Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
wohlmeinenden Bürgers der Stadt an den persischen Befehlshaber der Festung. Schmale scharfe Messer wurden in den Flöten verborgen; als die Perser nach dem Essen und reichlich Wein schwerfällig wurden, öffneten die Tanzmädchen mit dem Inhalt ihrer Flöten die Herzen der Besatzer und die Tore der Festung.
Dann Xanthos, dann Phaselis, und dorthin sandte Parmenion seinen Sohn, Philotas, den Führer der Hetairenreiter – einer der höchsten Offiziere als Bote, aber seine Botschaft war ungewöhnlich.
»Du hast uns etwas mitgebracht, Freund?«
Philotas stand auf, nickte zwei Männern am Zelteingang zu und wartete, bis sie gegangen waren.
»Ein etwas seltsames Geschenk – und einen Rat an dich, Alexander.«
»Wie lautet er?«
Philotas grinste. »So spricht Parmenion, der Stratege: ›König, Freund, Sohn – Heil und Grüße. Deine Befehle werden ausgeführt, das Land gesichert. Wir sehen uns in Gordion. Verfahre mit dem Geschenk, wie du es für sinnvoll hältst. Und bedenke: Wenn du Wein willst, mußt du nicht unbedingt die Amphore zerschlagen; es genügt oft, den Stöpsel zu ziehen.‹ Ende der Botschaft.«
Der Zelteingang wurde zurückgeschlagen; Philotas’ Leute führten zwei an den Händen Gefesselte herein. Der eine war ein Perser, der andere ein makedonischer Offizier, den alle sehr gut kannten: Alexandros der Lynkeste. Auf Bagoas’ Gesicht zeigte sich nichts als offenes, fast kindliches Erstaunen, so ehrlich, daß es nach Ptolemaios’ Meinung nur gespielt sein konnte.
»Dies ist das Geschenk meines Vaters. Ein edler Perser, der seinen Namen mit Sisines angibt, wurde von unseren Reitern abgefangen. Es bedurfte einiger ... Überredung, bis er uns die Botschaft sagte, die er zu übermitteln hatte. Eine Botschaft von Dareios an Alexandros den Lynkesten, der seit Kalas’ Ernennung zum Satrapen die thessalische Reiterei führt, Freund und hetairos des Königs und, wie wir nicht vergessen wollen, Bruder der Verschwörer und Königsmörder Heromenes und Arrhabaios.«
Trotz der stickigen Hitze war es einen Moment so, als ob sich Kälte über die Männer senkte. Alle starrten Philotas an, dann den Perser und Alexandros, der keine Miene verzog.
»Die Botschaft lautet sinngemäß: Dareios bietet Alexandros tausend Talente in Gold, den Thron Makedoniens und die unverbrüchliche Freundschaft des Großkönigs.«
Philotas konnte nicht weitersprechen; es war auch nicht nötig. Alle wußten, was die Gegenleistung sein sollte; es dauerte sehr lange, bis die Flüche, die Schreie von Zorn und Empörung, die gehässigen Bemerkungen, der ganze Wirrwarr von fünfzig Stimmen sich legte.
Alexander blieb kühl. Er wechselte einen Blick mit Demaratos (der alte Korinther hob kurz die Schultern) und bedeutete den Wachen, Sisines wieder abzuführen. Dann sah er sich um, streckte die Hand aus; Hephaistion zog einen Dolch und reichte ihn dem König. Jäh stürzte die Nacht mit ihrer Stille und Kälte ins Zelt. Alexander ging zwischen den Klinen und Tischen, mit langsamen, kurzen Schritten, zu Alexandros, der nun ohne Bewacher am Eingang stand, die mit Lederschnüren gefesselten Hände vor dem Bauch.
Zwei Schritte vor dem Lynkesten blieb Alexander stehen, wandte sich halb um und betrachtete seine Offiziere und Berater mit einem spöttischen Lächeln.
»Die Ratschlüsse eines Barbarenherrschers ... Sisines kennt uns; er war vor Jahren als Gesandter des Satrapen von Ägypten bei meinem Vater. Daher weiß er, daß es diese und jene Meinungsverschiedenheit zwischen den großen Häusern Makedoniens gibt. Philotas, ich schulde dir Dank für die Übermittlung deiner Botschaft; und niemals werde ich Parmenion, dem großen Strategen und Vater des ganzen Heeres, ausreichend danken können für seine Umsicht und Wachsamkeit.«
Die Verblüffung der Männer war fast greifbar; Ptolemaios beobachtete das Mienenspiel von Bagoas, von Demaratos, dann wieder das des Königs. Welcher der unzähligen Teile Alexanders war dies nun? Nicht der Stratege, nicht der Jugendfreund, nicht der Herrscher, nicht der Zweifler; in diesem Moment hatte er eher Ähnlichkeit mit einem listigen alten Wolf, einem, der seit Jahrzehnten mit Männern vom Schlag eines Demaratos würfelt oder feilscht und dabei nie verliert.
Alexander drehte sich zum Lynkesten um, der ihn mit aufgerissenen Augen anstarrte; das Gesicht war bleich, der dünne schwarze Bart gesträubt, die Zunge zuckte über die aufgesprungenen Lippen. Dann senkte sich der Blick, wie magisch angezogen,
Weitere Kostenlose Bücher