Alibi in High Heels (German Edition)
können? Ergeben schloss ich die Augen und bemühte mich, nicht zu weinen. Dann bemerkte ich, dass Sommersprosse seine Schere zückte und meine Guccis schändete.
»Drei Monate?«, fragte ich erschrocken die Notärztin in weißem Kittel und mit dicken Brillengläsern und hoffte, ich hätte mich verhört. Dabei wäre es keine Überraschung für mich gewesen, dass Gott mich vergessen hatte, schließlich war ich seit Ostern nicht mehr in der Kirche gewesen.
»Drei Monate.« Die schmallippige Ärztin warf einen Blick auf ihre Kladde und nickte. Sie war ungeschminkt und hatte die dicken braunen Haare zu einem solch straffen Zopf gebunden, dass sich die Haut um die Augen in Falten zog. »Sie haben eine Tibiafraktur. Drei Monate braucht der Knochen, um zusammenzuwachsen. So lange müssen Sie den Gips tragen. Danach können wir überlegen, welche physiotherapeutischen Maßnahmen sinnvoll sind. Belasten Sie das Bein nicht und legen Sie es so oft wie möglich hoch, damit die Schwellung zurückgeht, vor allem in den nächsten achtundvierzig Stunden.«
Ich sah hinunter auf den mit blauem Elastikband umwickelten Gips, der mein linkes Bein von den gänzlich unmanikürten Zehen bis hoch zum Rocksaum bedeckte. Vom Knie abwärts sah ich aus wie ein aufgedunsener Schlumpf.
Nachdem die Sanitäter meinen Stiefel entlang der Mitte aufgeschnitten hatten, war ich mit dem Rettungswagen rasch zum nächstgelegenen, von meiner Versicherung genehmigten Krankenhaus gebracht worden. Mrs R. hatte darauf bestanden mitzufahren: Sie fühle sich irgendwie verantwortlich. (Ich wies sie nicht darauf hin, dass das möglicherweise so war, weil sie tatsächlich verantwortlich für den Unfall war.)
Nachdem ich nur fünfunddreißig Minuten in einem winzigen weißen Raum ganz hinten in der Notaufnahme gewartet hatte, schob mich eine Schwester zur Röntgenabteilung, wo man mein Bein in alle möglichen unbequemen Positionen drehte, um Aufnahmen zu machen. Dann wurde ich zurück in den sterilen Raum gefahren, um zu warten, während die Ärztin meine Bilder begutachtete, was noch einmal vierzig Minuten dauerte, die ich mir damit vertrieb, den Teenagern im Raum nebenan dabei zuzuhören, wie sie sich die Seele aus dem Leib kotzten, weil sie verdorbene Sushi in der Westwood Mall gegessen hatten.
Das war ungefähr der Punkt, an dem ich Dana erklärte, dass es mir gut gehe und sie zu ihrem Vorsprechen gehen könne. Zuerst weigerte sie sich (weil es mir ganz offensichtlich nicht gut ging), aber ich wusste, wie sehr sie die Rolle des Strichmädchens wollte. Außerdem konnte sie hier nichts mehr für mich tun.
Doch jetzt, umgeben von Mrs R.’s Birkenstocks und Dr. Zopf’s flachen Slippern, wünschte ich doch, ich hätte eine Verbündete, die verstand, wie sehr dieser Gips jedes nur denkbare Outfit ruinieren würde, und das offenbar nun drei Monate lang.
»Was ist mit duschen? Kann sie das Ding zum Duschen abnehmen?«, fragte Mrs Rosenblatt. »Als Lenny, mein vierter Mann, sich einmal den Arm gebrochen hat, konnte er ganze zwei Monate nicht duschen. Ich sage Ihnen, der Kerl roch ziemlich streng, als sie ihm das Ding endlich abgenommen haben. Ich glaube, Lenny hatte angefangen ein bisschen zu schimmeln.«
Ich wimmerte.
»Nehmen Sie lieber ein Bad, aber Sie dürfen den Gips auf keinen Fall dabei abnehmen. Wickeln Sie ihn in Plastik ein und hängen Sie ihn aus der Wanne.«
Ich wimmerte noch einmal.
»Ich werde Ihnen Tabletten gegen die Schmerzen verschreiben«, fuhr sie fort und kritzelte etwas in meine Krankenakte. Dann drehte sie sich zu einem Schrank um und holte zwei hohe Metallkrücken heraus. »Die werden Sie brauchen, wenn Sie mobil sein wollen. Zuerst ist es ein wenig ungewohnt, aber glauben Sie mir, Sie gewöhnen sich daran«, sagte sie und passte die Höhe an meine Größe an.
Ich nahm sie und steckte eine unter jeden Arm. Na toll. Ich war nicht nur ein Schlumpf, jetzt war ich auch noch Tiny Tim.
Die Ärztin musterte meinen übrig gebliebenen Gucci-Stiefel, und eine Falte erschien zwischen ihren ungezupften Augenbrauen. »Und ich würde Ihnen raten, auf hohe Absätze zu verzichten, bis der Bruch sich stabilisiert hat.«
»Moment!« Ich hob die Hand. »Was meinen Sie damit: Auf Absätze verzichten?«
»Abgesehen davon, dass Sie damit leichter aus dem Gleichgewicht geraten, belasten Sie das verletzte Bein zu sehr, wenn der eine Fuß höher als der andere ist. Tragen Sie die nächsten drei Monate nur flache Schuhe.« Und damit verließ Dr. Zopf immer
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