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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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blickte sie sich um. Die Bugwelle klatschte ihr ins Gesicht. Viviane schluckte Wasser und hätte es um ein Haar eingeatmet. Zu spät, um …
    Das war’s.
    Weiße Gischt brach über ihr zusammen. Mit letzter Kraft schrie sie gurgelnd um Hilfe und ruderte mit den Armen. Dann drückte sie der Bootsrumpf unter die Oberfläche. In der nächsten Sekunde schoss sie wieder nach oben und wäre fast mit dem Kopf an das scharfkantige und rostige Blechruder des Bootes gestoßen, das jetzt offenbar gestoppt hatte. Viviane versuchte zu schreien, brachte aber nicht mehr als ein Würgen zustande. Sie bibberte am ganzen Körper. Ihre Muskeln fühlten sich an, als wären sie mit Beton ausgegossen worden.
    Schließlich drehte sie sich um die eigene Achse und blickte nach oben. Auf dem Boot stand jemand. Sie konnte ihn gegen die Sonne nicht erkennen. Er hielt etwas in den Händen, das er wie einen Baseballschläger schwang.
    Ein dumpfer Gong. Gurgeln und Blubbern. Sie würde ertrinken. Jetzt. Das Wasser war sanft. Weich und zärtlich. Dann bohrte sich etwas durch ihre Fesseln und zerrte sie daran aus dem Wasser.
    Nicht. Noch nicht. Bitte. Nur einen Moment noch.
    Es rumpelte dumpf, als ihr Körper auf dem Fiberglasboden des Bootes aufschlug. Sie versuchte, die Augen zu öffnen. Aber da waren nur rote Vorhänge. Schlieren. Das Licht der Sonne brach sich tausendfach in den Wassertropfen auf ihren Wimpern. Etwas stach in ihre rechte Armbeuge. Eine Nadel. Alles wurde leicht.
    The ocean doesn’t want me today, the ocean doesn’t want me today, guter alter Tom Waits, guter alter …
    Viviane verlor das Bewusstsein.

[home]
    21 .
    A lex stellte die Nikes in das für Laufschuhe vorgesehene Fach ihres Schuhregals, schlüpfte aus den Shorts, streifte das durchgeschwitzte T-Shirt ab und drehte die Dusche auf. Kochend heiß. Prächtig. Sie senkte den Kopf und ließ den scharfen Strahl ihre Nackenmuskulatur massieren. Es tat gut. Sie war immer noch etwas außer Atem. Nichts mehr gewohnt. Okay, der letzte Triathlon lag auch schon einige Zeit zurück, aber sie hatte in den vergangenen Jahren regelmäßig von ihrem alten Polizeiausweis Gebrauch gemacht, der ihr freien Eintritt in Schwimmbäder oder Fitness-Einrichtungen verschaffte. So ein Ausgleich war wichtig, Körper und Geist mussten auf einem Niveau trainiert werden. Für den Kraftraum wäre es heute zu heiß gewesen. Allein beim Gedanken an die stickige Luft, den Gestank nach altem Schweiß und die von Testosteron verschleierten Blicke von Typen wie Mario Kowarsch, denen sie auf der Beinmaschine oder beim Bankdrücken ausgeliefert wäre, war ihr ganz anders geworden. Sie hatte sich ihren Kick heute lieber draußen in der Natur geholt. Die Luft im Wald war herrlich gewesen.
    Nachdem sie sich von oben bis unten gründlich eingeseift und den Schaum akribisch wieder abgespült hatte, glitt sie aus der Dusche, schlang sich ein weißes Handtuch um und ging auf den Balkon. Dort wartete bereits ein Merlot auf sie, der im letzten Licht des Tages glühte. Gut. Es war nicht Brad Pitt, der ihn eingeschenkt hatte – das hatte sie vor dem Duschen noch selbst erledigt –, und es war nicht George Clooney, der neben ihr sitzen und fragen würde: »Wie war dein Tag, Schatz?«, sondern nur ein fauler Kater namens Hannibal. Aber immerhin ein Kerl. Und ein kleiner Franzose war schließlich auch nicht zu verachten.
    Alex ließ sich in den Plastikstuhl fallen, schlug die Füße auf der Balkonbrüstung übereinander und nippte an dem Wein. Sie lauschte den fernen Geräuschen der Stadt. Einige Mopeds knatterten vorbei. Der leise Klang eines Songs von Chris Isaak, der irgendwo aus einem offenen Fenster
Back on your side
sang. Der Duft nach frisch Gegrilltem. Die Nacht zog auf. Ja, so ließ sich der Tag gut beschließen.
    Alex genoss einen weiteren Schluck und löste den Knoten von ihrem Handtuch. Blicke von Spannern musste sie hier oben nicht fürchten. Und schließlich war es immer noch brütend warm draußen – umso mehr in ihrer Dachgeschosswohnung. Vielleicht würde sie heute auf dem Balkon schlafen und sich von den Sternen noch eine Gutenachtgeschichte erzählen lassen. Während Hannibal gähnte, sich streckte und dabei die Krallen ausfuhr, löste Alex eine Ecke des Handtuchs und rubbelte sich über die feuchten Haare. Dann legte sie das Handtuch auf ihrem Schoß zu einem Quadrat zusammen und hängte es über die Brüstung, wobei sie darauf achtete, dass das Geländer den Frotteestoff genau in der Mitte

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