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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Festigung der Bindungen zwischen ihm und den Gebietsfürsten hilfreich wäre. Ein kluger Gedanke, ein richtiger Gedanke, und ein furchtbarer Fehler.«

15 .
    Verschworen und verbannt
    Seit Stunden ritten sie bergauf, immer nach Nordwesten. Die fruchtbare lynkestische Hochebene, die im Sommer braun und verbrannt sein würde, lag längst hinter ihnen, ebenso die von Pella im Osten über Edessa weit nach Westen, zur illyrischen Küste führende Straße. Dort, in einem großen umwallten Gasthaus, hatten sie die Nacht verbracht. Es war gut gewesen, nach all den Monden wieder die vertrauten Laute zu hören, den späten lynkestischen Frühling zu riechen, mit Bauern und Händlern in der eigenen Sprache über die wichtigen Dinge zu reden: die Äcker, die Saaten, die Frühlingsregen, die Verheerungen der Wildschweine, winterliche Wolfsjagden. Und die Abgaben für den Herrscher der Makedonen, dem so viele junge Männer der Gegend gefolgt waren. Es war auch gut gewesen zu sehen, zu hören, zu spüren, daß hier der Herr von Pella immer noch weniger galt als die Fürsten der Lynkestis. Philipp war weniger König der Makedonen als vielmehr Argeadenfürst, dem Eorden, Lynkesten und andere Hochland-Bewohner seit langem tributpflichtig waren, mehr nicht.
    Von einer verkrüppelten Pinie, weit rechts voraus, am Rand eines steinigen, von Steinmauern umgebenen Felds flatterte träge ein großer Vogel auf. Zu weit fort, um es genau sagen zu können; Heromenes hielt ihn für einen Geier. Er richtete sich auf, holte tief Luft und stieß einen langen, schrillen Schrei aus. Das Pferd blieb ruhig. Arrhabaios, der vor ihm ritt, drehte sich um. Der Muskel an seinem linken Auge zuckte sehr schnell– Zeichen der Freude oder Erregung. Im dichten Buschwerk am Fuß des Hangs zeterten ein paar Rebhühner, flogen aber nicht auf.
    » Ist was?«
    Heromenes grinste. » Reine Lust, großer Bruder. Die teure Heimat.«
    Arrhabaios hob die Schultern und blickte wieder nach vorn. Der steinige Weg wand sich zwischen Hügelkuppen, Gebüsch und kleinen Feldern den Hang entlang, immer aufwärts. Von einem flachen Stein in der Wegmitte, über dem die Luft waberte, glitt eine Schlange nach rechts, unter die Zweige eines Stachelbuschs mit gelblichen Blüten.
    Gegen Mittag rasteten sie unter breiten Eichen in einem Nebental; es gab hier eine Quelle, die sich zu einem Bach entwickelte, der weiter nördlich in einen Arm des Erigon floß. Heromenes hatte das Gefühl, jeden Stein und Strauch zu kennen. Chaironeia, Korinth, Sparta, der Hafen von Gytheion waren nur noch Namen aus fernen Weltgegenden, eigentlich längst ohne Bedeutung.
    Einer der Sklaven durfte nicht rasten; sie schickten ihn voraus. Als sie am mittleren Nachmittag das Tal erreichten, an dessen Nordende die kleine Burg stand, wartete der Verwalter bereits, um ihnen das Willkommen zu entbieten, das den Herren der Berge zustand: den mit einem Lächeln angedeuteten Kniefall, den Becher mit Wein und Wasser, Brot und Obst. Sie nahmen es entgegen, ohne von den Pferden zu steigen.
    » Ein paar Tage Ruhe, ehe wir zum Vater reiten.« Arrhabaios beschirmte die Augen mit der Hand und schaute über das weite grüne Tal. Pferde und Rinder grasten am Flußufer, zwischen Wasser und Weg; die Felder oberhalb der Weiden waren sauber und offenbar gut bestellt; an den Hängen, um die Steinhütten mit ihren umfriedeten Gemüsegärten, wimmelte es von Schafen und Ziegen.
    » Ist Alexandras nicht mitgekommen?«
    Heromenes wandte sich um, beinahe unwillkürlich; hinter ihm und Arrhabaios ritten ein paar beurlaubte lynkestische Leibkrieger, Diener und Sklaven. » Er hat Aufträge von Philipp zu erledigen, in Pella und Therme. Vielleicht kann er im Sommer heimkommen.«
    Die Burg war auf einem Felssockel errichtet, die Grundmauern gewaltige Steinquader. Darüber ragten die eigentlichen Mauern und Türme auf: ein wildes Gemisch aus Bruchsteinen, Ziegeln und Lehm, hier und da von mächtigen Baumstämmen gestützt und mit Bronzeringen gesichert. Sie ritten durchs Tor; die Diener des Haushalts, die Familie des Verwalters und ein paar Pferdeknechte warteten im Burghof, auf den unebenen Platten. Sie halfen den heimkehrenden Fürstensöhnen von den Pferden, nahmen ihnen Waffen und Rüstungen ab und geleiteten sie ins Wohngebäude. Der große Saal– die Steinwände teils geschlämmt, teils mit dunkel gebeizten Hölzern verkleidet– duftete nach frischen Blumen, nach dem Eintopf aus Bohnen, Zwiebeln, Schaffleisch, Schweinefleisch und

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