Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Alexanders Satrapen im näheren Asien, vor allem Antigonos und Nearchos, sorgten für Ruhe, Nachrichtenfluß und Nachschub; die Inseln und Küsten bis Kyrene, die Länder zwischen Hellespont, Babylon und Ägypten gehörten und gehorchten dem König der Makedonen und seinen Beauftragten. Aus den engen Dörfern und Städten von Hellas und Makedonien, aber auch aus den Orten Asiens und der Inseln hatte sich eine gewaltige Wanderung aufgemacht; Krieger, Künstler, Händler, Dirnen, Bauern, Handwerker, Forscher, Verwalter und natürlich auch Beutejäger strömten in die neu eroberten Länder, um dem König zu helfen und sich dabei reichlich zu nützen.
Alexander hatte in Babylonien zum dritten Mal ein Heer, das größte, der Perser aufgerieben, Babylon besetzt, Susa genommen, die unbezwinglichen Uxier, Herren der Persischen Tore, zu seinen Knechten gemacht und – dies die letzte Meldung, wenige Tage alt – Persepolis geplündert und niedergebrannt.
Hamilkar klang ungewöhnlich ernst, fast entsetzt, als er es berichtete. Dymas dachte an die zweimal zehntausend Wesen aus lichtem und schwarzem Feuer; an die Nacht in der Nähe des Granikos; an Philipps und Parmenions Heer, das dem hellen oder dunklen daimon diente.
»Mehr, als ihr erwartet hattet, oder?«
Hamilkar schnalzte leise. »Mehr, als irgendwer hätte träumen können – in guten oder bösen Träumen.«
Dymas rümpfte die Nase. »Habt ihr es euch vielleicht ein bißchen selbst zuzuschreiben?«
»Ein bißchen, vielleicht. Aber nicht mehr. Er ist einfach zu ... tja, zu was?«
»Was war denn euer Anliegen? Das, was offensichtlich ist, oder noch etwas anderes?«
Hamilkar rieb sich die Schläfen mit den Fingerspitzen. »Hm. Was ist für dich offensichtlich?«
»Das Dreieck der großen Mächte. Karchedon; Persien; und wer immer gerade in Hellas wichtig ist. Dazu natürlich Syrakus, aber die zählen eigentlich nur für, oder gegen, euch. In diesem Fall, sagen wir, Karchedon und Persien und Makedonien. Solange Persien alles zwischen Hellespont, Ägypten und Indien bestimmt, ist Persien zu stark; also muß man es schwächen. Ich nehme an, ihr habt gedacht, wenn ihr Alexander ein bißchen helft, oder einfach nur wegschaut, wenn er zum Beispiel Tyros angreift, schwächt ihr Persien und stärkt euch. So ungefähr?«
»So ungefähr. Vor allem: Solange Hellas ganz auf den Osten ausgerichtet ist, können wir uns ungestört mit dem Westen befassen; und wenn es Ärger mit Syrakus geben sollte, stünde Syrakus allein, ohne Hilfe etwa von Korinth.«
»Und nun?«
»Scherben. Er ist das Wunder der Oikumene, Dymas; der größte Stratege und Männerführer, den es je gab – wahrscheinlich. Wenn alles sich so entwickelt, wie wir im Moment befürchten, wird er nicht mit Susa und Persepolis aufhören. Den Gerüchten zufolge plant er, in Ekbatana die Hellenen heimzuschicken, den Rachefeldzug für beendet zu erklären und mit der makedonischen Eroberung Ernst zu machen. Nicht als ob er das nicht bisher schon getan hätte. Und das heißt, es gibt nur noch zwei Mächte – ihn, und uns. Und er hat mehr in der Hand, als das uneinige Hellas und das immer bröckelnde Persien vorher zusammen waren.«
Dymas dachte angestrengt nach. »Ich verstehe das, natürlich; aber was habe ich dabei zu tun? Du hast mich doch sicherlich nicht hergebeten, um mit mir die strategischen Probleme Karchedons zu erörtern.«
Hamilkar grinste flüchtig. »Kennst du Kleon?«
»Den toten Athener?«
»Den lebenden Korinther, der die Geschäfte des edlen Demaratos hegt und hütet, solange dieser anderweitig beschäftigt ist.«
Dymas nickte.
»Du könntest eine längere Reise unternehmen.«
»Ah ja. Wohin?«
»Dyrrhachion. Korinth. Athen. Pella. Memphis. Babylon.«
Dymas stöhnte. »Damit bin ich mehrere Jahre eingespannt; unter deinem Joch, und vermutlich gegen keineswegs ausreichende Bezahlung. Von der Frage, ob ich überhaupt will, gar nicht zu reden.«
Hamilkar legte die Fingerspitzen aneinander und berührte sie mit der Nase, wie um den Ruch zu prüfen, in dem er und seine Finger bei Dymas standen.
»Ich weiß, daß es nicht ganz billig ist.« Er knurrte leise. »Aber feilschen wir später. Es geht um mehrere Dinge.«
Karchedon erwartete einen demokratischen Umsturz in Syrakus, der vermutlich jemanden an die Macht bringen würde, der zur Sicherung der eigenen Stellung nach innen einen großen Erfolg nach außen brauchte. Da lag es nahe, den alten Feind im Westen anzugreifen und die mühsam
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