe Säge, mit glänzenden kleinen Zähnen und Elfenbeingriff.
» Hat er geklaut«, sagte Emes.
» Und die Verhandlungen?« sagte Drakon; er hielt die Säge hoch.
Philippos setzte sich auf einen Schemel; einer der Helfer brachte Wasser und Wein. Drakon kaute immer noch auf seinem Zweig und kratzte etwas von der Säge– Blut oder Schmutz.
» Die Verhandlungen?« Philippos kicherte und berichtete von den Ereignissen in Athen, dem Lager, den Ritten zur Stadt, der Theateraufführung. » Danach ging alles glatt. Alexander hat ihnen zuerst nen heiligen Schrecken eingejagt mit diesem Hin und Her und Euripides und Aristophanes. Dann haben er und Antipatros noch mal mit Demades, Phokion und Aischines geredet, nicht mit den anderen, und ihnen ein paar Hinweise gegeben. Der Rest hat eigentlich darauf gewartet, daß wir Athen niederbrennen. Hatte Demosthenes ihnen ja auch oft genug gesagt, von wegen, Philipp haßt Athen und will die Stadt zerstören, dieser ganze Unsinn. Jedenfalls– Alexander verlangt den Kopf von Demosthenes, die Auflösung des Seebunds, die Auflösung der Flotte, dies und das, natürlich den Verzicht auf persisches Gold und so weiter. Alles einerseits sehr sachlich, ohne Schärfe, anderseits unendlich liebenswürdig. Die Athener haben ihn längst nicht mehr Alexander genannt, sondern Apollon. Dann haben sie, als Zeichen guten Willens und Beweis fortdauernder Eigenständigkeit, ihren obersten Strategen bei Chaironia, Lysikles, zum Tode verurteilt, weil er das Heer in den Untergang geführt hätte. Demades hat öffentlich mit Alexander verhandelt und in Athen ein sehr großes helles Gesicht gekriegt; angeblich ist es ihm ja gelungen, die Stadt zu retten. Dabei war das, was hinterher bei den Verhandlungen rausgekommen ist, genau das, was Alexander von vornherein haben wollte. Demosthenes wird nicht ausgeliefert; die Stadt behält ihre Autonomie, verpflichtet sich aber, im Winter bei den Bundesverhandlungen in Korinth mitzumachen und dem Bund beizutreten, den Philipp haben will; der attische Seebund wird aufgelöst, aber Athen behält seine Flotte– und verpflichtet sich, einem hellenischen Bund Heer und Flotte zur Verfügung zu stellen. Und Antipatros stand finster daneben, die ganze Zeit. War gut abgesprochen. Ein Blick auf sein Gesicht, und dann doch lieber Alexanders Forderungen nachkommen.«
Drakon legte eine kleine Feile an und schliff an zwei Zähnen der feinen Säge herum. » Wir haben also alles gekriegt, was wir haben wollten?«
Philippos grinste. » Nicht nur das. Philipp hat für den Winter alle Hellenen außer Sparta nach Korinth eingeladen. Athen hat zugestimmt und wird zu allem Ja sagen– also machen die anderen Hellenen auch mit. Philipp kriegt seinen Bund. Demades ist der große Mann; Demosthenes ist zumindest vermindert. Und Alexander? Wenn er zwei Tage länger geblieben wäre, hätten die Athener ihn zum Gott erhoben. Er hat allen den Kopf verdreht. Und der berühmte Leochares macht auf Kosten der Stadt Athen zwei Statuen aus Gold und Elfenbein, von Philipp und Alexander, für den Rundbau in Olympia, den Philipp gerade errichten läßt.– Also, hör mal, diese
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