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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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»Zeig denen, dass sie nichts an die Operative Fallanalyse beim LKA abgeben müssen, wenn sie eine Spitzenfrau wie dich vor Ort haben.«
    Stimmt. Sie könnten es abgeben. Darüber hast du überhaupt noch nicht nachgedacht, Detective.
    »Hm, ich weiß nicht«, antwortete Alex verunsichert. »Du kennst mich gut genug, um zu wissen, wie leicht ich auch mal über das Ziel hinausschieße. Ich will nichts riskieren, Helen, ich bin noch in der Probezeit, und ich habe keine Lust darauf, dass es gleich eine Beschwerde bei Stemmle gibt. Der glaubt ohnehin, ich sei noch grün hinter den Ohren.«
    »Na ja, mehr als dich zurechtweisen wird er schon nicht. Und wenn ich das richtig verstanden habe, hat sich dieser Marcus doch persönlich für deine Stelle eingesetzt und auch bei der Auswahl ein Wörtchen mitgeredet. Dem wird schon klar gewesen sein, auf wen er sich da einlässt.«
    Alex lachte beim Aussteigen und machte einen großen Ausfallschritt über eine Pfütze. Der Regen hatte aufgehört.
    »Sieht er eigentlich gut aus?«, fragte Helen.
    »Marcus?«
    »Ja klar.«
    Alex schmunzelte. »Na jaa«, überlegte sie.
    »Also sieht er gut aus.«
    »Helen, hör auf damit.«
    »Bin schon ruhig. So, und jetzt schlaf gut, ich wollte auch nur mal schnell hören, was bei dir so los ist.«
    »Danke, Helen.« Alex klemmte sich das Handy mit der Schulter ans Ohr und fummelte den Wohnungstürschlüssel aus der Handtasche.
    »Und wirklich schlafen.«
    »Jaha, Mama. Werde ich, ich mache keinen Handschlag mehr, versprochen, ich bin echt todmüde.«
    »Träum süß. Nacht.«
    »Du auch, Nacht.«
    Alex öffnete die Wohnungstür und stürzte sich in die Arbeit.

[home]
    8 .
    P räventionskonzept jugendliche Mehrfachstraftäter«, stand auf dem Dokument. Alex rieb sich die Augen, schlüpfte aus den Schuhen und ließ einen davon am großen Zeh baumeln. Es war noch nicht mal zehn Uhr, in ihrem Büro aber bereits brütend warm. Die Polizeibehörde war in einer ehemaligen Kaserne untergebracht, die aus dem neunzehnten Jahrhundert stammte. Der rotverklinkerte, mehrgeschossige Bau war an einen Hang gebaut und stand unter Denkmalschutz, weswegen an den Einbau von Klimaanlagen nicht zu denken war.
    Alex hatte, bereits kurz nachdem sie das Gebäude betreten hatte, bedauert, sich für das helle Leinenkleid entschieden zu haben. Die Kollegen guckten ihr unverhohlen hinterher, und dieser Mario Kowarsch hatte auch noch mit der Zunge geschnalzt, als er mit zwei Kaffeebechern übertrieben dicht in seinem breitbeinigen Gorilla-Gang an ihr vorbeigewackelt war. Alex hatte »Danke, du mich auch« gemurmelt, worauf Kowarsch lachte. Er war etwas kleiner als Alex, dafür aber etwa so breit wie groß – typischer Fall von übertriebener Nutzung der Fitnesseinrichtungen. Zudem kam er gerade von einem Malediven-Urlaub zurück, war schokoladenbraun gebrannt und sah mit seinem gepflegten Kinnbärtchen aus wie die billige Kopie eines Latin Lovers. Alex war davon überzeugt, dass Kowarsch auch ein Tattoo hatte – wahrscheinlich einen Stacheldraht um den Arm oder etwas ähnlich Bescheuertes. Sie hatte schnell die Tür ihres Büros geschlossen und sich matt in ihren Stuhl plumpsen lassen. Die schwüle Hitze in ihrer kleinen Dachgeschosswohnung nahe dem Stadtzentrum und die Ereignisse auf dem Kornfeld hatten Alex in der letzten Nacht kaum ein Auge schließen lassen. Jedes Mal, wenn sie es versucht hatte, waren ihr die Bilder des zerfetzten Körpers durchs Gehirn geschossen, als hätten sie sich auf ihrer Netzhaut eingebrannt. Die eigentümliche Anordnung in dem Feld, der Kornkreis, all das Blut …
    Bis es dämmerte, hatte Alex im Internet auf Datenbanken recherchiert und sich Notizen gemacht, um ihre Einschätzung anderntags Marcus vorzutragen – falls der sie nicht sofort hochkant hinauswerfen würde, weil sie im Gespräch mit seinem Kumpel Marlon Kraft so nach vorne geprescht war.
    Und nun saß sie hier, Agent Clarice »Alex« Starling von Stietencron, neben sich die Mappe mit ihren nächtlichen Recherchen über einen brutalen Mordfall, vor sich immer noch das Papier, auf dem nach wie vor »Präventionskonzept jugendlicher Mehrfachstraftäter« geschrieben stand. Anspruch und Wirklichkeit – so nah beieinander. Natürlich gehörten das Erstellen solcher Konzepte und die Analyse von Kriminalitätsstatistiken zu ihrem Job. Aber da waren auch der Mord im Kornfeld und ein Täter, der frei herumlief, und schließlich war es das, genau das …
    … die große Chance für die

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