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Alibi für einen König

Alibi für einen König

Titel: Alibi für einen König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Tey
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abzuhalten, an dem der gesamte Adel des Nordens teilzunehmen hatte. Und vor dieser Versammlung leistete er dem Thronfolger den Treueid.«
    »Interessant«, sagte Grant trocken. »Was tat Rivers, der Bruder der Königin?«
    »Am 24. April machte er sich mit dem Thronfolger auf den Weg nach London. Mit zweitausend Mann und einer großen Menge Waffen.«
    »Wozu brauchte er Waffen?«
    »Mich dürfen Sie da nicht fragen. Ich bin nur ein wissenschaftlicher Arbeiter. Dorset, der älteste Sohn der Königin aus erster Ehe, übernahm den Befehl über das Arsenal wie über die Schatzkammer im Tower und begann, Schiffe auszurüsten, die die Herrschaft über den Kanal sichern sollten. Außerdem wurden im Namen von Rivers und Dorset – avunculus Regis und frater Regis uterinus – Ratsbeschlüsse erlassen. Von Richard war dabei nirgendwo die Rede. Was höchst unkorrekt war, wenn man bedenkt – ich weiß nicht, ob Ihnen das bekannt ist? –, daß Eduard Richard in seinem Testament zum Vormund des Thronfolgers und für den Fall, daß dieser als Minderjähriger sterben sollte, zum Protektor des Königreichs bestimmt hatte. Und zwar Richard allein, ohne Partner.«
    »Ja, das paßt zumindest ins Bild. Eduard mußte stets absolutes Vertrauen zu Richard gehabt haben. Sowohl was den Menschen wie den Verwaltungsmann anbetrifft. Begab auch Richard sich mit einem kleinen Heer nach Süden?«
    »Nein. Er kam mit sechshundert Edelleuten, die alle in tiefer Trauer waren, aus dem Norden. Am 29. April traf er in Northampton ein. Er hatte offenkundig erwartet, dort mit den Leuten aus Ludlow zusammenzutreffen. Doch das ist nicht belegt, und wir können uns da nur auf einen Historienschreiber verlassen. Die Gesellschaft aus Ludlow – Rivers und der Thronfolger – hatte sich, ohne auf Richard zu warten, nach Stony Stratford begeben. In Northampton erwartete ihn jedoch der Herzog von Buckingham mit dreihundert Mann. Kennen Sie Buckingham?«
    »Flüchtig. Er war ein Freund Eduards.«
    »Ja. Er war mit fliegenden Rockschößen aus London herbeigeeilt.«
    »Mit der Kunde von den dortigen Ereignissen?«
    »Das dürfen wir wohl annehmen. Nur um sein Beileid zu bekunden, hätte er wohl kaum dreihundert Mann mitgebracht. Auf jeden Fall wurde an Ort und Stelle eine Ratssitzung abgehalten – alle notwendigen Unterlagen dazu waren zur Hand. Und Rivers und seine drei Helfer wurden unter Arrest gestellt und nach dem Norden geschickt, während Richard mit dem Thronfolger nach London weiterreiste. Am 4. Mai trafen sie dort ein.«
    »Nun, das ist alles sehr hübsch und klar. Und ganz sonnenklar ist mir, daß der Bericht des geheiligten More über Richards zärtliche Briefe an die Königin, in denen er diese zu überreden versuchte, nur eine kleine Eskorte für den Knaben zu schicken, angesichts der Zeit und der Entfernungen schierer Unsinn ist.«
    »Kompletter Blödsinn.«
    »Richard hat in der Tat genau das getan, was man von ihm erwarten würde. Natürlich muß er Eduards testamentarische Bestimmungen gekannt haben. Er handelte so, wie man es normalerweise vermuten würde. Da ist der persönliche Kummer, und da ist seine Sorge um den Knaben. Ein Requiem und ein Treuegelöbnis.«
    »Ja.«
    »Und wo beginnen die Unklarheiten? Ich meine, in Richards Verhalten?«
    »O, noch lange nicht. Als er in London ankam, stellte er fest, daß die Königin, ihr jüngerer Sohn, ihre Töchter und Dorset, ihr Sohn aus erster Ehe, sich alle in die Freistatt von Westminster begeben hatten. Aber abgesehen davon, scheint die Situation durchaus normal gewesen zu sein.«
    »Hat er den Knaben in den Tower gebracht?«
    Carradine überflog seine Aufzeichnungen. »Ich kann mich nicht entsinnen. Vielleicht habe ich das nicht feststellen können. O doch, hier steht es. Nein, er brachte den Knaben in den bischöflichen Palast, und er selbst quartierte sich in Baynard’s Castle bei seiner Mutter ein. Wissen Sie, wo das ist? Ich nicht.«
    »Doch. Das war die Stadtwohnung der Yorks. Das Schloß stand etwas westlich von St. Paul’s am Flußufer.«
    »Ah. Nun gut, dort blieb Richard bis zum 5. Juni, dem Tag, an dem seine Gemahlin aus dem Norden eintraf. Von da ab wohnte er mit ihr in einem Haus, das Crosby Place hieß.«
    »Es heißt auch heute noch so. Jetzt gehört es zu Chelsea. Das Fenster, das Richard hatte einsetzen lassen, ist vielleicht nicht mehr vorhanden – ich habe es jedenfalls in letzter Zeit nicht gesehen. Aber das Gebäude existiert noch.«
    »Was Sie nicht sagen!« rief

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