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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Frau mit schlotternder Haut. Der Knabe Dionysos wurde als Mädchen verkleidet, in den Frauengemächern aufgezogen, war plötzlich Achilles, der schmollend unter den Maiden saß, wurde von den Nymphen mit Honig genährt, wuchs heran und verfiel dem Wahnsinn. Begleitet von seinem Erzieher Silenos und einer kreischenden Horde von Mainaden und Satyrn– woher kamen all die Bocksfüße?– zog Dionysos durch die Welt, der efeuumwundene Stab mit dem Tannenzapfen auf der Spitze war ein Phallos, und mit Hilfe der Amazonen besiegte Dionysos die feindlichen Titanen in Ägypten Ägypten Ägypten, und setzte König Ammon Amûn Om wieder in sein Reich ein, zog nach Indien, über Berge und durch Wüsten, erließ Gesetze, gründete Städte, pflanzte Wein, trank trank trank, kam nach Thrakien, nach Theben, verbreitete Wahn und Rausch, fuhr mit den Piraten übers Meer, ließ den Weinstock wachsen, der den Mast umwucherte, verwandelte die Ruder zu Schlangen, sich selbst in einen Löwen mit dem Gesicht zur Sonne, füllte das Schiff mit Geistertieren, machte die Piraten zu Delphinen, wurde endlich von der ganzen Welt verehrt, stieg zum Olymp hinauf und sitzet zur Rechten des Göttervaters und schlachtet ein Lamm und teilt den Fisch und reißt das Auge des Horos heraus und setzt Ammon wieder ein und löscht die Feueraltäre und beendet die Herrschaft der Perser und stirbt in Babylon und ist ein flammender Stern und ein Sternbild und stirbt und lebt weiter und erfüllt ihren Schoß, und dann ächzte der Mann hinter ihr schwer und sackte auf sie und sie hörte das grollende Keuchen und roch ihn und wußte, daß der Ägypter gekommen war.

8 .
    Splitter im Auge des Horos
    Peukestas legte neues Holz aufs Feuer; und Rollen. Er zauderte, warf einen Blick über die Schulter.
    Aristoteles hatte sich aufgerichtet und beobachtete ihn mit einem spöttischen Lächeln. » Keine Sorge; der Brief, den du suchst, ist nicht dabei. Er ist sicher.«
    Peukestas riß einen Span von einem Scheit und zündete weitere Lämpchen an; es war Abend geworden. » Du siehst erstaunlich gut aus. Wie fühlst du dich?«
    Aristoteles blinzelte; er schien in sich hineinzuhorchen. » Besser. Das Reden über Vergangenes bringt nicht nur die Vergangenheit zurück, sondern die Jugend des Redenden. Beweis für greise Torheit.« Er kicherte. » Aber es ist so, wenn es auch kindisch sein mag.«
    » Sollen wir eine Pause machen?«
    Der Philosoph seufzte leise. » Bald beginnt die endlose Pause. Nein; es ist…« Er zögerte, als ob er nach Worten suchte. » Diese Dinge haben meinen inneren Darm gebläht, seit du die erste Frage gestellt hast. Es erleichtert mich, derlei Luft abzulassen. Außerdem…«
    Er schloß die Augen, ließ sich wieder aufs Lager sinken. » Es wärmt mich; ich verbrenne mein letztes Feuer. Je schneller und heftiger es niederbrennt, desto mehr Würdelosigkeit des Dahinsiechens bleibt mir erspart.« Er nestelte an der dünnen Kette, die das ägyptische Amulett hielt.
    » Ich verstehe vieles nicht«, sagte Peukestas halblaut.
    Der Greis kicherte wieder. » Die Voraussetzung aller Philosophie. Was denn, Sohn meines Freundes Drakon?«
    » Der immerwährende Krieg zwischen Philipp und Olympias, von dem in den Erzählungen die Rede ist. Bei dir beginnt er als Friede, Liebe und Leidenschaft.«
    Aristoteles nickte. » Die Eigenschaften eines Menschen sind wahrscheinlich von vornherein da, sie müssen sich jedoch erst entwickeln, um zu ihrer ganzen Scheußlichkeit zu gedeihen. Was die Erzählungen und die Tragödien darstellen, sind abgeschlossene Entwicklungen; wir reden aber vom Verlauf des Entwickelns. Ich weiß nicht, ob die Dinge sich insgesamt so abgespielt haben, wie ich sie berichte; Philipp hat mir später vieles erzählt, als ich in Pella und Mieza war. Auch dein Vater kannte Dinge… Jedenfalls glaube ich, daß wir große Gestalten wie Philipp und Olympias und natürlich Alexander nur erfassen können, wenn wir sie vor der endgültigen Ausprägung bedenken.«
    Peukestas knabberte an einem Fetzen Fleisch. » Eine sehr lange Geschichte. Haben wir genug Zeit?«
    » Wenn wir so weitermachen…« Aristoteles richtete sich auf und zog das Amulett hervor. » Von dem, was mir an Leben bleibt, ist vielleicht schon die Hälfte vergangen. Zerronnen. Auf diese Weise würden wir zu Alexanders fünftem Geburtstag gelangen, bis ich sterbe.«
    » Wie können wir vorgehen?«
    » Du weißt, wer Philipp ist, wer Olympias, wer Demosthenes. Ich habe die Kraft wiedergewonnen,

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