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Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht

Titel: Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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nicht vorkommt.
    »Andrea scheint übrigens ein ziemlicher Wildfang gewesen zu sein«, sagte Balke. »Sie hat lieber Cowboy gespielt als mit Puppen, hat mir die Mutter erzählt.«
    Mit einem Mal war es ganz still. Der Wind vor den Fenstern schien sich plötzlich gelegt zu haben. Auch von Sönnchen hörte man nichts mehr. Vermutlich war sie essen gegangen.
    »Okay«, seufzte ich und rieb mir die Augen. »Lassen Sie die Akten kommen.«
     
    Am Nachmittag begann es wieder zu stürmen. Dunkle Wolkentrümmer trieben über die Stadt hinweg. Ich studierte die Berichte meiner Untergebenen, die übers Wochenende Muriel Jörgensens Nachbarschaft abgeklappert hatten. Nicht nur Frau Weberlein war aufgefallen, dass man Tim seit einiger Zeit nicht mehr sah. Viele hatten auch schon das Gerücht gehört, seine Eltern lebten seit Neuestem in Scheidung. Manche vermuteten, Tim lebe nun bei seinem Vater. Die meisten hatten überhaupt nichts gedacht.
    Zu meiner Überraschung hatte Muriel Jörgensen sogar den Erpresserbrief wiedergefunden. Das Original befand sich im kriminaltechnischen Labor, eine Kopie lag vor mir: Ein weißes Blatt, auf das jemand rührend akkurat aus Zeitungen ausgeschnittene Buchstaben geklebt hatte.
     
    Sehr geehrte Frau Jörgensen, wir haben Ihren Sohn. Tim geht es gut, und er möchte sehr gerne wieder nach Hause. Wir verlangen eine halbe Million Euro in kleinen, nicht sortierten Scheinen. Wegen der Modalitäten der Geldübergabe werden wir uns in den nächsten Tagen mit Ihnen in Verbindung setzen.
     
    Wäre nicht alles so trostlos gewesen, ich hätte lachen müssen.
    Mein Telefon summte. Der Vorsitzende irgendeiner Mannheimer Bürgerinitiative wolle mich wegen irgendwas sprechen, erklärte mir Sönnchen fröhlich und stellte durch. Der Mann hatte eine unangenehme Stimme, verhaspelte sich ständig und sprach mit hessischem Akzent. Langatmig erklärte er mir, dass er mich gerne zu einer Podiumsdiskussion einladen wollte zum Thema »Die Sicherheit unserer Städte im 21. Jahrhundert.«
    Ich redete mich auf Terminprobleme heraus, und es gelang mir, ihn abzuwimmeln, ohne dass er am Ende allzu böse auf mich war.
     
    Ich kann bis heute nicht sagen, wie Balke es geschafft hat, denn technisch war es eigentlich unmöglich: Als ich am Dienstagmorgen mein Vorzimmer betrat, lagen zwei Stapel Ordner auf einem Tisch neben Sönnchens Aktenregal.
    Ich zählte elf Stück. Der Fall Andrea Basler.
    »Wir suchen nach weiteren Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen«, erklärte ich Minuten später meinen Leuten. »Und natürlich auch nach signifikanten Unterschieden.«
    Klara Vangelis würde sich um Tatablauf, Spurenlage und alles andere kümmern, was unmittelbar mit dem Fall zu tun hatte. Balke wollte sich die Protokolle der Zeugenvernehmungen vornehmen. Die nebenläufigen Spuren würde Vangelis jemandem aufs Auge drücken, der gerade nicht viel zu tun hatte.
    »Nehmen Sie sich so viele Leute, wie Sie brauchen«, sagte ich. »Alles, was nicht brandeilig ist, bleibt liegen. Kommen wir zum Fall Jörgensen.«
    »Da gibt es leider keine Neuigkeiten«, erwiderte Vangelis. »Es ist wie bei Gundram und Andrea auch: Niemand hat etwas gesehen oder gehört. Als hätte der Junge sich in Luft aufgelöst.«
    »Es ist einfach schon viel zu lange her«, brummte Balke, der heute noch schlechterer Laune zu sein schien als am Tag zuvor.
    »Die Familie ist alles andere als beliebt im Viertel«, fuhr Vangelis fort. »Die Frau gilt als hochnäsig, Tims Vater war in den letzten Jahren nur selten zu Hause. Trotzdem ist er als Kotzbrocken verschrien, der nie Zeit auf Höflichkeiten verschwendet.«
    »Was ist der Vater eigentlich von Beruf?«, fragte ich.
    »Bauingenieur«, wusste Balke. »Arbeitet wohl viel im Ausland.«
    »Seit der Junge verschwunden ist, hat man übrigens auch die Mutter kaum noch in der Öffentlichkeit gesehen«, fuhr Vangelis fort. »Ihren Sohn hat sie früher anscheinend mehr oder weniger unter Verschluss gehalten. Wenn der arme Junge überhaupt mal den elterlichen Garten verlassen durfte, dann entweder in Begleitung der Mutter oder einer Hausangestellten.«
    »Er geht nicht mal in den Kindergarten.« Balke unterdrückte schon wieder ein Gähnen. »Das ist doch komisch, schließlich ist er schon vier.«
    »Von dieser Hausangestellten habe ich schon gehört«, fiel mir ein. »Um die müssen wir uns unbedingt kümmern. Wenn ich mich richtig erinnere, hat sie vor einiger Zeit gekündigt.«
    »Frau Jörgensen sagt, sie selbst sei es

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