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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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Alexander nicht antwortete, rauschte er, daß es wie großes Gelächter klang: »Du bist sogar in der Hölle noch hochmütig, Halsstarriger. Weißt du denn nicht, wo du bist?«
    Vom Horizont her echote es, Tiere winselten mit. Im grünen Himmel war der Mond verschwunden, die langhaarigen Sanften waren aufgestiegen, sie formten die klagende Wolke, in der der Mond sich verbarg.
    »Halsstarriger Narr!« rauschte, schon im Davonfliegen, der Ewigkeitswind. Die Landschaft lag wieder starr; nur, da der Mond nicht mehr schien, in einem noch blasseren, grüneren und kälteren Licht.
    Gingen diesem Halsstarrigen und höchst Widerspenstigen auf seinem klapprigen Roß endlich die Augen auf? Sie hatten so lang nichts gesehen, vor lauter Starren zum Horizont.
    Seit wann waren seiner Armee die Eßvorräte ausgegangen, seit wann die Wasserschläuche leer geworden? Wie viele waren in diesem Sande geblieben? Die Hälfte oder ein Dreiviertel seiner Truppen?
    Hatten sich unter den Kamelen Männer gewürgt und geprügelt, um das Vorrecht, den Urin des Tieres trinken zu dürfen? Hatten andere, die verrückt geworden waren, sich Sand in den Mund gestopft, gespuckt, gejohlt und gelacht?
    Überall Stöhnen, Jammern, Hinsinken und Verrecken. Großes Stinken, Austrocknen und Verrecken, überall unter der sengenden Sonne. Freilich, nicht umsonst hatten am Eingange zur Ebene der Verdammten die zwergigen Ichthyophagen ins Öde gegrinst und gedeutet. Sie waren, diese kleinen Haufen Unrats, die letzte Warnung gewesen. Man war an ihnen vorbeigeritten. Die Wüste Gedrosien, hatte man gedacht, wird sie ärger sein als andere Wüsten? Laß doch sehen, Wüste Gedrosien!
    Dem Halsstarrigen auf dem verschmachtenden Roß sank der Kopf. »Das ist das Paradies, zu dem ich aufgebrochen bin.«
    Seine Augen begegneten den zu Tode ermatteten eines anderen, der im Sand lag. O Wunder: die Augen in diesem verhungerten jungen Gesicht leuchteten, wo alle übrigen klagten.
    »An was denkst du, daß du dich freust?« fragte Alexander, der sein Pferd halten ließ.
    Der junge Blonde konnte nur noch flüstern, Lippen und Zunge waren ihm vertrocknet. »Ich glaube«, flüsterte der junge Blonde.
    Alexander, näher zu ihm gebeugt: »Aber du stirbst ja –«
    Der junge Blonde nickte und lächelte. »Du bist auf dem Wasser gewandelt«, flüsterte der Verklärte. »Du wirst sie aus der Hölle – in deine Hauptstadt – heimführen.«

DER ENGEL MIT DEN VERBUNDENEN HÄNDEN
    I
    Dem General Hephaistion ließ der König in knappen Worten den Befehl zukommen: er möge mit des Landheeres größerem Teil an der flachen Küste entlang gen Susa marschieren; er selbst, Alexander, wählte den nächsten Weg durch die Berge, über Pasargadai und Persepolis. Hephaistion nahm den Befehl mit leichter und feierlicher Neigung des Kopfes entgegen; er ließ Seiner Majestät für das Vertrauen, welches man ihm schenkte, danken. Während er die höflichen Redensarten diktierte, dachte er: das bedeutet wieder Trennung auf Wochen; auch die letzten Wochen hat er mich fast nicht gesehen, er muß schon mein Gesicht vergessen haben –
    Wohin Alexander kam, zitterten alle, die ungerecht gewirtschaftet hatten. Er ließ sich auf Unterhandlungen nicht ein; stellte fest, strafte. Seine Erlasse kamen unerbittlich, präzis formuliert, jeder fühlte, daß sie endgültig waren.
    Als erster wurde der Satrap Aspastes von Karmanien abgesetzt; er hatte die Armen unterdrückt, anstatt sie zu schützen, und so Unehre gemacht dem heiligen Namen des Königs. – Nach ihm fiel der Perser Ordanes, der das innere Ariana verwaltet hatte. Aus Medien wurden die Herren Kleandros, Sitalkes, Herakon her befohlen, denen man besonders schlimme Dinge nachsagte. Die Armee, die sie ausgerüstet hatten, war dazu bestimmt, gegen den eigenen König zu kämpfen. Verdächtigerweise kamen sie auch gleich mit sechshundert Soldaten an. Seine Majestät ließ die drei Generale samt den sechshundert Soldaten hinrichten. Gleichzeitig erging der Befehl, daß alle Söldner, soweit sie nicht in Alexanders Namen geworben, sofort und anstandslos zu entlassen seien.
    Je weiter er in sein Reich einrückte, desto drohender wurde sein Blick. Man erkannte ihn nicht mehr: er war früher heftig gewesen, aber diese grausame Ruhe seines Gesichtes war fremd.
    Er ritt nicht mehr, eingemummt in sein strenges Prachtkostüm thronte er in der Kutsche. Ihm folgten, wie ehemals dem Dareios Kodomannos, dem Xerxes, die Henker, denen er nur seine schauerlich

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