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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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ihrer Mum. Der Mann, der nicht Earl war – irgendwas hatte er an sich.
     
    Tom leerte seinen ersten Drink, als der Vorhang sich teilte und ein pseudoorientalisches Tableau mit einem Dutzend nackter Mädchen in erotischen Posen um einen Berg falscher Aubusson-Teppiche erstrahlte. Er konnte nur die Umrisse wahrnehmen, aber die Silhouetten der Mädchen sahen gut aus. Er winkte dem Barkeeper und bestellte einen weiteren Drink. »War’s das mit dem Lichtspektakel für heute Abend?«
    »Wie, Sir?«
    »Die Scheinwerferparade«, erwiderte er. »Arbeiten Sie schon lange hier?«
    »Einige Zeit schon, Sir.«
    »Sie kennen Lieutenant Inch?«
    Mit einem Nicken wies der Barkeeper zur Tanzfläche. »Ein Stammgast.«
    »Großartig.«
    Tom erhob sich und ging auf die Tische zu, ohne zu wissen, welcher nun Inch gehörte. Kurz blieb er stehen, betrachtete ein Mädchen in einem durchsichtigen Kleid, das eine rote Schirmwand über die Bühne schob, und dann hörte er die sonore Stimme eines Engländers aus der Ecke seinen Namen rufen.
    »Wall? Ist das Wall? Würd ich doch meinen!« Ein adretter junger Mann mit leuchtenden Augen, der mit zwei anderen Männern an einem der Tische saß. An seinem Stuhl lehnte eine Krücke, sein Ellbogen ruhte auf der Handstütze.
    »Wenn das nicht Earl of Wall ist, dann soll mich der Affe lausen!«
    Tom prostete ihm zu, während er auf ihn zuging. »Tom Wall.«
    »Tom? Na, was sagte ich!« Ungläubig blinzelte der andere zu ihm auf. »Mich laust tatsächlich der Affe!«
    »Earl ist mein Bruder. Zur Hälfte haben Sie also Recht,
oder …«
    »Dann laust er mich also nicht, was!« Der Mann zeigte auf seine Gefährten, die auf die Bühne starrten. »Sie kennen Jacko und Murch?«
    »Sie sind Inch Rivere.«
    »Leibhaftig. Wollen Sie nicht Platz nehmen? Tommy Wall, oder? Der Earl hat nie was von Erben oder Rechtsnachfolgern verlauten lassen, aber natürlich sehen Sie genauso aus wie er.«
    Tom setzte sich. »Gut …«
    »Na, nicht ganz auf dem Damm, was? Ihre Hand, meine ich. Mit meinem Bein ist es das Gleiche.« Er ruckelte mit der Krücke. »Spannen Sie uns beide zusammen, und was kommt dabei heraus?«
    Tom nahm einen großen Schluck Martini und stellte das leere Glas auf den Tisch.
    »Also, entweder einer mit zwei guten Händen und zwei guten Beinen«, sagte Inch, »oder einer mit einer elenden Hand und einem elenden Bein. Möglich wären auch zwei Kerle, einer
mit …«
    »Kennen Sie Earl schon lange?«
    »Lange? Mein guter Junge, schon ewig! Seit acht Monaten.«
    Inch spießte mit der Gabel eine Karotte auf. »Nenn ihn den Earl, müssen Sie wissen. Sollte sich für das Oberhaus bewerben.«
    »Sie erwarten ihn heute Abend?«
    Bevor Inch antworten konnte, erschien ein Mädchen und stellte neben Toms Ellbogen einen neuen Martini. »Wollen Sie auch Zigaretten?«, fragte sie, als sie Toms zerknüllte Packung bemerkte.
    »Haben Sie Virginia-Tabak?«
    »Passing Clouds«, sagte sie. »Und Fifth Avenue, das ist auch eine amerikanische Marke.«
    »Eine Packung Airman für den zweiten Wall«, sagte Inch zu dem Mädchen. »Wo ist denn die schaumgeborene Ekdysiastin? Hat versprochen, auf einen Plausch vorbeizukommen.«
    Das Mädchen sagte, Vee sei auf der Bühne. Inch spähte zum Tableau und stieß Tom an. »Dort! Auf der linken Seite, die mit dem Dingsbums am Nippel.«
    »Hören Sie zu«, sagte Tom. »Ist Earl …«
    Inch fuhr plötzlich hoch. »Hab ich ›Nippel‹ gesagt? Mein Gott, meinte natürlich ›Nabel‹. Venus Pritchett heißt sie.«
    »Erwarten Sie Earl heute Abend?«
    »Wenn er kommen würde, wäre er schon längst hier. Wissen Sie, warum man sie Vee nennt? Für mich ist sie ja La Pritchett. Hab sie selbst so genannt, weshalb es mich interessieren …«
    »Wann war Earl zum letzten Mal hier?«
    »Earl? Bin ich der Hüter Ihres Bruders? Erinnert mich an die Geschichte mit den zwei Iren …«
    Nichts zu machen, er würde nichts erfahren, bevor Inch nicht die Luft ausging. Aber das war einer der Vorteile der Schlaflosigkeit: Er konnte die ganze Nacht warten. Er leerte sein Glas, das Mädchen servierte ihm ein neues, und Inch plapperte weiter: »Hab einen Freund, der hätte gern einen Duesenberg J. Er sagte, ›Inch‹, sagte er …«
    »Warum ›Inch‹?« Der Alkohol verlieh seiner Stimme einen rauen Ton. »Warum nennt man Sie so?«
    »Voller Name lautet Eggert Miles Rivere«, sagte er, als wäre das eine Antwort. »Mutter mochte mich nicht. Hab ihr mädchenhaftes Aussehen ruiniert.«
    »Wann haben Sie

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