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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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der Lagide hat seit diesem Tag alles absichtlich entstellt.«
    »Wie denn? Kann man Tatsachen berichten und gleichzeitig entstellen? Verzerren? So verdrehen, daß die Wahrheit nicht mehr sichtbar ist?«
    »Erinnerst du dich an die Belagerung von Massaga?«
    Peukestas nickte langsam, jählings schwunglos geworden. »Ich erinnere mich – ungern. Es war ein schwarzer Tag.« Im Geiste sah er die Stadt, die Burg, von indischen Söldnern verteidigt, schwer oder gar nicht einzunehmen. Alexander sicherte den Söldnern freien Abzug zu; als sie abmarschierten, ließ er sie abschlachten.
    »Ptolemaios schreibt hierzu sehr geschickt, man habe erfahren, sie wollten sich in der Nacht heimlich davonmachen, jeder nach seiner Heimat, um nicht gegen andere Inder kämpfen zu müssen. Sie hätten aber das Ende der Belagerung nur dadurch erreicht, daß sie sich verpflichtet hatten, künftig unter Alexander zu dienen. Also planten sie Verrat, also mußte er diesem Verrat zuvorkommen, um nicht wenige Tage später erneut gegen die gleichen Krieger kämpfen zu müssen.«
    Peukestas zögerte. »Ich weiß es nicht ... Vielleicht wußte Ptolemaios Dinge, die wir nicht erfahren haben. Uns hat man gesagt, sie hätten nach einem vorgetäuschten Abzug kehrtmachen wollen, um uns nachts zu überfallen.«
    »Und es waren schon so viele Männer hingerichtet worden, die laute Zweifel an Alexander geäußert haben, daß ihr es vorgezogen habt, zu hören, zu glauben und zu gehorchen, nicht wahr?«
    »Wer hätte uns denn heimführen können, wenn nicht Alexander?« Peukestas entsann sich der immer wieder in Empörung und Müdigkeit auflodernden Verzweiflung. »Genau wie in Indien, als wir nicht mehr weitergehen wollten. Die Meuterei am Hyphasis ... Es hat immer wieder Männer gegeben, die sagten, wir müssen all dem ein Ende machen; laßt uns den König töten und heimgehen. Aber ... sie verschwanden plötzlich; und vor allem war ja keiner da, der uns aus den Labyrinthen der Fremde hätte heimbringen können. Keiner außer Alexander. Parmenion hätte es gekonnt, aber der war tot.«
    Mit deutlichen Bildern und unvermindertem Entsetzen kamen die Erinnerungen. Die endlosen Märsche durch steinige Wüsten; Männer, die an Durst und Hunger starben; Stadtgründungen, die nur dem Ziel dienten – und keiner, der es nicht begriffen hätte –, Aufbegehrende und Verwundete, die den Vormarsch behinderten, zurücklassen zu können. Andere Gründungen gab es auch – sinnvolle, Wehrdörfer, Burgen zur Beherrschung der eroberten Gebiete; dort wurden Freiwillige angesiedelt. Aber das war nur ein Teil ... Dann die entsetzlichen Tage in Indien, der endlose heiße Regen, die erstickenden Nächte in Dschungel und Morast, vergiftete Pfeile aus dem Dickicht, jeden Morgen ein Dutzend Krieger oder mehr, die nicht aufstanden, weil sie von Schlangen gebissen worden waren; der Leichnam eines Freundes, mit offenem Mund, aus dessen Schlund ein widerliches schwarzes Reptil kroch, als Peukestas den vermeintlichen Schläfer wecken wollte; das Getier, das Wasser, die Sümpfe; Männer, die den Helm fortwarfen, das Gesicht zum Himmel wandten und stehend, wahnsinnig, im Regen ertranken; Männer, die morgens aus einem nassen Loch krochen, besetzt von wimmelnden Egeln; Männer, die plötzlich auf Armen und Beinen liefen und mit Gebell im Dschungel verschwanden.
    »Was war mit den anderen erfahrenen Leuten? Koinos, zum Beispiel?« sagte Aristoteles lauernd.
    Koinos, Lehrmeister des Königs, Offizier schon unter Philipp, treu bis zum Ende ... Koinos, der harte grauhaarige Taxiarch, der am Hyphasis das Schwert gezogen und es dem König gereicht hatte mit der Forderung, Alexander möge es zerbrechen, es stehe nicht für weiteren Irrsinn zur Verfügung. Koinos, der das Heer aufgerichtet und zusammengehalten hatte, als der tobende, zürnende Alexander sich drei Tage lang in sein Zelt zurückzog und die Männer wankten, zweifelten, ob sie nicht doch weiter ihrem König, diesem Halbgott, dem Unbesiegbaren folgen sollten, wenn er nur endlich aus dem Zelt käme und die Sonne seiner Gegenwart wieder strahlen ließe. Koinos, der drei Tage lang die anderen Offiziere und einfachen Kämpfer beschwor, bedrohte; dem am dritten Tag etwas gelang, was die Heere des Dareios nicht geschafft hatten: Er siegte, Alexander gab auf, ließ Altäre errichten und erlaubte dem Heer, umzukehren.
    »Koinos starb bald danach, nicht wahr?«
    Peukestas riß die Augen auf. »Es war ...« Er stockte. »Es war eine Vergiftung;

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