Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt
Nicht-Abu-Zars Rolle, die etwa eine halbe Sekunde dauern wird, übernehmen muss. Er hat dann nur noch auf die Kugel zu warten, die man ihm in den Kopf schießt.
Vielleicht könnte er auch Fitness-Trainer werden oder bei einer privaten Sicherheitsfirma anheuern. Er weiß, dass die Leute mit ihrem Rückbildungsgymnastik-Angebot – „garantiert flacher Bauch drei Wochen nach der Geburt“ – mehr Geld verdienen als das beste Mitglied des G-Korps. Er weiß auch, dass jemand, der so gebaut ist wie er, auf dem Vordersitz eines klimatisierten Mercedes sitzen, Türen aufhalten und bei Hochzeiten, bei denen er das gleiche Essen bekommt wie die Gäste, draußen Wache halten könnte. Aber Kniebeugen mit jungen Müttern zu machen oder reiche Kinder zu bewachen, ist ihm immer etwas weibisch vorgekommen. Wenn er die Fitness-Trainer mit ihren Sporttaschen und gebrauchten Nike-Leggings oder die Wachmänner mit ihren schiefen Baretts und Uzis über der Schulter betrachtet, sieht er nur aufgewertete philippinische Hausmädchen in ihnen. Da kann man sich ja gleich einen Kimono anziehen und Kellner im China-Restaurant werden. Oder trugen so was die Japaner?
Aber im Augenblick ist das ohnehin nicht seine Entscheidung. Ehe er Nicht-Abu-Zar nicht gefunden hat, wird er nirgendwohin gehen. Und wie soll er Nicht-Abu-Zar finden, wenn er das Haus nicht verlassen kann? Wie soll er eine richtige Suche planen, wenn seine Frau den ganzen Tag ohne Hose herumläuft?
Er wollte systematisch an die Sache herangehen. Er hat eine Skizze anfertigen und tausend Abzüge davon drucken lassen. Jetzt liegen eintausend Bilder von Nicht-Abu-Zar im Schrank, verborgen vor Alices neugierigen Blicken. Offizielle Unterlagen, hat er ihr gesagt. Jetzt kann er nicht einmal ausgehen und die Poster ankleben. Als er aus dem Fenster auf die überfluteten Straßen blickt, kommt ihm die Idee, vielleicht Papierboote daraus zu falten und sie in die Welthinauszuschicken.
Teddy versucht die Bilder von mit Gewichten zertrümmerten Köpfen zurückzudrängen. Malangi hat ihm einmal gesagt, die meisten Mörder seien Stubenhocker-Typen. Er muss raus, sobald das Wasser zurückgeht. Malangi hat ihm außerdem gesagt, wenn man zu Hause eingesperrt sei, müsse man seine Frau aus einem anderen Blickwinkel betrachten, so als wäre sie die Frau eines anderen. „Stell dir allerdings nicht vor, sie wäre Mrs. Malangi, denn, glaub mir, das willst du nicht. Vergiss einfach, was sie redet, und versuche, ihren Körper zu erforschen.“
Teddy konzentriert sich auf Alice Bhattis wohlgeformten Knöchel und erinnert sich daran, dass es der Knöchel seiner Frau ist. Dieses Bein ist das Bein seiner Frau. Er küsst ihren Knöchel und umfasst ihre Kniescheibe, als würde er ihren Körper Stück für Stück markieren, sich überzeugen, dass er ihm gehört. „Sie riechen gut, Mrs. Butt“, sagt er und reibt seine Nase an ihrer Kniekehle.
„Ich rieche wie etwas, das die Katze ins Haus geschleppt hat“, versetzt sie. Sie entzieht ihm ihr Bein und massiertseinen Nacken sanft mit ihrer Ferse.
Teddy kann bis ganz hinauf zwischen ihre Beine sehen, wo einige drahtige Haare aus ihrer weißen Unterhose hervorschauen. Er verspürt eine Mischung aus Verlangen und Ekel, wie ein frommer Mensch, der zwar Hunger hat, aber nicht weiß, ob die ihm angebotene Mahlzeit halal ist. Der Deckenventilator bewegt sich auf einmal schneller bei seinem zum Scheitern verurteilten Angriff auf die Feuchtigkeit.
„Du kannst mein Wachs benutzen, wenn du möchtest“, sagt Teddy freundlich, als biete er ihr an, an seiner Eistüte zu lecken.
Alice ergreift seine Hand und presst sie gegen ihre Unterhose. „Das ist ein Frauenkörper, nicht der eines kleinen Mädchens. Willst du lieber ein kleines Mädchen zur Frau?“
Teddy errötet und spürt plötzlich den Drang, ihr zwischen die Beine zu boxen. Er macht sich nichts aus kleinen Mädchen, hat nie daran gedacht. Für ihn sind kleine Mädchen Kinder. Er unterdrückt seinen Ärger, zieht seine Hand zurück und streicht über Alice Bhattis glatte Wade, sanft, als würde ein Stück Seife über ihr schweißnasses Bein gleiten.
„In unserem Heiligen Buch heißt es, Frauen sollten diese Haare nicht länger werden lassen als ein Reiskorn.“ Er kann sich nicht erinnern, wo er das gehört oder gelesen hat. Vielleicht bei einer Freitagspredigt oder in der Freitagsbeilage der Zeitung. Er ist sich nicht ganz, aber doch ziemlich sicher, dass er es nicht erfunden hat. Der Ausspruch klingt
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