Alexander
dankbar.
In Susa traf Alexander mit dem Hephaistion und seiner Heeresabteilung wieder zusammen. Er bat den General sofort zu einer privaten Audienz.
Hephaistion wurde in das intime Kabinett des Königs geführt, nicht in den offiziellen Empfangsraum. Alexander streckte ihm die Hand entgegen, wie schon lange nicht mehr, so herzlich. Der seit Monaten Vernachlässigte errötete leicht vor dankbarer Freude. Während er sich verneigte, lächelte er, dabei zeigte er seine schönen Zähne. Noch in der Verneigung sagte er mit seiner angenehm umflorten Stimme: »Es ist schön, daß du doch noch Zeit für mich hattest –« Über ihm wandte der König, schon enerviert, das Gesicht: »Ja, wirklich, ich bin ziemlich beschäftigt – Setze dich doch«, bat er flüchtig, da Hephaistion mit enttäuschter Miene vor ihm stand.
»Ich bereite einige Feierlichkeiten vor, die politisch von eminenter Bedeutung sind«, sagte Alexander, der gehetzt auf und ab ging. Plötzlich, die Hand an der Stirne, blieb er stehen, wie übermüdet: »Entschuldige, wenn ich dir von öffentlichen Dingen spreche, anstatt von unseren Angelegenheiten, die dich vielleicht mehr interessierten –« Er zögerte, fuhr aber gleich wieder fort:
»Zehntausend griechische und mazedonische Soldaten sollen zehntausend persische Weiber heiraten, ich bezahle jedem die Aussteuer, dazu ein Silbertalent. Ich will den jungen Paaren ein ungewöhnliches Fest geben, denn am selben Tage will auch ich mich wieder vermählen, und würdiger als das erstemal.«
Hephaistion sah auf, ganz voll dunkler Verwunderung die Augen. Der in der Mitte des Zimmers, sein König, rief prahlerisch, wobei er den einen Arm hob:
»Ihre Hoheit, die Prinzessin Stateira, älteste Tochter des Großkönigs und Achämeniden, Dareios Kodomanno‘, ist schon von Babylon unterwegs. Mit ihr die jüngere Schwester, Prinzessin Drypetis, die ich dir zugedacht habe!«
Er packte den Freund an der Schulter, der aber wandte sich schmerzlich. »Laß mich aus dem Spiel!« bat er, zugleich warnend und flehend.
Nun erst bekam er Alexanders neue Stimme zu hören, sie schmetterte, freilich nicht enthusiastisch wie in der Schlacht, vielmehr hart, schneidend, böse. »Hast du denn alles vergessen?« schrie er ihn an, unter der wütend gesenkten Stirne. Und dann, tyrannisch gereckt, mit einer zugleich gebieterischen und vage entgleitenden Geste:
»Die Hochzeit!! Das Ziel –«
Er ließ den Arm sinken, stand mit schwer hängenden Händen wie ein Beschämter und Verunglückter da. Einen Augenblick lang dachte Hephaistion: »So sieht der nicht aus, der die Hochzeit anrichtet –« Freilich bereute er gleich diesen Gedanken.
Inzwischen hatte Alexander seine Zuflucht zu einem militärisch schnarrenden Ton genommen: »Ich bin es nicht gewohnt, über meine Befehle zu diskutieren«, hörte Hephaistion diese fremde Stimme sagen, die ihn an die des Philipp erinnerte. »Du bist vorläufig entlassen –«
Hephaistion, schon an der Tür, verneigte sich stumm. Seine in Tränen schwimmenden Augen ließen verzweifelt das entstellte Bild des Freundes.
An der Spitze der Tafel thront der König neben seiner verschleierten Braut, die über gold- und silbergewirkten Schleiern traurig erstaunte Tieraugen hat. Als nächstes Paar: Hephaistion und seine Drypetis, die ebenso feierlich-verständnislos blickt wie die Schwester; dann, in langer, hochgeputzter Reihe, all die anderen mazedonisch-griechischen Generale, Fürsten und Beamten mit ihren asiatischen Damen. Wenngleich die Spaßmacher rülpsten, hüpften, purzelten, die Sklaven mit den Weinen und den delikaten Speisen fleißig hin und wider eilten, wollte die Stimmung keine recht herzhafte werden. In eine oft peinliche Stille fielen Trinksprüche und Scherzreden befremdlich und unangebracht. Über die Gaukler konnte niemand lachen, oder nur so, daß es nicht recht natürlich klang. Die Männer aßen und tranken viel, um nicht mit den neuen Gattinnen, deren Namen sie kaum kannten, sprechen zu müssen. Man war beim Nachtisch; es gab gezuckerte Heuschrecken, auf Stangen gereiht, Datteln, Birnen, Granatäpfel, Mandelgebäck.
Das vorwurfsvolle Schweigen des Hephaistion, den öden Blick des eingemummten Königstöchterlein ertrug Alexander nicht mehr. Er sprang auf, winkte, ihm zu folgen, dem Bagoas. Bei Stateira entschuldigte er sich flüchtig, sie lächelte leer und zeremoniell unter dem köstlichen Tuche.
Draußen lockte die Nacht mit Gerüchen und Lärm. Es gab nur Besoffene,
Weitere Kostenlose Bücher