Alibi in High Heels (German Edition)
nach Papier und Bleistift suchte.
Ich überlegte. Offenbar glaubte Marcel irrigerweise, ich riefe ihn an, um eine exklusive Stellungnahme abzugeben. Doch ich beschloss, fürs Erste mitzuspielen.
»Ja, ich streite sie ab. Ich hatte mit dem Tod von Gisella nichts zu tun. Oder von Donata«, ergänzte ich. »Ich wurde –«, ich krümmte mich innerlich, weil ich zu einer Formulierung von Mrs Rosenblatt griff, »reingelegt.«
»Ich verstehe.« Ich hörte wildes Kritzeln. »Von wem?«
»Von dem wahren Mörder.«
»Ah! Dem wahren Mörder«, sagte er, während er notierte, was ich sagte. »Und kannten Sie die Tote?«
»Nur flüchtig.« Ich machte eine Pause. »Kannten Sie sie denn?«
»Ich? Äh … « Er brach ab, überrascht, dass ihm eine Frage gestellt wurde. »Ja, natürlich wusste ich, wer sie war. Gisella Rossi. Alle kannten sie.«
»Das meinte ich nicht. Kannten Sie sie persönlich?«
»Äh, ich habe sie ein oder zwei Mal getroffen. Aber ihr Tod geht mir sehr nahe. Deswegen verspreche ich auch, dass mein Beitrag sehr geschmackvoll sein wird. Also, laut Polizei haben Sie kein Alibi für die Nacht des Mordes, ist das richtig?«
Ich biss mir auf die Unterlippe. »Ja. Zum Zeitpunkt ihres Todes war ich allein. Äh … wie steht es mit Ihnen?«
»Mit mir?« Ganz offensichtlich liefen seine Interviews normalerweise anders ab.
»Ja, mit Ihnen.«
»Nun, ich war hier. Und habe gearbeitet.«
»Hat Sie jemand dabei gesehen?«
» Oui . Aber sobald ich davon hörte, war ich vor Ort. Ich bin sehr sorgfältig bei meinen Ermittlungen. Ich verspreche, dass ich kein Detail auslasse. Alles, was Sie mir berichten möchten, werde ich verwenden.«
»Hmmm.« Langsam fing ich an zu glauben, dass er nicht mein Mann war. Wenn er wirklich in dieser Nacht gearbeitet hatte und es dafür Zeugen gab, konnte er unmöglich Gisellas Partner sein. Nur um sicherzugehen, fragte ich: »Haben Sie je mit Gisella Rossi geschlafen?«
»Äh … nein«, sagte er verblüfft. »Warum?« In seiner Stimme lag etwas Lauerndes. »Sie etwa?«
Meine Güte . »Nein. Und weiter habe ich nichts zu sagen.«
»Warten Sie, ich – «, sagte er.
Aber ich legte auf. Er war eindeutig nicht der geheimnisvolle Unbekannte. Damit blieb nur noch Marcel: Marcel Bertrand, das männliche Model.
Ich blickte auf die Uhr. Zwei Uhr. In einer Stunde musste ich ohnehin wieder im Zelt sein, da konnte ich auch genauso gut jetzt die Gelegenheit nutzen und sehen, ob das BlackBerry von Miss Ich-kenne-jeden-der-etwas-darstellt auch für Mr Bertrand eine Nummer ausspuckte.
Ich ging hinauf, um meine Schultertasche zu holen, und sah noch ein letztes Mal nach Mom und Mrs Rosenblatt, doch das Zimmer war immer noch leer. Als ich aus dem Aufzug in die Lobby trat, erstarrte ich.
Er stand am Empfang und sprach mit Pierre. Die an den richtigen Stellen abgewetzte Jeans saß so eng, dass jede Frau in der Lobby einen zweiten (oder auch einen dritten) Blick riskierte. Das schwarze T-Shirt spannte sich leicht über dem Bizeps, seine Wangen bedeckten Bartstoppeln, als hätte er sich seit Tagen nicht rasiert, und das dunkle Haar kräuselte sich im Nacken, als wäre der nächste ordentliche Haarschnitt schon seit einer Woche fällig. Er sah müde aus.
Ramirez. Zu seinen Füßen stand eine schwarze Reisetasche, und er schob Pierre eine Schlüsselkarte über den Tresen zu. Ganz offensichtlich checkte er aus.
Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich eilig durch die Lobby zu ihm hinging.
Na gut, ich versuchte eilig durch die Lobby zu ihm zu gehen. Aber aufgrund des Gipsbeins war ich nicht so schnell wie sonst. Ich sah, wie er Pierre dankte, seine Tasche nahm und sich zum Gehen wandte.
»Jack!«, rief ich.
Er fuhr herum. Als er mich sah, spannten sich augenblicklich seine Kiefermuskeln an.
Ich hinkte schneller auf ihn zu. Aber wenn drei Dinge nicht zusammenpassen, dann sind es ein frisch gewischter Marmorboden, Krücken und eine Blondine, die es eilig hat. Den Blick fest auf Ramirez gerichtet, setzte ich eine Krücke ein wenig vor der anderen auf und spürte, wie sie mir entglitt. Wie in Zeitlupe rutschte die erste Krücke nach links, die andere nach rechts, und ich schlug genau in der Mitte mit fuchtelnden Armen und dem Gesicht zuerst der Länge lang hin.
Ich hörte Ramirez leise »Herrgott« murmeln, dann war er auch schon bei mir.
»Hast du dir wehgetan?«, fragte er und zog mich an den Achseln hoch.
»Ich glaube nicht«, erwiderte ich. Nur dass es sich anhörte wie »i aue ni«, weil
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