Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt
nicht nur Dr. Pereira und seine Arztkollegen meint. Er meint jeden, der es zum Beamten in der Kommunalregierung oder zum Empfangschef bei einer ausländischen Botschaft oder in einem Hotel gebracht hat, einschließlich jeder Frau, die eine Montessori-Schule in ihrem Wohnzimmer eröffnet hat. Kurz gesagt, jeden, der nicht bei der Stadtreinigung arbeitet. Wer einen Posten ergattert hat, ist zum Feind übergelaufen.
„Sonntags stolzieren sie dann in ihren Anzügen in die Kirche, als wäre Yasu nicht der Retter der Menschheit, sondern ein Pförtner, der ihre Namen auf der Gästeliste abhakt und sie in den separaten VIP-Bereich führt. Als wäre Yasu geboren, am Kreuz gestorben und wieder auferstanden, damit er für sie die Formalitäten erledigen und sie ins Paradies durchwinken kann.“
Alice Bhatti beginnt das Geschirr abzuräumen. „Ich bewerbe mich um eine Stelle im Herz Jesu“, sagt sie, ohne aufzuschauen. „Ich brauche Geld für eine Schwesterntracht. Ich gebe es dir zurück, wenn ich mein erstes Gehalt kriege.“ Sie erwartet keine unmittelbare Antwort. Eigentlich erwartet sie gar keine Antwort. Wenn er das Geld hat, legt er es auf den Küchentisch, wenn nicht, dann nicht. Erwähnen wird er es nicht. Dass Joseph Bhatti über Geld spricht, ist ebenso unwahrscheinlich, wie sie ihm erzählen würde, wie sie in der Besserungsanstalt mit ihrer Periode umgegangen ist.
Joseph Bhatti will aufbrechen, bleibt aber an der Tür stehen und wendet sich um. „Wir Churas waren zuallererst hier. Bevor das Herz Jesu gebaut wurde, bevor Yasu auferstanden ist, bevor die Muslas auf ihren Pferden kamen, sogar bevor die Hindus beschlossen haben, dass sie zu fein sind, um ihre eigene Kacke wegzuwischen. Und wenn sie alle fort sind, werden die Churas noch immer hier sein.“
„Ja“, sagt Alice Bhatti, frischgebackene Absolventin einer Besserungsanstalt, in der man die verschiedensten Künste erlernen kann: Taschendiebstahl, den Umgang mit dem Messer, in einer Prügelei sein Knie einsetzen, Blumen in Papptöpfe pflanzen, sich mit jemandem zusammentun und die Entführung eines Filmstars planen oder Gedichte schreiben. Alice hat vor allem eins gelernt: die Klappe zu halten und nur zu reden, wenn es unbedingt nötig ist. „Auch wenn es nichts mehr gibt, wird es noch Churas geben. Und Kakerlaken.“
sieben
Man hat den Zugang zur Ambulanz von Motorrädern, Fahrrädern und überhaupt allem, was Räder hat, befreit. Keine Karren, Rollstühle oder Rollbetten mehr. Selbst die Wischmopps und Eimer hat man an die Wand verfrachtet, sodass der Eindruck entsteht, das Herz Jesu würde Sommerferien machen. Im Korridor parkt nun nur noch ein blitzblanker Surf mit Doppelkabine, nagelneu, wie gerade bei Toyota vom Förderband gerollt. Unter den Zuschauern, die gesehen haben, wie er mit quietschenden Reifen und schnellenden Stoßdämpfern die Treppe und die steile Notfallrampe hinaufgeschossen kam, herrscht noch immer ehrfürchtiges und bewunderndes Raunen. „Nein, nicht nur 3400 cm 3 , ich wette, der hat 4200 cm 3 . Er hat Vierradantrieb, den musste er aber beim Hochfahren nicht mal einschalten.“
Statt einer Nummer steht auf dem Nummernschild in knallroter Schrift das Wort „Wüstenteufel“. Alle scheinen zu wissen, was das bedeutet. Notorische Verfechter des Parkverbots, vor allem missmutige Krankenwagenfahrer schleichen heran, um den Besitzern einen Vortrag über anständige Parkmanieren zu halten. Doch im hinteren offenen Teil des Wagens sitzen vier Männer in Uniformen, die weder als staatlich noch zu einem bekannten Sicherheitsdienst gehörig auszumachen sind. Sie tragen schwarze Shalvar Kamiz mit einer beliebig wirkenden Anzahl von Streifen an den Schultern und karmesinrote Baretts. Die Kalaschnikows zeigen lässig nach außen, und ihre Läufe folgen träge jedem Passanten, auch wenn die Bewaffneten in eine andere Richtung schauen. Vorne sitzt nur eine Person, der Fahrer. Er trägt die gleiche Uniform, jedoch mit mehr Streifen. Er lässt den einen Arm aus dem Fenster hängen. In der Hand hält er einen Revolver, den er anscheinend aus reiner Langeweile unablässig sichert und entsichert. Er ist der Typ, der ein kleines Massaker anrichten könnte, falls es ihm zu langweilig wird.
Aber die umherschlendernden Patienten fürchten sich nicht vor der vierköpfigen Miliz. Sie haben sich mit der Gegenwart des neuen, glänzenden Fahrzeugs abgefunden und finden, dass der Besitzer jedes Recht hat, sein Eigentum zu schützen. Sie haben ihn aus
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