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Alibi für einen König

Alibi für einen König

Titel: Alibi für einen König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Tey
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Mensch, der die Inschrift auf dem Hintergrund bemerkt hat«, sagte Grant.
    »Ich glaube, man kann sie auch nicht sehen, wenn man nicht sehr genau hinsieht. Sie sind der erste Mensch, der mir begegnet, der einen König als Pin-up neben seinem Bett stehen hat.«
    »Eine Schönheit ist er ja nicht.«
    »Ich weiß nicht«, sagte der Junge langsam. »Es ist kein übles Gesicht. Ich hatte im College einen Pauker, der ihm ziemlich ähnlich sah. Er lebte von Wismuth und Milch und betrachtete daher das Leben durch eine etwas gelb gefärbte Brille. Aber er war der gütigste Mensch, den man sich vorstellen kann. Wollen Sie eine Information über Richard?«
    »Ja. Nichts besonders Ausgefallenes oder Schwieriges. Ich möchte nur wissen, wer die zeitgenössische Autorität ist.«
    »Na, das dürfte nicht schwer festzustellen sein. Für mich kein abgelegenes Gebiet. Ich meine, was die Epoche anbetrifft, mit der ich mich gerade beschäftige. Die heutige Autorität für Richard II. – Sir Cuthbert Oliphant – beschäftigt sich nämlich mit beiden. Haben Sie Oliphant gelesen?«
    Grant antwortete, er habe nichts außer Schulbüchern und Sir Thomas More gelesen.
    »More? Der Kanzler Heinrichs VIII.?«
    »Ja.«
    »Ich schätze, der schreibt ein wenig in eigener Sache!«
    »Auf mich wirkt es eher wie Parteipropaganda«, sagte Grant und wurde sich zum erstenmal darüber klar, daß die Lektüre diesen Nachgeschmack bei ihm hinterlassen hatte. Es las sich nicht wie der Bericht eines Staatsmannes. Es hatte sich wie Parteigeschwätz gelesen.
    Nein, wie das Gewäsch eines Kolumnisten. Eines Kolumnisten mit Hintertreppeninformationen.
    »Wissen Sie etwas von Richard III.?«
    »Nur, daß er seine Neffen kaltgemacht hat und sein Königreich für ein Pferd feilbot. Und daß er zwei Prügelknaben hatte, die die Katze und die Ratte hießen.«
    »Wie war das?«
    »Sie wissen doch: ›Die Katze, die Ratte und Lovel, der Köter, regierten ganz England unter einem Eber‹.«
    »Ach natürlich. Das hatte ich völlig vergessen. Wissen Sie eigentlich, was das bedeutet?«
    »Keine Ahnung. Ich kenne mich in dieser Epoche nicht sehr gut aus. Weshalb interessieren Sie sich für Richard III.?«
    »Marta machte mir den Vorschlag, theoretische Untersuchungen anzustellen, da ich ja in der nächsten Zeit nicht dazu kommen werde, praktische Untersuchungen zu machen. Und da mich Gesichter interessieren, brachte sie mir Porträts aller Hauptfiguren. Ich meine, der Hauptfiguren in verschiedenen mysteriösen Fällen, die ich untersuchen könnte. Richard hat mehr oder weniger zufällig das Rennen gewonnen, und es stellte sich heraus, daß er das größte Geheimnis von allen ist.«
    »Ist er das? In welcher Weise?«
    »Er ist der Urheber des abstoßendsten Verbrechens, das die Geschichte kennt, und er hat das Gesicht eines großen Richters oder eines bedeutenden Verwaltungsmannes. Überdies war er nach allen Berichten ein ungewöhnlich zivilisierter und kultivierter Mensch. Er war übrigens tatsächlich ein hervorragender Verwalter. Er verwaltete den Norden Englands und machte seine Sache glänzend. Er war ein guter Stabsoffizier und ein guter Soldat. Und über sein Privatleben ist nichts Abträgliches bekannt. Sein Bruder war, wie Sie vielleicht wissen, mit Ausnahme von Karl II. der größte Weiberknecht, der je Englands Thron zierte.«
    »Eduard IV. Ja, das weiß ich. Ein überlebensgroßes Stück männlicher Schönheit. Vielleicht hat Richard unter Ressentiments gelitten, die durch diesen Kontrast ausgelöst wurden. Das wäre auch eine Erklärung für seine Bereitwilligkeit, des Bruders Nachkommenschaft zu vernichten.«
    Daran hatte Grant noch gar nicht gedacht.
    »Sie meinen also, Richard hatte einen unterdrückten Haß gegen seinen Bruder?«
    »Weshalb unterdrückt? «
    »Weil sogar seine ärgsten Feinde zugeben, daß er Eduard ergeben war. Von Richards zwölftem oder dreizehntem Lebensjahr an waren die beiden unzertrennlich. Der andere Bruder taugte überhaupt nichts. Ich meine George.«
    »Wer war George?«
    »Der Herzog von Clarence.«
    »Ach der! Der Clarence im Malvasierfaß.«
    »Ja, der. Also blieben nur die beiden übrig. Eduard und Richard. Und sie waren im Alter zehn Jahre auseinander. Das ist genau der richtige Abstand, um den großen Bruder anzuhimmeln.«
    »Wenn ich einen Buckel hätte«, sagte der junge Carradine nachdenklich, »dann würde ich einen Bruder, der mir den Ruhm, die Frauen und den Platz an der Sonne raubt, bestimmt hassen.«
    »Das ist

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