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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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ihm wiegte sich eine stachelbeerblonde Frau in rotem Kleid in den Hüften und sang mit tiefer Stimme in ein Mikrofon.
     
    I’ve got a cozy flat,
    There’s a rack to hang your hat.
    Shrug on my chiffon negligee gown.
    You know I know my stuff,
    And if daddy that ain’t enough,
    I’ve got the deepest bomb shelter in town.
     
    Ihre Stimme klang wie karamellisierter Honig. Tom ging zur Bar und bestellte sich einen Martini.
    »Geht’s heut Abend auf Pump, Sir?«, fragte der Barkeeper.
    »Ich bin Gast von Earl Wall. Setzen Sie es auf seine Rechnung.«
    Das Schaufelkinn des Barkeepers wuchs zwei weitere Zentimeter nach vorn. »Heute ist der Erste, Sir.«
    »Wenn Ihnen das nicht passt, dann warten Sie doch noch ein paar Minuten. Bald haben wir den Zweiten.«
    »Mr. Wall begleicht im Allgemeinen mehrere Tage vor Monatsende seine Rechnung.«
    »Er ist nicht aufgetaucht?«
    »Nicht in dieser Woche. Wenn Sie vielleicht die
Rechnung …«
    Tom lachte. »Nichts lieber, als Earls Schulden zu begleichen. Aber, nein, heute nicht.«
    »Es gibt gewisse Vorschriften, Sir.«
    »Wegen einer Thekenrechnung?«
    Das Kinn zog sich zurück. »Nur den Martini also?«
    »Ja. Und sparen Sie am Wermut.«
    Tom wusste nicht, wo das Problem lag. Spielte auch keine Rolle. Er ließ sich vom Martini und der Musik wärmen. Fast fühlte er sich locker, fast hätte er loslassen können. Noch nicht. Earl könnte noch kommen. Falls nicht, würde Tom mit Flight Lieutenant Rivere reden, würde sich durchfragen. Und Earls Verrat zurückverfolgen, bis er darunter einen Schlussstrich ziehen konnte.
     

13
 
1. Dezember 1941, Nacht
    Vor dem Spiegel in der Garderobe löste Audrey ihr Haar. Sie hatte den Mann für Earl gehalten – wie er am Fuß der Treppe gestanden, seinen Blick über die Tische unddie Bühne und die Bar hatte schweifen lassen; wie er sich die Zigarette angezündet und gewartet hatte, ohne Eile, im ruhigen Selbstbewusstsein, dass der Raum ihm gehören würde.
    Auf dem Rückweg war sie an den hinteren Tischen entlanggegangen, um ihn näher in Augenschein nehmen zu können. Hatte sich Margarets Tablett geschnappt, obwohl sie in zwanzig Minuten auf der Bühne sein sollte. Sie hatte ihn einfach noch einmal sehen wollen.
    Sie lachte über sich selbst, als sie die weißen Handschuhe auszog – am liebsten hätte sie Earl ein Weinglas ins Gesicht gekippt. Und wäre ihm so ganz nebenbei mit ihren Slingpumps auf seinem hübschen Schädel herumgetanzt, um ihm, ohne viel Aufhebens, mehrmals das Rückgrat zu brechen.
    »Na, was heckst du diesmal aus?«, fragte Imogene, während sie Rouge auftrug. Audrey, gerade damit beschäftigt, ihr Kleid auszuziehen, hielt inne. »Dachte daran, splitterfasernackt in der Öffentlichkeit rumzulaufen. Und du?«
    »Ich kenn doch dein hinterhältiges Glucksen, Vee.«
    Vee für Venus; eine lange und verrückte Geschichte.
    »Das war kein hinterhältiges Glucksen«, sagte Audrey, »sondern ein kindisches Gickeln.«
    Imogene wickelte sich eine Locke ihres kastanienbraunen Haars um den Zeigefinger. »Ich bin schon ganz grau« – was Unsinn war, da Imogene erst neunzehn und damit drei Jahre jünger war als Audrey und nun, als sie nackt vor dem Spiegel stand und sich stirnrunzelnd betrachtete, in ihrer ganzen Jugendlichkeit erstrahlte –, »dein Lachen kann mir also nichts anhaben.«
    Audrey schlüpfte aus ihrem Kleid und schüttelte das Haar aus. Warum alle ihr Lachen als ihr Markenzeichen ansahen, wollte ihr nicht in den Kopf. Manche Dinge fand sie eben komisch, das war alles. Ihr Lachen war nur ein Lachen. Inch sagte, es klang wie eine Kavallerieschwadron, die über eine Blechbrücke donnerte, aber das hatte er wahrscheinlich nur irgendwo gelesen. Er konnte tatsächlich lesen. Er war gar nicht so ein hirnloser Dummkopf, als der er sich immer benahm.
    Rodolfo steckte den Kopf zur Tür herein und sagte: »Marsch, marsch, Mädels, auf die Bühne. Drei Minuten könnt ihr noch an euch rumfummeln.«
    Weder sie noch Imogene noch die drei Annes machten sich die Mühe, ihre Blöße zu bedecken, und keine von ihnen fühlte sich bemüßigt, einen Gang zuzulegen. Drei Minuten reichten völlig, wenn das Kostüm aus kaum mehr als hochhackigen Schuhen bestand.
    »Wirst du es mir jetzt sagen«, kam es von Imogene etwas leiser, damit die Annes es nicht hörten, »oder muss ich dich erst mit einem Kokoseis bestechen?«
    »Na ja, vorhin kam ein Mann herein …«
    »Stell dir bloß vor! Ein Mann! Hier!«
    »Einen Augenblick lang glaubte

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