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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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annahm.
    Die wichtigsten Offiziere und Berater nahmen daran teil, ohne es zu ahnen. Das Spiel würde, sobald die Figuren fertig geformt waren, im Kopf auf einem erdachten Brett aus hundert Feldern stattfinden. Über die Regeln hatte er sich noch keine Gedanken gemacht, da er sich immer noch mit dem Spiel vor dem Spiel befaßte, mit der Gestaltung der Figuren. Tierfiguren waren es, bildhaft, nicht ohne Symbolkraft vorgestellt, stumm in geschliffenen Hexametern beschrieben. Zu den Figuren gehörten: Parmenion, der listige graue Eber aus den makedonischen Bergen (den Briefwechsel mit Aristoteles unterschlug Kallisthenes als störend); Demaratos, warzige Kröte mit dreifach gespaltener Zunge; Hephaistion, eitler aufgeputzter Kranich, der bisweilen hüpfte, um zu beweisen, daß er fliegen könnte, wenn er nur wollte; Krateros, brummiger Bär, berstend von Kräften; Koinos der stattliche Stier, vier Beine fest auf dem Boden; Ptolemaios – ein Problem, Wiesel oder Widder?
    Mit diesem Spiel befaßte er sich auch bei den nächsten Beratungen, die in den Marschpausen stattfanden, abends, wenn das Lager vom Sturm zum Zephyr abflaute. Er hörte die Berichte aus der Ferne, über die Kämpfe zwischen makedonischen Truppen und den persischen Nachfolgern des toten Memnon; er war dabei, als Parmenions Bote meldete, Dareios rücke im syrischen Flachland vor und komme bald in die Nähe der beiden Pässe, durch die er zur Küste vorstoßen könne. Während der Beratungen schrieb Kallisthenes – seine Helfer, soweit sie anwesend sein durften, zeichneten die wichtigeren Einzelheiten auf – vollendet gehässige Briefe an Freunde, voll gewundener Sätze und triefend von Anspielungen.
    Aristoteles teilte er so mit, man befinde sich in einem unwichtigen Küstenkaff, dessen Namen niemand je gehört habe noch je hören werde, an einem bedeutungslosen Fluß, und Alexander feilsche mit Parmenion um die richtige Verteilung der Truppen. Es sei dies eine ihrer liebsten Beschäftigungen; neuerdings gehe man dazu über, einzelne Truppenteile unabhängig voneinander einzusetzen, betreibe sinnlose Spiele wie »wenn Koinos mit seiner Taxis durch die Berge über A nach X marschiert, wieviel Verpflegung braucht dann die Taxis des Perdikkas, um den Weg über B nach X so zurücklegen zu können, daß sie einen halben Tag vor Koinos dort eintrifft« und ähnlichen Unfug mehr. Dabei sei es doch ganz offensichtlich, daß ein zusammenhängendes, ungeteiltes Heer mehr Wucht und Kampfkraft habe und derlei Spitzfindigkeiten überflüssig mache, wogegen die angeblichen Vorzüge selbständiger kleiner Einheiten Gespinste seien. Auch habe Aristandros die Mystik der Zahlen entdeckt; und zwar besonders der Zahl Drei. Dies sei ebenfalls beraten worden; ein Zeichen für die nicht ausreichend hellenisierte Barbarei mancher Makedonen. Drei Nachtigallen habe der Seher gehört, drei Schwäne habe der Priester gesehen, drei Lämmer habe der Weissager geschlachtet; die dreifache Drei verheiße Glück an diesem Ort – ausgerechnet dem unwichtigen Dorf am bedeutungslosen Fluß!
    Zu des edlen Onkels Erbauung und um sein allzeit nach Tatsachen hungerndes Denken zu sättigen, fügte Kallisthenes die Reinschrift der Aufzeichnungen seiner Schreiber bei. Er selbst überflog sie nur kurz; es schien sich wieder um eine jener unflätigen Kriegslisten zu handeln ...
    Parmenion, der die Pässe im Norden besetzt hatte, ließ seine Truppen zurück, um mit dem König zu beraten. Das gewaltige Heer des Großkönigs näherte sich; Dareios hatte aber keine Eile, oder er zauderte. Um die Beweglichkeit der Kämpfer zu erhöhen, hatte er den Troß, den Schatz, die meisten Frauen unter Bedeckung nach Damaskos bringen lassen; nun wartete er in den syrischen Ebenen – worauf? Jedenfalls, sagte Parmenion, seien alle Städte des Gebiets durch die Nähe des mächtigsten Heeres der Zeit in ihrem Widerstand gegen die Makedonen gefestigt.
    Alexander schwieg eine Weile; sein Blick suchte nacheinander die Gesichter der Berater und Offiziere, die mit ihm im Zelt waren: die Taxiarchen Koinos, Krateros, Perdikkas, Meleagros, Amyntas und Ptolemaios der Seleukide; Parmenion; seine Söhne Nikanor, Führer der Hypaspisten, und Philotas, Führer der Hetairenreiter; Protomachos, Ariston, Antiochos, Attalos, Sittalkes und die übrigen Führer der einzelnen Abteilungen; die »Politiker« um Demaratos – Seleukos, Leonnatos, Ptolemaios der Lagide, Laomedon; die anderen hohen Stabsoffiziere wie Kleitos, Hephaistion,

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